„Mama, kaufst du mir bitte auch mal diese Dubai-Schokolade?“. Ich hätte es kommen sehen müssen. Mein Sohn, 11, hatte ihn also mitbekommen. Den Trend um die gehypte Schokolade mit der Pistazien-Kadayif-Füllung. Kein Wunder, ist sie doch sprichwörtlich gerade in aller Munde. Einige zahlen sogar für die billig gemachte, aber teuer verkaufte Pseudo-Version von Lindt Hunderte von Euro. Ich nicht, das hatte ich mir versprochen.
Aber da waren diese elfjährigen, flehenden Augen und das „alle in meiner Klasse haben schon“, die wohl jedes Mutterherz – auch wenn man es sich immer anders vorgenommen hatte – erweichen lassen. Und ein kleines bisschen war ich ja auch gespannt, was hinter der scheinbaren Super-Schokolade steckt, von der ich bis vor ein paar Wochen noch nie etwas gehört hatte.
Die beliebte Delikatesse aus Pistaziencreme und Engelshaar-Teigfäden war zunächst bei TikTok und Co. durch die Decke gegangen, kurze Zeit später konnte man sie in ausgesuchten Supermärkten kaufen. Dass man mit dem aktuellen Trend eine Zeitreise zurück in die DDR antreten würde, sagte mir keiner.
Und so machten Sohnemann und ich uns auf in den Rewe-Supermarkt um die Ecke, in dem es die Schokolade zu kaufen geben sollte. Zugegeben, der Preis von 6,99 Euro immer noch im wahrsten Sinne des Wortes gezuckert. Aber nun, die Kinderaugen und so, Sie wissen schon.

Dubai-Schokolade ist sprichwörtlich in aller Munde
Zielstrebig steuerten wir an die Süßigkeiten-Regale. Nichts. Dann zu den Aufstellern, die die Angebote der Woche anpriesen. Wieder nichts. Irgendwann liefen wir ziellos durch den ganzen Markt. Die Schokolade, von der gerade die ganze Welt redet, musste doch sichtbar und aufmerksamkeitsheischend da stehen. Denkste!
Also fragte ich eine Verkäuferin, die gerade Regale befüllte, wo denn diese Dubai-Schokolade läge. Ihr Gesicht verzog sich zu einem gequälten Lächeln. Hatte sie Mitleid mit mir als Konsum-Opfer? Oder vielleicht diese Frage heute schon Dutzende Male beantworten müssen? Ich konnte es nicht deuten. „Die liegt an der Kasse“, sagte sie nur kurz. Mein Sohn schoss los.
Natürlich war die Schoki auch in den Regalen und Aufstellern an der Kasse nicht zu finden. Ich war im Begriff zu gehen, als ich dann doch im letzten Moment an der Kasse noch einmal die Kassiererin fragte. Sie sah mich forsch an. „Die gibt's bei mir, hier unter der Kasse“. Hatte ich mich verhört? Unter der Kasse? Sofort kam mir die sogenannte Bückware in den Sinn, wie zu DDR-Zeiten, in der es besonders beliebte oder sehr rare Produkte oft nur unter der Hand gab.

„Aber nur fünf Stück pro Person“, setzte die Verkäuferin noch hinterher, bevor sie sich bückte und die grün verpackte Schokolade wie ein Drogendealer hervorzog. Nicht nur, dass ich bei dem Preis nie auf die Idee gekommen wäre, mehr als nur eine Tafel zu kaufen, fragte ich mich dennoch, wer denn diese Menschen sind, die sechs oder mehr Dubai Schokoladen kaufen. Ein Blick ins Internet beantwortete meine Frage. Es sind Menschen, die die Schokolade dann für das Doppelte oder Dreifache verkaufen und den Hype und die Dummheit der Leute ausnutzen. Aber das tun anerkannte Schokoladen-Hersteller aus der Schweiz – siehe oben – ja auch.
Aber endlich lag sie vor mir, die Schokolade. Ich kramte nach meinem Geldbeutel. Mein Sohn konnte es kaum erwarten. Das ermutigte die Kassiererin zu den wenig aufbauenden Worten: „Die ist elendig süß. Kann gar nicht verstehen, warum die Leute so verrückt danach sind.“ Ihr Ratschlag, die Tafel vor dem Verzehr auf jeden Fall in den Kühlschrank zu legen, dann wäre sie besser, verriet sie. Sie hatte die Schokolade also mindestens schon zwei Mal – gekühlt und ungekühlt – probiert.
Kannte vor Monaten fast niemand: Dubai-Schokolade
Das zunächst strahlende Gesicht meines Sohnes verzog sich bei diesem Hinweis. Sollte er also noch länger warten müssen? Ja. Da konnte ich überraschenderweise hart bleiben. Also ging es zurück nach Hause. Und für die Dubai-Schokolade sofort in den Kühlschrank. Meinem Sohn müssen die folgenden Stunden eher elendig lang vorgekommen sein. Aber dann war es soweit: die Schokolade gekühlt und die Nerven meines Sohnes so dünn wie die türkischen Teigfäden.

Vorsichtig öffneten wir den Karton, und friemelten die Klarsichtfolie der Schoki ab. Nun lag sie also vor uns, die weltberühmte Dubai- Schokolade. Dick sah sie aus, unterteilt in sechs gleichmäßige Kammern aus dunkler Vollmilchschokolade. Beim Zerbrechen der Schokolade der erste Aha-Effekt. Anstatt an den geriffelten Unterteilungen zu zerbrechen, brach sie einfach unkontrolliert, nur nicht an den dafür vorgesehenen Stellen, durch und die Pistaziencreme quoll heraus.
Mein Sohn strahlte, denn das Stück, das ich abbrechen wollte, sollte sehr viel kleiner sein, als das, das ich nun in der Hand hielt. Er biss herzhaft rein, langsam bewegte sich sein Mund, nach und nach alle Komponenten testend, und schließlich nach dem Hinterschlucken das Testurteil: „Mega!“
Nun war ich dran. Ich bin überhaupt kein Süßschnabel und nach dem Hinweis der Verkäuferin auf die unfassbare Süße schon ein wenig angewidert. Doch die Versuchung war größer. Vorsichtig nahm ich ein kleines Stück. Und dann der nächste Aha-Effekt. Die Verkäuferin hatte Unrecht. Die Schokolade, gut, ich kann nur für die von REWE sprechen, ist überhaupt nicht, weder elendig noch süß, sondern einfach ein großer Genuss.
Ob ich sie mir wieder kaufen würde? Vermutlich nicht. Und doch werde ich es tun. Steht die Dubai-Schokolade von Rewe doch dick und groß auf dem Weihnachts-Wunschzettel des Kindes. Muss ja auch nicht immer ein Schoko-Weihnachtsmann sein ... ■