Berlin im Dunkeln, Adlershof wie ausgestorben – und mitten drin ein Hotel, das einfach weitermacht. Seit mehr als 48 Stunden ist in Teilen des Südostens der Hauptstadt der Strom weg. Doch im Airport Hotel brennt noch Licht. Dank zweier Frauen, die nicht aufgeben: Anja Landvoigt und Cathleen Wunderlich.
Dienstag, fünf Uhr morgens. Ein Anruf reißt Hotelleiterin Wunderlich aus dem Schlaf: Stromausfall. Ihr erster Gedanke: „Wird schon nicht so schlimm sein.“ Doch als sie am Hotel ankommt, überall Blaulicht. Polizei, Feuerwehr, dunkle Straßen. Erst da wird klar: Es ist ernst. Unbekannte hatten an zwei Hochspannungsmasten Feuer gelegt. Zehntausende Haushalte waren danach ohne Strom. Keine Ampeln, keine Straßenbeleuchtung, sogar Notrufnummern fielen zeitweise aus. Die Polizei ermittelt wegen Brandstiftung und sagt, dass„eine politische Tatmotivation nicht ausgeschlossen werden kann“.
Teller mit der Hand gespült
Für das Airport-Hotel die große Bewährungsprobe. Aufgeben? Keine Chance! Vier Notstromaggregate werden besorgt, 150 Taschenlampen, dazu Hilfe von einem befreundeten Hotel in Grünau, das Kaffee bringt und Lebensmittel kühlt. Der Abwasch bleibt trotzdem im Haus. Fünf Stunden schuften die Mitarbeiter, Teller, Tassen und Besteck von Hand zu spülen.
Und die Gäste? Sie bleiben. Manche zögern zwar kurz, reisen dann aber doch an. Hans-Peter Mascha aus München etwa: „Das Einzige, was mir Sorge bereitet, ist die kalte Dusche.“ Warmes Wasser fehlt derzeit nicht nur im Hotel, sondern in Tausenden Haushalten. Draußen ist Adlershof eine Geisterstadt. Läden, Banken, Arztpraxen dicht, Zettel an den Türen: „Wegen Stromausfall geschlossen.“ Umso größer das Erstaunen der Polizei, als Landvoigt beim Betanken der Generatoren von 20 Beamten angehalten wird. Sie konnten kaum glauben, dass das Hotel noch geöffnet ist.
Der Blackout ist der längste seit mindestens 25 Jahren. 2019 war in Köpenick nach 30 Stunden wieder alles vorbei. Diesmal dauert es schon doppelt so lang. Stromnetz Berlin verspricht: Bis Donnerstagabend soll wieder überall Licht brennen. Doch Landvoigt und Wunderlich machen weiter. Trotz Schlafmangel, trotz Sorgen. Denn die Hotellerie kämpft ohnehin – mit hohen Flugpreisen, der Berliner City Tax und weniger Touristen. Als Teil der Bürgermeister-Reuter-Stiftung wollen sie außerdem soziale Projekte weiter unterstützen.
Und bald soll gefeiert werden: Am 25. September plant das Hotel die Eröffnung einer neuen Bar. Eingeladen ist der ganze Kiez. Bis dahin gilt das Motto: „Wir tun es für unsere Mitarbeiter. Und wir tun es für Berlin.“ Zwei Frauen, ein Hotel – und ein ganzes Viertel, das staunt: So sieht Durchhaltevermögen im Blackout aus.