Ab 6. Juni geht es los. Dann wird, je nach Land, in der Europäischen Union das EU-Parlament gewählt. Wir sind am Sonntag, den 9. Juni, dran. Doch wer darf wo und wie wählen? Und was bringt uns Berlinern überhaupt die Europa-Wahl? Der KURIER klärt die wichtigsten Fragen.
Wann wird in Berlin gewählt?
In Berlin wie im übrigen Deutschland wird am Sonntag, 9. Juni, gewählt. Wie bei den Bundestagswahlen sind die Wahllokale von 8.00 bis 18.00 Uhr geöffnet. Es stehen 2220 Urnenwahllokale offen, hinzu kommen 1205 Briefwahllokale. 30.000 Wahlhelfer sollen für einen reibungslosen Ablauf bei dem Wahlgang und der anschließenden Auszählung sorgen.
Wie viele Wahlberechtigte gibt es in Berlin?
Laut Landeswahlleitung dürfen etwa 2,5 Millionen Berliner mit deutscher Staatsbürgerschaft abstimmen. Grundsätzlich wahlberechtigt sind aber auch etwa 251.000 Bürgerinnen und Bürger aus anderen EU-Staaten, die in Berlin leben. Etliche von ihnen dürften nach Einschätzung von Landeswahlleiter Stephan Bröchler allerdings in ihren Heimatländern abstimmen – oder gar nicht. Für eine Abstimmung in Deutschland mussten sie aktiv einen Antrag auf Eintrag ins Wählerverzeichnis stellen.

Welches Wahlalter gilt?
Bei der Europawahl dürfen nach Änderung eines Bundesgesetzes zum ersten Mal auch schon 16- und 17-Jährige abstimmen. In Berlin sind das nach Angaben des Landeswahlamtes etwa 55.000 Jugendliche.
Wer wird gewählt?
Gewählt werden diesmal 720 Abgeordnete. Bei der Europawahl 2019 zogen 751 Volksvertreter ins Parlament ein. Mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU (Brexit) verloren zahlreiche Abgeordnete ihr Mandat. Im Vergleich zur derzeitigen Zahl der Abgeordneten (705) werden 15 Plätze mehr vergeben. Eine Fünf-Prozent-Hürde wie bei Wahlen auf Bundes- und Landesebene gibt es nicht.

Wer tritt an?
In Berlin stehen 34 Parteien auf dem Stimmzettel (2019: 40). Nur die CDU tritt mit einer Landesliste an, Berliner Spitzenkandidatin ist die Europaabgeordnete Hildegard Bentele. Auf den Bundeslisten der anderen Parteien finden sich Politiker und Politikerinnen aus Berlin an mehr oder weniger prominenter Stelle: Die SPD-Europaabgeordnete Gaby Bischoff etwa rangiert auf Listenplatz sieben, der Grünen-Europaabgeordnete Sergey Lagodinsky auf Platz zwei. Beide Spitzenkandidaten der Linken-Bundesliste, Parteichef Martin Schirdewan und Carola Rackete, kommen aus Berlin. Auf der AfD-Liste steht der Berliner Alexander Sell auf Platz 15.

Welche Auswirkungen hat die Wahl?
Die Mehrheitsverhältnisse im EU-Parlament sind wichtig für die Verabschiedung neuer EU-Gesetze. So musste bei vielen Vorhaben wie dem Verbrenner-Aus oder umstrittenen Naturschutz- und Klimagesetzen eine Mehrheit im Parlament zustimmen. Auch bei der Verteilung von Geld wie den Milliarden aus der EU-Agrar- oder Strukturfondsförderung hat das Parlament großen Einfluss. Die meisten Gesetze werden aber zusammen mit den EU-Staaten verhandelt und müssen auch im sogenannten Rat eine Mehrheit finden. Dort entscheiden Vertreter der nationalen Regierungen. Auf die Mehrheitsverhältnisse im Europäischen Rat hat die Europawahl keinen direkten Einfluss.

Welche politische Bedeutung hat die Europawahl für Berlin?
Keine direkte. Allerdings gilt der Wahlgang in den Parteien als Stimmungstest nach gut 13 Monaten Schwarz-Rot in Berlin. Der Wahlkampf läuft vergleichsweise unspektakulär. Am ehesten sichtbar ist er noch an den vielen Wahlplakaten entlang der Straßen. Es gibt auch Wahlkampfveranstaltungen mit EU-Kandidaten, die vielen Berlinerinnen und Berlinern allerdings kaum oder gar nicht bekannt sind. Für nicht wenige Menschen sind die Europäische Union und ihre Institutionen in Brüssel gedanklich weit weg.
Welche Wahlbeteiligung ist zu erwarten?
2019 betrug sie 60,6 Prozent – das war der bis dato höchste Wert bei Europawahlen in Berlin (Bund: 61,4 Prozent). Ob sich dieses Niveau halten lässt, ist offen – seinerzeit spielte laut Wahlforschern der Brexit-Effekt eine große Rolle. So mancher in Berlins Politikbetrieb befürchtet eine gewisse Wahlmüdigkeit: Wahl zum Abgeordnetenhaus, Bundestagswahl und Volksentscheid 2021, Wiederholung der Wahl für das Landesparlament 2023, Teilwiederholung der Bundestagswahl im Februar 2024 – zuletzt ging es Schlag auf Schlag. Und 2025 geht es mit der Bundestagswahl weiter, 2026 folgt die nächste Abgeordnetenhauswahl. „Die Wahlbeteiligung bei Europawahlen ist regelmäßig deutlich niedriger als bei Bundestagswahlen“, sagt Landeswahlleiter Bröchler. Eine hohe Wahlbeteiligung sei wichtig, um die Demokratie in Europa zu stärken.
Und was ist mit der Briefwahl?
Die Briefwahl spielt bei Wahlen seit vielen Jahren eine immer wichtigere Rolle. Das scheint auch dieses Mal der Fall zu sein. Laut Landeswahlleitung beantragten in Berlin bis einschließlich Montag (27. Mai) 24,9 Prozent der Wahlberechtigten Briefwahlunterlagen. Vor der Wahl 2019 waren es zum selben Zeitpunkt 16,6 Prozent gewesen. Briefwahlunterlagen können noch bis 7. Juni um 18.00 Uhr beantragt werden und müssen bis zum Wahlsonntag (9. Juni) um 18.00 Uhr beim zuständigen Bezirkswahlamt vorliegen. Landeswahleiter Bröchler rät, Briefwahlunterlagen wegen der Postlaufzeiten bis spätestens 3. Juni in den Briefkasten zu werfen. Wer ganz sichergehen wolle, könne die Briefe auch direkt bei den Bezirkswahlämtern abgeben oder dort wählen.
Darf ich wählen, wenn die Wahlbenachrichtigung verloren gegangen ist?
Ja, Wahlberechtigte können an der Wahl auch ohne Wahlbenachrichtigung teilnehmen, wenn sie ein amtliches Dokument wie Personalausweis oder Reisepass vorzeigen können.
Wie war das Wahlergebnis 2019?
Bei der Europawahl 2019 in Berlin hatten die Grünen mit 27,8 Prozent ein historisch gutes Ergebnis erzielt. Platz zwei belegte die CDU mit 15,2 Prozent, drittstärkste Kraft wurde die SPD (14,0 Prozent), gefolgt von den Linken (11,9) und der AfD (9,9). ■