35 Jahre Berliner KURIER

In der Erstausgabe: Abrechnung mit DDR-Chef Erich Honecker

Vor 35 Jahren erschien der erste Berliner KURIER. In der Zeitung gab es auch eine Abrechnung mit Erich Honecker, der zu dem Zeitpunkt in Beelitz lebte.

Author - Florian Thalmann
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Vor 35 Jahren erschien der erste Berliner KURIER - in der ersten Ausgabe gab es auch eine Abrechnung mit Erich Honecker, gegen den zu dem Zeitpunkt ein Haftbefehl vorlag.
Vor 35 Jahren erschien der erste Berliner KURIER - in der ersten Ausgabe gab es auch eine Abrechnung mit Erich Honecker, gegen den zu dem Zeitpunkt ein Haftbefehl vorlag.Sven Simon/imago, Berliner KURIER

Vor 35 Jahren erschien die erste Ausgabe des Berliner KURIER – mitten in der bewegten Zeit nach dem Mauerfall. Mit der Wende wurde aus der „BZ am Abend“, die schon in der DDR die Menschen im Osten der Stadt mit Nachrichten versorgte, die neue Zeitung für Berlin. Die Redaktion versprach damals, sich vor allem um die Probleme der Menschen im Osten zu kümmern – und im Osten gab es vor der Wende ein Problem, das einen Namen hatte: Erich Honecker! Schon in der ersten KURIER-Ausgabe kam die Abrechnung: der Abgesang auf den DDR-Chef.

Millionen Menschen litten in der DDR unter Erich Honecker

In der DDR herrschte Erich Honecker über Millionen Menschen, doch seine Macht bröckelte so schnell wie die Berliner Mauer. „Sein Weg von der Macht ins Nichts“ titelte auch der KURIER am 3. Dezember 1990, als die Zeitung zum ersten Mal erschien. Auf einer Doppelseite befasste sich die Redaktion mit dem Abschied von Honecker. „Unter seiner zynischen Herrschaft mussten 16 Millionen Deutsche wie im Gefängnis leben. Doch seit einem Jahr lebt Honecker selbst wie ein Gefangener – eingeholt von den Folgen seiner unmenschlichen Regierung.“

In einem großen Artikel rechnete der KURIER in der ersten Ausgabe mit Erich Honecker ab - und schilderte den Absturz des einstigen Chefs der DDR.
In einem großen Artikel rechnete der KURIER in der ersten Ausgabe mit Erich Honecker ab - und schilderte den Absturz des einstigen Chefs der DDR.Berliner KURIER

Der Bericht widmete sich den Verhältnissen, unter denen Honecker in der DDR lebte, gab spannende Einblicke in das Domizil von Erich Honecker und seiner Margot in Wandlitz: „eingemauert vor dem eigenen Volk lebte die politische Führung der Ex-DDR hier seit 1958 hinter 2400 Metern Mauer und Zaun“, schrieb der KURIER. 600 Mark Miete kostete das Haus – dafür gab es Luxus, von dem die Bürger der DDR nur träumen konnten. Auf dem Gelände gab es laut dem Bericht ein Schwimmbad, eine Sauna, eine Sonnenbank, dazu Friseur, Schneider und Gärtner. Außerdem gab es für die Polit-Prominenz, die hier wohnte,  „Frischobst und Westwaren“, hieß es in dem Bericht.

In Wandlitz residierte die Polit-Prominenz der DDR

23 Häuser mit jeweils zwei Etagen gab es auf dem Gelände. „In den Küchen glucksten moderne Miele-Spülmaschinen“, schrieb der KURIER. Der Spitzname der Siedlung sei damals „Volvograd“ gewesen, weil alle, die hier lebten, Volvo fuhren. Auch das Luxus-Jagdhaus von Erich Honecker wurde thematisiert – neben der Terrasse aus Marmor und einem riesigen Schwimmbecken gab es hier auch eine Parabolantenne, um alle Programme aus dem Westen empfangen zu können, hieß es.

Erich Honecker und seine Margot gingen immer spazieren, als das Paar in Beelitz lebte. Ein russischer Offizier war zum Schutz immer dabei.
Erich Honecker und seine Margot gingen immer spazieren, als das Paar in Beelitz lebte. Ein russischer Offizier war zum Schutz immer dabei.tinkeres/imago

Nach dem Mauerfall ging es für Honecker und seine Margot dann nach Beelitz – auf das Gelände des russischen Militärhospitals in Beelitz-Heilstätten. Hier bewohnte das Paar zwei kleine, nur spärlich möblierte Zimmerchen. „Dem einst mächtigsten Mann der DDR gehört nicht einmal mehr der Stuhl, auf dem er sitzt“, schrieb der KURIER über das neue Zuhause von Erich Honecker. Morgens und abends ging das Ehepaar in Begleitung eines russischen Offiziers spazieren. Schaulustige versuchten, damals noch einen Blick auf das Paar zu erhaschen. „Ich wollte ihn mal leibhaftig sehen“, sagte einer der Zaungäste dem KURIER. „Wollte sehen, wie sie ihn als Mörder abführen.“

Erich Honecker und seine Margot: Nach dem Ende der DDR lebte das Ehepaar in Chile.
Erich Honecker und seine Margot: Nach dem Ende der DDR lebte das Ehepaar in Chile.Günter Schneider/imago

Justiz hatte Haftbefehl gegen Erich Honecker erlassen

Denn zu dem Zeitpunkt hatte die Justiz Haftbefehl gegen Honecker erlassen. Der Grund: Man fand den Schießbefehl, den er erteilt hatte. „Nach wie vor muss bei Grenzdurchbruchsversuchen von der Schusswaffe rücksichtslos Gebrauch gemacht werden, und es sind die Genossen, die die Schusswaffe erfolgreich angewandt haben, zu belobigen“, sagte Honecker 1974.  Im Haftbefehl machte man Honecker für vier Todesfälle an der innerdeutschen Grenze persönlich verantwortlich. Allerdings befand sich Honecker in Beelitz unter dem Schutz sowjetischer Stellen.

Erich Honecker starb im Jahr 1994 in Chile

Was der KURIER damals noch nicht wusste: Beelitz sollte nicht die letzte Station der Honeckers werden. 1991 wurde das Ehepaar nach Russland ausgeflogen, 1992 wurde Erich nach Deutschland ausgeliefert. Margot Honecker reiste direkt nach Chile, wo sie bei ihrer Tochter unterkam. Honecker kam in Untersuchungshaft, wurde aber nach langem Hin und Her im Januar 1993 aus der Untersuchungshaft entlassen.  Er war damals so schwer krank, dass man davon ausgehen müsse, der Prozess habe keinen Sinn mehr, weil sein Tod so nah war. Er reiste daraufhin nach Chile zu seiner Frau Margot aus. Am 29. Mai 1994 starb er im Alter von 81 Jahren in Santiago de Chile.