Ein besonders großes Lob meiner Großmutter, wenn ich artig war, lautete: „Mit dir kann man ja ins Restaurant gehen“. Wenn man dann in der DDR ins Restaurant ging, war die Überraschung groß. In einigen Restaurants gab es eine eigene, liebevoll gestaltete Karte für Kinder! Und diese Speisekarten geben Aufschluss darüber, wie man in der DDR mit Kindern umging. Sie wurden gehätschelt, um es vorwegzunehmen.
Wer heute mit Kindern Essen geht, der weiß oft schon, was einen erwartet. In vielen Restaurants ähneln sich die Kinderklassiker sehr: Das klassischen Dreigestirn – Pommes Frites, Fischstäbchen und Nudeln mit Tomatensoße werden von den lieben Kleinen selten verschmäht. Auch Chicken-Nuggets, Eierkuchen oder Kartoffelpuffer stehen hoch im Kurs bei den Kindern von heute. Alles, was darüber hinaus geht, muss man schon aufwendiger suchen und darf es dann als besonders kreativen Gruß aus der Küche werten.
Anspruchsvolle Kost für Kinder in der DDR
Ein Blick in alte Speisekarten aus der DDR offenbart eine gänzlich andere Welt. Hier servierte man den kleinen Gästen durchaus anspruchsvolle Kost. So listet zum Beispiel die Speisekarte des „Rügen-Hotels“ in Sassnitz echte Leckerbissen auf.

Nachdem sich in den 60er-Jahren der Fährverkehr auf der Königslinie zwischen Sassnitz und Trelleborg rasant entwickelte, wurde das „Rügen-Hotel“ in Sassnitz von einer schwedischen Baufirma errichtet. 1969 eröffnete das Hotel. Der damalige DDR-Charme findet sich zum Teil noch heute wieder, wirbt die Webseite. Neben dem Restaurant „Neptun“ gibt es noch heute eine urige Broiler-Bar.
Ob es allerdings heute noch so kultige Kinder-Gerichte gibt, wie damals, darf bezweifelt werden. So stehen auf der Kinderkarte Grieß-Flammeri mit Fruchtsaft für 90 Pfennig oder eine Geflügelcremesuppe für 1,85 Mark. Neben den obligatorischen Eierkuchen, Milchreis und Rührei finden sich aber auch ein kleines Beefsteak mit Möhren und Kartoffeln für 3,15 Mark oder, nur 40 Pfennige teurer, Kalbsbraten mit Zuckerschoten. Statt Fischstäbchen gibt es Dorschfilet mit Petersilienkartoffeln. Für den großen Hunger bot die Küche Schweinelendchen oder eine Schweinekeule an. Da freute sich auch der Papa, wenn noch etwas übrig gelassen wurde.
DDR kulinarisch: Die Kinderkarte im Palast der Republik
Auch der „Palast der Republik“ hatte eine eigene Kinderkarte, aus der kleine Gäste wählen konnten. Eine legierte Spargelsuppe im Töpfchen gab es für 1,70 Mark, das „Broilerkeulchen mit Pastetchen und Reiskügelchen“ kostete 3,95 Mark. Ob die Kinder von damals gern zu den Ungarischen Salamihappen oder zu Kochschinken mit Weißbrot griffen, ist allerdings nicht überliefert.
Auch nicht, ob im bulgarischen Restaurant „Sofia“ in Berlin der „Empfehlung fürs Kind“ entsprochen wurde: Kawarma Kebap mit Pommes für 6,40 Mark. Kawarma Kebap ist ein sehr lange gekochter, würziger Gulasch.
Übrigens: Hoch oben im Fernsehturm im „Tele-Café“ ließ sich kein Sonderangebot für Kinder finden. Dafür steht eine echte Schildkrötensuppe, abgeschmeckt mit Weinbrand für 2,50 Mark auf der Karte oder ein Beutel Salzstangen für 75 Pfennig. Guten Appetit. ■