Günter Schabowski las auf einer eigentlich stinknormalen Pressekonferenz am 9. November 1989 von einem schnöden Zettel eine neue Regelung für Reisen ins westliche Ausland für DDR-Bürger ab. Sie gelte ab „sofort, unverzüglich“, das war der Anfang vom Ende der DDR. Denn ein Massenansturm von DDR-Bürgern auf die Grenze nach West-Berlin begann.
Um diesen Zettel, der lange als verschollen galt und seit 2015 im Original im Haus der Geschichte in Bonn zu sehen ist, flammt nun ein Rechtsstreit wieder auf.
Wie das juristische Fachblatt Legal Tribune Online berichtet, bringt der „Zettel, der einst die Mauer zu Fall brachte“, ein Oberverwaltungsgericht in Bewegung: Ein Journalist will wissen, wer ihn einst verkauft hat, aber das Museum mauert.

Auf dem linierten A4-Sprechzettel voller schwarzer und roter Kugelschreiberkritzeleien hatte Schabowski hinter einem roten Pfeil markiert: „Verlesen Text Reiseregelung“. Schabowskis berühmter Satz auf die Nachfrage eines Journalisten, ab wann die neue Reiseregelung gelte: „Das tritt nach meiner Kenntnis ... ist das sofort, unverzüglich“ löste den Fall der Berliner Mauer noch am selben Abend aus.
Was geschah mit dem Zettel, der die DDR zu Fall brachte?
Doch was geschah nach dem historischen Abend mit dem Zettel? Nach Angaben der Familie hatte Schabowski Anfang der 1990er-Jahre einige Unterlagen, darunter den Zettel, an Bekannte gegeben. Die Dokumente seien nie zurückgekommen. Seine Frau Irina Schabowski sprach vor einigen Jahren gegenüber der Welt von einem „kaltblütigen Verkauf einer gestohlenen Sache“. Das Bonner Haus der Geschichte kaufte 2015 den Original-Zettel für 25.000 Euro aus öffentlichen Mitteln.

Der Weg des Zettels lässt sich bis heute nur bruchstückhaft verfolgen: Es gab einen Erstverkäufer, der den Zettel weitergegeben hatte, und einen Zweitverkäufer, der ihn dem Museum verkaufte. Die Stiftung gibt an, beide Namen zu kennen, will sie aber nicht offenlegen.
Ein Journalist der Bild-Zeitung will nun den presserechtlichen Auskunftsanspruch durchsetzen und fordert Transparenz.
Das Museum hingegen argumentiert, dem Zweitverkäufer sei Anonymität zugesichert worden. Ohne solche Zusagen könnten potenzielle Verkäufer wertvoller Zeitzeugnisse abgeschreckt werden.
Dienstag soll das Urteil fallen
Nachdem sich schon einmal ein Verwaltungsgericht in Köln mit dem Fall befasst, dem Journalisten recht gegeben und die Stiftung zur Nennung des Verkäufers verpflichtet hatte, ging es in die nächste Instanz.





