Seit einigen Wochen wird über Gleichberechtigung beim Wehrdienst gestritten. Auslöser war Ende August ein FAZ-Redakteur, der forderte: „Frauen an die Waffe!“ Auch der Wehrbeauftragte des Bundestages, Henning Otte, betonte, die Bundeswehr brauche dringend mehr Frauen. Selbst der Kanzler hält eine Wehrpflicht für Frauen für denkbar: „Ich kann es mir vorstellen, aber das ist sicher erst der dritte, vierte Schritt“, erklärte er bei seinem Besuch in Nordrhein-Westfalen. Rückendeckung erhält er aus der SPD und von den Grünen.
Wehrpflicht wurde im Jahr 2011 ausgesetzt
Ab kommendem Jahr sollen junge Männer und Frauen ab 18 Jahren einen Fragebogen zur Wehrfähigkeit ausfüllen. Frauen sind dazu allerdings nicht verpflichtet. Die Wehrpflicht war 2011 ausgesetzt worden, was faktisch ihr Ende bedeutete. Der Zivildienst wurde durch den Bundesfreiwilligendienst ersetzt. Die Feministin Alice Schwarzer kritisiert diese Ungleichheit. In ihrem Magazin schreibt sie: „Gleiche Rechte, gleiche Pflichten!“ Allerdings lehnt sie die Wehrpflicht grundsätzlich ab – für Männer wie für Frauen.
Stimmen vom Alexanderplatz: Das sagen die Berliner zur Wehrpflicht für Frauen
Am Samstag zeigt sich in Berlin ein gemischtes Bild. Manuela (57) aus der Schorfheide und ihre Tochter Antonia sehen zwar den Gleichberechtigungsaspekt, wollen aber selbst entscheiden können. Auch ein junges Paar wägt ab: Die Frau betont, eine Pflicht sei „ein starker Eingriff“, da Frauen ohnehin durch Schwangerschaft in ihrer Entwicklung beeinflusst würden. Ihr Partner, einst Zivildienstleistender, findet: „Das wäre komisch, jetzt damit anzufangen.“ Zugleich sagt er, er selbst zur Waffe greifen, „wenn’s hart auf hart kommt“. Ein anderer Passant winkt nur ab: Für „dieses Land“ würde er nicht kämpfen.

Der 19-jährige Sam Hiltrop aus Nordrhein-Westfalen sagt klar: „Frauen sollen nicht in den Krieg.“ Eine Begründung hat er nicht, „nur so ein Gefühl“. Auch Lennard und Samantha stimmen zu: Frauen sollten nicht verpflichtet werden, aber freiwillig dienen dürfen. Ähnlich äußern sich Pia und Maja, beide 19 Jahre alt. „Ich seh mich da persönlich nicht“, sagt Maja. Ein weiterer Befragter hält schlicht fest: „Nein, das sind Männersachen.“
Wehrpflicht für Frauen? Zwischen Feminismus und Familie
Anders denkt Toni (48), der mit Sohn Adrian über den Alexanderplatz schlendert. Eigentlich sei er gegen die Wehrpflicht. Doch „durch den übertriebenen Feminismus“ sei er nun für gleiche Pflichten – mit einer Ausnahme: „Nicht für meine Töchter!“ Auch Olaf und Dirk, beide um die 50, sprechen sich für Gleichberechtigung aus. Begeisterung löst die Idee einer Wehrpflicht für beide Geschlechter bei kaum jemandem aus. Als mögliches Vorbild gilt manchen das schwedische Modell – ein System, das Männer und Frauen gleichermaßen erfasst, aber nur einen Teil tatsächlich einzieht.
Was ist Ihre Meinung zur Wehrpflicht für Frauen? Gleiche Pflichten für alle – oder sollten zum Dienst an der Waffe nur Männer verpflichtet werden? Wir freuen uns auf Ihre Zuschriften per Mail an leser-bk@berlinerverlag.com.