Besser als ihr Ruf

DDR-Autos im Westen: Der Wartburg wurde sogar in den USA ein Star

Der Wartburg 311 und die Sportwagenvariante: Sie waren in den 50er- und 60er-Jahren die schönsten Autos aus der DDR. Ein Geschäftsmann aus New York war in den Wartburg schockverliebt.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Die schicken Roadster-Modelle vom Wartburg: Das DDR-Auto fand vor allem in der Sportwagenversion viel Anerkennung im Westen.
Die schicken Roadster-Modelle vom Wartburg: Das DDR-Auto fand vor allem in der Sportwagenversion viel Anerkennung im Westen.Gieffroy/imago

Die Autos in der DDR: Sicher, sie waren nicht so toll wie die Automobile aus dem Westen. Das galt vor allem für die Trabant- und Wartburg-Modelle aus den 70er- und 80er-Jahren. Weltklasse waren sie keinesfalls. Aber zuvor sorgten Autos aus der DDR schon für Anerkennung, waren besser als ihr Ruf. Vor allem eine Marke stach dabei heraus, schaffte seinen Weg in den Westen und wurde sogar in den USA verkauft.

Er gilt bis heute als das schönste Auto der DDR: Der Wartburg 311, der in den Eisenacher Automobilwerken zwischen 1955 und 1965 hergestellt wurde. Gut, der Zweitakter-Wagen konnte mit seinen 40 bis 50 PS-Motoren, die ihn maximal auf 130 Stundenkilometern brachten, nicht so glänzen. Aber dafür sorgte seine schöne Karosserieform für viel Anerkennung. Vor allem bei Auto-Fans aus dem Westen erntete der Wartburg 311 und die Sportvariante (Wartburg 313) viele verliebte Blicke.

Der Wartburg 311 – er eroberte den Westen. In der Bundesrepublik, Holland, Großbritannien, in Finnland und Norwegen wurde er verkauft. In Argentinien baute eine Firma ihn nach.

In der DDR kostete der Wartburg 311 in den 50er-Jahren fast 15.000 DDR-Mark, im Westen etwa 5300 D-Mark.  Das Auto als Devisenbringer für die DDR – der Wartburg aus diesen Jahren schaffte es sogar nach Übersee.

Schön elegant und „made in GDR“: Den Wartburg 313/1 sieht man noch heute bei Oldtimer-Fahrten auf den Straßen.
Schön elegant und „made in GDR“: Den Wartburg 313/1 sieht man noch heute bei Oldtimer-Fahrten auf den Straßen.Dreamstime/imago

Eigentlich war es hauptsächlich der Sportwagen.  Dieser zweisitzige Wartburg mit langer Motorhaube, seitlichen Entlüftungsschlitzen und Volllederausstattung hob sich deutlich vom 311-Modell ab.

Fernsehröhren-Erfinder Manfred Baron von Ardenne, DDR-Ministerpräsident Otto Grotewohl, der DDR-Komiker Eberhard Cohrs und der Fernseh- und Radio-Chefpropagandist Karl-Eduard von Schnitzler sollen diesen Roadster (50 PS, 140 Stundenkilometer schnell) besessen haben sollen. Und: Und im Westen brachte der Wagen mit einem Preis von fast 9000 D-Mark noch mehr Devisen als das Basis-Modell ein.

Schockverliebt in den DDR-Sportwagen waren auch die Amis. Alles fing mit Boris Kotler an. Der New Yorker Geschäftsmann sah den Wartburg 313 auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1958 und bestellte gleich über 1300 Wagen – vom Sportwagen bis zur Limo. Damit der Deal auch zustande kommen konnte, gründete Kotler die Firma „Wartburg of America Inc.“.

Wartburg-Sportwagen sogar im „Playboy“: Amis waren in das DDR-Auto schockverliebt

Wartburg goes to Hollywood: In der Tat schaffte der DDR-Wagen es bis nach Los Angeles (Kalifornien). Auch in Washington und in Texas war das Auto präsent. Kotler schaffte es, für den Wartburg ein Vertriebsnetz mit 30 Händlern in den USA aufzubauen.

Für reichlich Aufsehen sorgte der DDR-Wagen im Herbst 1958 auf der „Imported-Car-Show“ in New York. Dort wurde der Wartburg-Sportwagen als „schönster europäischer Pkw“ prämiert.

Anerkennende Worte fand der DDR-Wagen auch in der  Zeitung Los Angeles Times, die 1959 ihren Lesern berichtete, dass es in den USA nun neben VW, Opel und Mercedes nun auch ein ostdeutsches Auto zu kaufen gibt. Für 1799 US-Dollar bot der Händler Willy Witkin den Wartburg an. Man war von dem Wagen so überzeugt, dass man sogar in der Zeitschrift Playboy Anzeigen für das DDR-Auto schaltete.

Die Träume waren groß: 500.000 Autos jährlich wollte man sogar in den USA verkaufen. Der Wartburg als billiger Pkw, dazu noch schön anzusehen – damit wollte man die US-Wagen in den Schatten stellen. Doch am Ende blieb es bei den fast 1300 Autos, die nach Amerika geliefert wurden.

Der Warburg in einer Anzeige eines US-Händlers: Ab 1799 US-Dollar war der DDR-Wagen Ende der 50er-Jahre in den USA zu haben.
Der Warburg in einer Anzeige eines US-Händlers: Ab 1799 US-Dollar war der DDR-Wagen Ende der 50er-Jahre in den USA zu haben.Weird Wheels/reddit

Den Eisenacher Autobauern hatten sowieso Sorge, dass sie eine große Nachfrage aus den USA beim Sportwagen nicht befriedigen könnten – aufgrund von Materialzulieferproblemen, mit denen fast jeder volkseigene Betrieb in der DDR zu kämpfen hatte.

Für US-Geschäftsmann Kotler war der Wartburg aus der DDR bald Geschichte. Dennoch: Der Wartburg genießt weiter in den Staaten einen gewissen Kultstatus. So mancher  Wagen von damals wird heute von Oldtimer-Fans liebevoll gepflegt und noch gefahren.