Chaos im Südosten Berlins: Am Morgen fiel in mehreren Ortsteilen der Strom komplett aus. Betroffen waren unter anderem Schöneweide, Johannisthal und Adlershof. Grund: ein Brandanschlag auf zwei Strommasten, mehrere Umspannwerke fielen aus. Keine S-Bahn fuhr, keine Ampel funktionierte, kein Licht brannte. Mit Hochdruck wurde den ganzen Tag über an der Behebung des Schadens gearbeitet, Aber am Dienstagabend waren immer noch 25.000 Haushalte ohne Strom. Und das könnte auch noch bis Donnerstag so bleiben.
„Das wird ein schwieriger Morgen und Vormittag für den Südosten Berlins: Es gibt einen schweren Stromausfall!“, verkündete am frühen Morgen die Verkehrsinformationszentrale auf X. „Die S-Bahnen und Straßenbahnen fahren in Schöneweide, Johannisthal und Adlershof nicht, Ampeln sind ausgefallen, auch Haushalte sind betroffen.“ Zwei sogenannte Endmasten brannten gegen 3.30 Uhr. Dort enden Freileitungen, die tief in die Erde geleitet werden. Die Polizei bestätigte gegenüber dem KURIER, dass es sich vermutlich um einen politisch motivierten Brandanschlag von Extremisten handelt.

Bekennerschreiben bei „Indymedia“
Dafür spricht auch ein Bekennerschreiben, das am Nachmittag auf der linksradikalen Internetseite „Indymedia“ auftauchte. Darin heißt es, der Anschlag habe sich gegen den Technologiepark Adlershof im Südosten Berlins gerichtet: „Zwei 110KV Strommasten in der Königsheide in Johannisthal wurden durch Brandstiftung der Saft abgedreht und damit ein Blackout im Technologiepark verursacht.“ Man wollte damit „den technologischen Angriff sabotieren - dem militärisch-industriellen Komplex den Saft abdrehen!“ Die Polizei prüft das Schreiben gegenwärtig.
Durch den Anschlag kam es zu einem Stromausfall in Teilen von Altglienicke, Grünau, Adlershof, Spindlersfeld, Johannisthal und Oberschöneweide.
#Einsatzinfo
— Polizei Berlin (@polizeiberlin) September 9, 2025
In der vergangenen Nacht kam es durch Brandstiftung an zwei Hochspannungsmasten in #Johannisthal zu einem #Stromausfall. Betroffen sind Teile von #Altglienicke, #Grünau, #Adlershof, #Spindlersfeld, #AltJohannisthal und #Oberschöneweide.
👉 Einsatzkräfte der…
In den Umspannwerken Moissistraße, Wegedornstraße und Fernheizkraft Neukölln kam es laut B.Z. wegen des Brandes zu einem Ausfall der Umspannwerke. Ein Sprecher von Stromnetz Berlin bestätigt gegenüber dem KURIER, dass im Bereich Johannisthal etwa 50.000 Menschen ohne Strom seien. Der Schaden sei vergleichbar mit dem großen Stromausfall in Köpenick vor sechs Jahren, sagt der Sprecher. Damals waren Zehntausende Köpenicker 30 Stunden ohne Strom.

Unser Reporter vor Ort berichtet, dass die Brandstifter um die Kabel der Strommasten im Bereich Königsheideweg/Späthsfelder Straße Stahlketten gewickelt hätten – und dann wären die Kabel angezündet worden, sodass es zu einem Kurzschluss kam, nachdem die Isolierung geschmolzen war.

Zumindest für 14.000 Haushalte gibt es eine gute Nachricht. Dort kommt wieder Strom an, weil Stromnetz Berlin alte Kabel, die außer Betrieb waren, wieder unter Spannung setzen konnte. Doch Zehntausende blieben weiter ohne „Saft“. „Die Reparatur wird mehr als ein paar Stunden dauern“, sagt Erik Landeck, Vorsitzender der Geschäftsführung der Stromnetz Berlin. „Wir werden heute nicht damit fertig werden.“
Glück hatten am späten Mittwochnachmittag weitere 3.000 Stromkunden, die wieder ans Netz gebracht werden konnten. In einer Mitteilung von Stromnetz Berlin hieß es weiter: „Unsere Kolleginnen und Kollegen arbeiten zusätzlich an einer Zwischenlösung, um in den heutigen frühen Abendstunden weitere 2.000 Kunden wieder zu versorgen.“ Aber 31.000 Kunden würden weiter ohne Strom bleiben, bis die Not-Reparaturen abgeschlossen seien.
Am Abend sagte Erik Landeck, Geschäftsführer von Stromnetz Berlin, in einer RBB-Sondersendung, dass weitere Haushalte wieder Strom hätten, noch rund 25.000 Haushalte noch vom Stromausfall betroffen wären.
Um auch diese wieder mit Strom versorgen zu können, seien Reparaturen nötig. Dazu müssten unter anderem die Straße am betroffenen Strommast aufgegraben und auf einer längeren Strecke Stromkabel freigelegt werden.
Stromnetz Berlin: Strom erst wieder am Donnerstag?
Tausende Haushalte werden danach voraussichtlich auch den gesamten Mittwoch ohne Strom sein. Schlimmstenfalls würde die Wiederversorgung erst wieder im Laufe des Donnerstags funktionieren, hatte ein Sprecher von Stromnetz Berlin am Nachmittag gesagt.
Vor Beginn der Arbeiten hatte der Staatsschutz ermittelt, und es war unklar, wann die Mitarbeiter von Stromnetz an die Kabel dürfen. „Wir wissen noch nicht, wann sie heute Nachmittag rankommen“, hatte Geschäftsführer Erik Landeck gesagt. Der Asphalt muss aufgerissen und 1,80 Meter tief gebuddelt werden. Es müssen sehr viele Verbindungen geschlossen werden, fast unter Reinraumbedingungen. „Sehr aufwendig, es kann auch Tage dauern“, heißt es.

