Von einer Minute auf die andere stürzte ein Brandanschlag schon am Dienstag Teile von Berlin ins Chaos. Plötzlich waren Zehntausende Haushalte ohne Strom, plötzlich funktionierten keine Kühlschränke mehr, keine Fernseher, keine Computer – und auch bei den öffentlichen Verkehrsmitteln und in den Supermärkten gab es ordentlich Stress. Aber: wie war der Stromausfall aus der Sicht von jemandem, der es miterlebt hat? Unser Kollege Götz Fahlke gehört zu denen, die nach dem Brandanschlag keinen Strom haben. Er berichtet, wie das Leben ohne Strom seinen Alltag verändert hat.
Stromausfall in Berlin: am Morgen liegt die Wohnung in tiefem Schwarz
Vorgestern um kurz nach fünf bleibt in unserer Altglienicker Wohnung die Uhr stehen – und mit ihr unser Alltag. Als meine Frau um 5.30 Uhr aufsteht, liegt die Wohnung in tiefem Schwarz. Kein Licht in den Zimmern, kein Brummen vom Kühlschrank, überall nur Stille. Wir gucken aus dem Fenster: Die Schönefelder Chaussee ist eine dunkle Schneise, in der Siriusstraße gegenüber kein einziger Lichtpunkt. Auch in den Nachbarhäusern bleibt es finster, als hätte jemand die Stadt ausgeknipst.

Im WBS-70-Bad ohne Fenster ersetzt meine Handykamera die Beleuchtung. Das hilft, ist aber umständlich – besonders, wenn jede Minute zählt. Gott sei Dank funktioniert unsere Dusche. Wir tasten uns durch den Flur, stoßen an bisher nie wahrgenommene Kanten, suchen unsere Jacken und Schlüssel zusammen. Zum Glück liegt in einem Schrank noch ein kleines Batterieradio. Ein Dreh, ein Knistern, dann hören wir die ersten Meldungen: großflächige Störung, Ursache unklar.
Der Fahrstuhl ist außer Betrieb – und die BVG-Linien melden Verspätungen
Gegen 6.20 Uhr wird es heller über den Dächern, die Konturen tauchen wieder auf. Um 7.40 Uhr müssen wir los. Der Fahrstuhl bleibt außer Betrieb, also laufen wir die Treppen runter. Draußen ist alles anders als sonst: Die Schönefelder Chaussee ist komplett zugestaut, die BVG-Linien 164 und 260 melden starke Verspätungen. Ich steige um, laufe ein Stück und schaffe es am Ende doch fast rechtzeitig in den Verlag. Abends dann der erste Aufatmer: In unserem Haus brennt wieder Licht.
Doch die Netze hängen hinterher. Internet und Kabel-TV ruckeln, Seiten laden zäh, Sender brechen ab. „Bis wann?“, fragt der Nachbar im Treppenhaus. Niemand weiß es. Während manche Straßenzüge weiter auf Strom warten, tastet sich der Rest durch den Schatten des Normalbetriebs. Der Ausfall, der vorgestern um 5.10 Uhr begann, hallt nach – und für viele hält er immer noch an. Der Tag lehrt, wie sehr Berlin an Leitungen hängt: an Kabeln, die wir selten sehen, und an Routinen, die wir bisher für selbstverständlich hielten.