Das Chaos bei der S-Bahn Berlin wird größer. Signalanlagen machen fast täglich schlapp und legen den Zugverkehr auf der Stadtbahn lahm. Aber auch auf der wichtigen Nord-Süd-Verbindung kommt es zu massiven Ausfällen und Verspätungen. Hier sind es nicht marode Stellwerke, sondern die Züge der S2. Sie machen schlapp, weil sie in einem sehr störanfälligen Alter sind, wie jetzt Senat und Bahn zugeben.
Die Linie S2 führt 46 Kilometer von Bernau durch Pankow, Mitte, Kreuzberg, Schöneberg nach Mahlow und Blankenfelde (Brandenburg). Doch auf der Strecke geht es schon lange nicht mehr so zügig zu, so wie es sich die Fahrgäste wünschen. Die Gründe erfuhr jetzt der Berliner CDU-Abgeordnete Johannes Kraft.
Der Verkehrsexperte richtete eine Anfrage an den Senat, in der es um Zugverspätungen und -ausfälle geht, die auf der S2 an der Tagesordnung sind. Warum das so ist? Die Antwort, die Kraft jetzt von Senat und der Bahn bekam und dem KURIER vorliegt, lässt aufhorchen.
Demnach kommt es auf S2 regelmäßig zu Verspätungen. 26.048 waren es 2023, ein Jahr später fast 27.000. Tendenz steigend: In diesem Jahr wurden bis Ende Juli bereits 15.400 Verspätungen gemeldet.
S-Bahn Berlin: Über 32.000 Zugausfälle seit 2023
Die Zugausfälle auf der S2 nerven die Fahrgäste besonders – vor allem, wenn die nächste Bahn erst in 20 Minuten kommt und der Zug voll ist.
Auf der S2 fielen 2023 insgesamt 11.566 S-Bahnen komplett oder teilweise aus, 2024 gab es 13.932 Ausfälle. Mit anhaltender Tendenz: Laut Bahn gab es dieses Jahr auf der S2 schon 6800 Ausfälle (Stand: 31. Juli 2025).

In der Liste der fünf Hauptursachen für die Verspätungen und Ausfälle auf der S2 stehen keine Signalstörungen, sondern Schäden am Triebfahrzeug (Antriebs- oder Türstörungen) auf Platz 1. 2511 Mal passierte dies zwischen 2023 und Ende Juli 2025.
Auch auf Platz 2 folgen technische Probleme am Zug, die S-Bahnen nicht zuverlässig fahren lassen. Zwischen 2023 und Ende Juli 2025 mussten 2073 Mal Züge etwa wegen eines Triebfahrzeugschadens oder wegen Instandhaltung außerplanmäßig aus dem Verkehr gezogen werden.
Erst auf Platz 3 wird fehlendes Personal (etwa aus Krankheitsgründen) als Störgrund genannt (1883 Mal). Zugverspätungen und -ausfälle wegen Fremdeinwirkungen (Kabeldiebstahl, Personen auf Gleisen, Vandalismus) gab es 1220 Mal. Mit nur 671 Fällen in zweieinhalb Jahren landen die berühmten Signalstörungen auf den letzten Platz der Top-5-Pannenliste.
25 Jahre im Einsatz: S-Bahnen auf der S2 sind in einem störanfälligem Alter
Fazit: Auf der S2 machen also vor allem die Züge schlapp. Das gibt Bahn in der Antwort an den CDU-Verkehrsexperten auch zu. „Auf der Linie S2 setzt die S-Bahn Berlin … ausschließlich die Baureihe 481 ein. Diese ist mit 500 Vollzügen (1000 Wagen) das Herzstück der Fahrzeugflotte der S-Bahn Berlin. Allerdings befinden sich die Fahrzeuge mit einem Durchschnittsalter von rund 25 Jahren in der Phase des Lebenszyklus, in der technische Störungen zunehmen und das Aufspüren von deren Ursachen sowie das Ableiten von Maßnahmen zur Beseitigung sehr aufwändig ist.“
In Ermangelung neuer Züge versucht die Bahn mit dem Projekt „Langlebigkeit BR481“ die 481er Züge auf Vordermann zu bringen. „Weitere Maßnahmen zur technischen Stabilisierung werden im Rahmen des täglichen Instandhaltungsgeschäfts erarbeitet, erprobt und umgesetzt. Dabei wird auch auf die Expertise von externen Fachleuten zurückgegriffen“, heißt es.

CDU-Verkehrsexperte Johannes Kraft sieht noch ein ganz anderes Problem auf der S2 zurollen. Es sind allgemein zu wenig Züge für immer mehr werdende Fahrgäste im Einsatz.
Die Verkehrsverwaltung von Senatorin Ute Bonde (CDU) rechnet im Abschnitt zwischen Bornholmer Straße und Pankow mit einer Nachfrageerhöhung um 50 Prozent bis 2035. Man könne den Bedarf auffangen. Denn neben der S2 „fahren dort zwei weitere Linien, wovon die S26 künftig die S2 bis Buch direkt verstärken soll“, so die Behörde in der Antwort.

Aber das wird nicht reichen. Offenbar denkt man nicht „an die großen Wohnsiedlungen, die in den nächsten zehn Jahren in Buch, Karow und Blankenfelde entstehen sollen“, sagt Kraft. Es werden also noch mehr Menschen Bedarf an der S2 haben. „Und wenn man will, dass die Berliner auf das Auto verzichten sollen, muss man ihnen auch ein vernünftiges Nahverkehrsangebot machen“, so Kraft.






