Prenzlauer Berg

Kulturklotz am Bein: Pankow will den Prater loswerden

Berlins ältester Biergarten hat eine teure Sanierungsarie hinter sich. Nun will der Bezirk Pankow die Liegenschaft an die landeseigene BIM abgeben.

Author - Stefanie Hildebrandt
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Der Prater in Berlin Prenzlauer Berg ist nach wie vor ein beliebter Ort zum Feiern.
Der Prater in Berlin Prenzlauer Berg ist nach wie vor ein beliebter Ort zum Feiern.Stephanie Steinkopf/Ostkreuz

Der Berliner Prater in Prenzlauer Berg gilt als ältester Biergarten der Stadt und blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Bisher wurde der Prater vom Bezirk Pankow verwaltet, Betrieb und Sanierung belasteten aber zunehmend den Pankower Haushalt. Nun plant die Bezirksverwaltung, sich von dem historischen Gebäudeensemble an der Kastanienallee zu trennen, wie der zuständige Stadtrat Jörn Pasternack (CDU) gegenüber dem Tagesspiegel mitteilte.

Das betrifft sowohl das Kulturhaus als auch den Biergarten, so der Bericht.

Teure Sanierung im Prater

Das Prater-Ensemble hat eine echte Sanierungsarie hinter sich. Der Eingangsbereich und das Kulturhaus, in dem die Volksbühne eine Spielstätte betrieb, wurden sechs Jahre lang saniert. Ende des Jahres soll endlich alles fertig sein. Wobei die Kosten des Gesamtprojekts statt der einst geplanten 7,5 Millionen Euro jetzt bei 18 Millionen liegen.

In Kürze ist auch der geplante Wiedereinzug der Volksbühne ins Theater vorgesehen. Der Gaststättenbetrieb lief und läuft ebenfalls weiter.

Der Bezirk Pankow will allerdings seine Verantwortlichkeit in Bezug auf den Prater loswerden. Sowohl Biergarten als auch denkmalgeschütztes Kulturhaus sind ein Klotz am Bein des klammen Bezirks.

Pratergarten, Kastanienallee. Seit fast 200 Jahren kann man hier unter Kastanien trinken.
Pratergarten, Kastanienallee. Seit fast 200 Jahren kann man hier unter Kastanien trinken.Annika Bauer

Prater nicht wirtschaftlich zu betreiben

„In beiden Fällen sieht Pasternack keine Möglichkeit mehr, den Betrieb aus Bezirksamtssicht wirtschaftlich zu gestalten“, schreibt der Tagesspiegel. Der Prater sei „kosten-leistungsmäßig ein Desaster“, lautet seine Warnung. „Kein Amt ist in der Lage, dieses Objekt mit einer positiven Bilanz zu betreiben.“

Pankow strebt als Befreiungsschlag an, das Ensemble an die landeseigene BIM (Berliner Immobilienmanagement) zu überführen. Diese wäre dann auch Ansprechpartner für die Pächterin des Biergartens. Der Vorteil: Die BIM unterliegt nicht der Kosten-Leistungs-Rechnung wie die Bezirke. Die BIM könnte den Prater verwalten, auch wenn dieser rote Zahlen schreibt.

Historische Ansichtskarte aus dem Berliner Prater
Historische Ansichtskarte aus dem Berliner Praterpicture alliance

Die Pächterin des Biergartens hatte sich im Zuge der Sanierung mit dem Bezirksamt einen erbitterten Streit um die Fällung alter Bäume auf dem Gelände geliefert. Im August 2021 war der Streit um Bauarbeiten auf dem gepachteten Gelände von Berlins ältestem Biergarten eskaliert. Die Pächterin wehrte sich mehrfach erfolgreich gegen umfangreiche Baumaßnahmen, weil mögliche Entschädigungsforderungen im Falle einer längeren Schließung ihres Betriebes nicht geklärt waren.

Der Bezirk hatte unter Bürgermeister Sören Benn (Die Linke) den Umbau des Praters im Stil der DDR-Moderne geplant. Am Ende verzichtete der Bezirk und ließ die fast 190 Jahre alten Kastanien stehen.

Schon immer ein Ort der Kultur und des Vergnügens

Der Prater wurde 1837 gegründet, damals noch außerhalb der Stadtgrenzen, und entwickelte sich rasch zu einem beliebten Ort für Geselligkeit. Mitte des 19. Jahrhunderts übernahm Johann Friedrich Adolph Kalbo das Gelände und baute es zu einem Bier- und Kaffeegarten aus. Bald entstand ein großer Saal, in dem Sänger, Artisten und später auch Theateraufführungen das Publikum unterhielten. 1867 erhielt der Ort offiziell den Namen Berliner Prater – in Anlehnung an das Wiener Vorbild – und wurde zu einem kulturellen Zentrum mit Varieté, Lustspielen und Operetten.

2017 veranstalteten Künstler eine Abschiedsprozession vom Prater zur Volksbühne.
2017 veranstalteten Künstler eine Abschiedsprozession vom Prater zur Volksbühne.imago stock&people

Im 20. Jahrhundert nutzte man den Saal auch als Kino, ab 1949 sogar als erstes DEFA-Lichtspieltheater. Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb der Prater ein wichtiger Treffpunkt für Arbeiterinnen und Arbeiter sowie ein Ort politischer und kultureller Veranstaltungen.

Apropos kulturelle Veranstaltungen: Auch die Volksbühne hofft seit Jahren, ihre zweite Spielstätte endlich wieder in Betrieb nehmen zu können. Die Übergabe verzögert sich immer wieder, obwohl die Bauarbeiten längst abgeschossen sind.