Die größte Befürchtung: Dass die Maste nicht mehr standfest sein könnten. „Den Mast zu erneuern, würde Tage oder Wochen dauern“, sagt der Stromnetz-Chef.
Folgende Straßenbahnlinien sind betroffen
Tram 63: Fährt seit 5.29 Uhr nicht zwischen Müggelheimer Straße/Wendenschloßstraße und Landschaftspark Johannisthal bzw. S-Bahnhof Schöneweide.
Tram 68: Die Linie fährt seit 5.29 Uhr nicht zwischen S-Bahnhof Grünau und Müggelheimer Straße/Wendenschloßstraße.
Tram M17: Die Linie fährt nicht zwischen S-Bahnhof Schöneweide und S-Bahnhof Adlershof.
Folgende S-Bahn-Linien sind betroffen
Die S-Bahn meldet, dass es auf den Linien S8, S85, S9, S45, S46, S47 und S9 wegen des Ausfalls der Energieversorgung im Bereich Schöneweide zu Verspätungen und Ausfällen kommen kann.
Um 7.27 Uhr meldete die S-Bahn via X, dass die Züge wieder ohne Einschränkungen fahren würden. Doch die „Einrichtungen auf den Bahnhöfen (Lautsprecheransagen, Anzeigen, Fahrkartenautomaten) sind noch vom Stromausfall betroffen.“

Das Bürgeramt in der Rudower Chaussee bleibt geschlossen, auch die Post im gleichen Gebäude hat geschlossen, berichtet die Berliner Morgenpost. In einigen Schulen fällt der Unterricht aus.
Notruf ausgefallen: Telefonverbindungen sind gestört
Die Berliner Polizei warnt vor weiteren Einschränkungen durch den Stromausfall im Südosten der Stadt. „Bitte beachten Sie: Durch den Stromausfall können auch Mobilfunk- und Festnetzverbindungen gestört sein“, teilt die Polizei auf der Plattform X mit. In dringenden Notfällen solle man sich daher auch direkt an die nächstgelegene Polizeidienststelle oder Feuerwache wenden. „Bleiben Sie aufmerksam, helfen Sie ggf. Nachbarinnen bzw. Nachbarn und wählen Sie den direkten Weg zur nächsten Wache, falls ein Notruf nicht möglich ist“, rieten die Ermittler. Auch die Feuerwehr meldet, dass der Notruf 112 im Gebiet teilweise ausgefallen ist.
Innensenatorin Iris Spranger (SPD) schickt Lautsprecherwagen in die vom Stromausfall betroffenen Ortsteile in Treptow-Köpenick. Sie sollen „die Bevölkerung unter anderem über Anlaufpunkte informieren“, da auch die Notrufnummern gestört sind. Am Nachmittag werde sie selbst vor Ort sein, sagte Spranger. „Ich habe mit dem Bezirksbürgermeister vereinbart, dass wir heute noch zwei Katastrophenschutz-Leuchttürme in dem vom Stromausfall betroffenen Gebiet aufbauen und in Betrieb nehmen.“
Senatorin an die Täter: „Wir kriegen euch!“
Die Innensenatorin bezeichnete den Brandanschlag als Respektlosigkeit anderen Menschen gegenüber. „Ich verurteile das aufs Schärfste, dass man so respektlos mit Leben anderer umgeht“, sagte die SPD-Politikerin. „Es geht hier auch um Menschen, die unsere Hilfe brauchen. Wir haben Menschen, die sind darauf angewiesen, dass ihnen jeden Tag Hilfe zukommt.“
Infolge des Stromausfalls mussten mehrere Menschen von Pflegeheimen in Krankenhäuser verlegt werden, um ihre Beatmung sicherzustellen. „Das dürfen wir auch als Gesellschaft nicht dulden“, sagte Spranger. An die Täter gerichtet sagte sie: „Wir kriegen euch!“(mit dpa)





