Dieser Beitrag erhitzt die Gemüter! Vor ein paar Tagen berichtete der KURIER über einen Besuch ein Eiskunstlauf-Star Katarina Witt auf dem „Riverboat“ im MDR. Am Tag vor dem 35-Jahre-Jubiläum des Mauerfalls saß Witt in der Talkshow, beschäftigte sich kritisch mit dem Mauerfall. Zu viele Dinge aus der DDR seien nicht ins vereinte Deutschland übernommen worden, sagte sie – so sei etwa das Sport-System des Ostens zerstört worden. Zahlreiche Nachrichten haben unsere Redaktion daraufhin erreicht – von KURIER-Lesern, die ihre ganz eigene Sicht auf die Dinge schildern.
Katarina Witt auf dem „Riverboat“: Viele Ostdeutsche „um die Früchte ihrer Arbeit gebracht“
Mit der Wende habe man es nicht geschafft, die guten Dinge und die Erfahrungen, die im Osten gemacht wurden, mitzunehmen, kritisierte Katarina Witt in der MDR-Talkshow „Riverboat“. „Es gab einfach viele Dinge, die eigentlich funktioniert haben, die gut waren und von denen wir auch heute noch profitieren“, sagte der Eiskunstlauf-Star im Gespräch mit Moderatorin Kim Fisher, „weil wir dadurch sehr viele gute Werte mitbekommen haben.“
Man habe sich, als die Mauer fiel, nicht zusammen hingesetzt und überlegt, was man voneinander lernen könne. Sie selbst habe als Mitglied der jungen Generation profitiert, weil ihr die Welt offen stand. Ein größeres Problem sei es für die ältere Generation gewesen. „Für diese Generation denke ich schon, dass man viele auch wirklich um die Früchte ihrer Arbeit gebracht hat.“ Wir fragten nach der Meinung der KURIER-Leserinnen und Leser – etliche Nachrichten erreichten daraufhin unser Postfach. Ein paar der Reaktionen geben wir hier wieder.
Das sagen die KURIER-Leser über den Talkshow-Auftritt von Katarina Witt
So schreibt eine Leserin, dass Katarina Witt zwar ein privilegiertes Leben gelebt habe – die 58-Jährige habe trotzdem zu 100 Prozent recht, sie habe ihr in der MDR-Show „Riverboat“ aus dem Herzen gesprochen. „Denken wir nur an die Poliklinken, das einheitliche und vor allem sehr gute Bildungssystem (lassen wir mal das politische Blabla außen vor). Die Qualifizierungen wurden nicht anerkannt und leider kommt dies auch heute noch vor.“ Der Abverkauf der DDR sei mit dem Einigungsvertrag besiegelt worden.
Alles wurde verramscht, egal ob gut oder schlecht.
Ein Leser kritisiert, dass nach dem Mauerfall im Osten alles, auch die guten Dinge, platt gemacht worden seien. „Das gesamte westliche System bekamen wir einfach übergestülpt, ob wir wollten oder nicht. Ich erinnere nur an die Treuhandgesellschaft, die in der Wirtschaft so viel Unheil verrichtet hat, wie selten ein anderer. Alles wurde verramscht, egal ob gut oder schlecht.“ Funktionierende Wirtschaftsbetriebe seien platt gemacht worden. Man müsse aber mit den Gegebenheiten leben, auch wenn er sich wie ein Mensch zweiter Klasse fühle.

Ein Leser schickt sogar zahlreiche Vorschläge mit – zu Dingen, die man aus der DDR gern hätte übernehmen können. Er erwähnt unter anderem die einheitlichen Schulbücher, die Tatsache, dass sich mehr junge Menschen sportlich betätigten und das „Miteinander im Interesse der Allgemeinheit“ gefördert worden sein. Außerdem habe man nicht mit Tausenden Flugkilometern die Umwelt belastet und die Schulbildung sei besser organisiert gewesen. „Wie kann man in einer hochgezüchteten Zivilisation auf solche Schwerpunkte verzichten?“, fragt er.
Leserin kritisiert: „Menschen mussten sich abstrampeln, um irgendwie Arbeit zu finden“
Ein Leser schreibt zu den Statements von Katarina Witt zu den Brüchen in Lebensläufen der Ostdeutschen: „Sie hat sich noch sehr moderat geäußert. In Wirklichkeit war alles viel härter. Ganze Lebensläufe Ostdeutscher wurden vernichtet.“ Und eine Leserin schreibt: „Sie wurden gekündigt, die Fabriken wurden aufgelöst und die Menschen mussten sich abstrampeln, um irgendwie irgendwo Arbeit zu finden. In manchen Lebensläufen befinden sich drei, vier manchmal mehr Umschulungen und Weiterbildungen und trotzdem würden sie behandelt, als ob sie noch nie ,richtig‘ gearbeitet hätten. Was waren wir – die Wessis – doch arrogant. Die meisten meiner immer noch liebsten Kolleginnen waren aus dem Osten.“
Ein Leser schreibt: „Sie spricht vielen Menschen aus dem Osten aus der Seele. Ich bin auch ein Kind des Ostens. Und musste mit ansehen, wie alles niedergemacht wurde. Firmen und Betriebe. Die guten Ideen wurden nicht übernommen.“ Und eine Leserin schildert die ganz persönlichen Erfahrungen, die sie und ihr Mann machen mussten. Mit dem Mauerfall hätten viele große Pläne und Träume gehabt. „Aber wir beide waren von Anfang an nicht so euphorisch und dann kam es dick: Beide haben ihre Arbeit verloren, der Betrieb wurde abgewickelt, wie alle Betriebe in unserer Stadt“, schreibt sie. „Natürlich hat man vorher billig in der DDR eingekauft, aber alles war unrentabel. Wir beide haben uns berappelt. Aber es gab ganz viele Verlierer in unserer Stadt.“ ■
Die hier wiedergegebenen Beiträge stammen aus Zuschriften von Leserinnen und Lesern und geben nicht automatisch die Meinung der Redaktion wieder. Wie sehen Sie es? Haben die Leserinnen und Leser Recht – und was halten Sie vom „Riverboat“-Auftritt von Katarina Witt? Schicken Sie uns Ihre Meinung an wirvonhier@berlinerverlag.com. Wir freuen uns auf Ihre Zuschriften!