„Person gerät vor einfahrende U-Bahn und stirbt“, so lautet eine Blaulichtmeldung am Dienstagmorgen. Ein schrecklicher Vorfall soll sich am Montagabend am U-Bahnhof Neukölln ereignet haben. Gegen kurz nach neun Uhr kommt ein Riesenaufgebot an Helfern zum U-Bahnhof. Eine Person soll dort vor eine einfahrende U-Bahn geraten sein.
Auch der in Berlin-Buch stationierte Rettungshubschrauber „Christoph 100“ wird zur Einsatzstelle alarmiert und sorgt für ein Verkehrschaos rund um den U- und S-Bahnhof Neukölln. Der komplette Straßenverkehr rund um den Bahnhof kommt wegen der Sperrung zum Stehen. Zeitungen berichten, die verunfallte Person sei noch vor Ort verstorben.
Den Toten unter der U-Bahn gab es nicht
Doch ein Anruf bei der Berliner Polizei fördert eine ganz andere Geschichte zutage. „Es ist nicht so, wie es scheint“, sagt ein Polizeisprecher dem Berliner Kurier. Es habe am Abend zwar einen Notruf mit dem Verdacht, es befinde sich eine Person unter dem Zug gegeben. Vor Ort bot sich den alarmierten Rettern dann aber folgendes Bild: Ein Mann soll ins Gleisbett geklettert sein, um dort Zigarettenstummel aufzusammeln, berichteten Augenzeugen. Als er den sich nähernden Zug bemerkte, kletterte der Unbekannte nicht wieder auf den Bahnsteig, sondern rollte sich offenbar unter einen Zwischenraum unter der Bahnsteigkante.
„Später entfernte sich der Mann unerkannt im allgemeinen Trubel“, so der Polizeisprecher. Inzwischen war aber eine ganze Armada an Rettern alarmiert worden. Darunter auch der Rettungshubschrauber „Christoph 100“ aus Buch.
Hubschrauber kommt, wenn am Boden kein Notarzt verfügbar ist
Ein Hubschrauber mit Notarzt an Bord häufig dann alarmiert, wenn kein Notarzt am Boden in der Nähe verfügbar ist. Oft muss die Berliner Feuerwehr etwa einen „Ausnahmezustand Rettungsdienst“ ausrufen, wenn nämlich über 80 Prozent der Rettungswagen (RTW) ausgelastet sind und deshalb die vorgegebene Zeit vom Notruf bis zum Eintreffen der ersten Helfer nicht mehr gehalten werden kann. Denkbar ist aber auch, dass die Leitstelle, die den Hubschrauber aus Buch anforderte, einen schnellen Transport in eine Spezialklinik ermöglichen wollte.
Eine Minute Heli-Einsatz kostet 130 Euro
Dabei ist ein Notarztzubringerflug teuer, kostet Tausende. Eine Minute im Einsatz liegt bei derzeit 130 Euro, schreibt die Berliner Zeitung. Und es kommt gar nicht so selten vor, dass die Notfälle keine sind, wie im aktuellen Fall. Der Bericht der Berliner Zeitung listet etwa Bagatell-Einsätze wegen gebrochener Arme auf, oder das gleichzeitige Eintreffen von zwei Notärzten, die dann nur ein Medikament verabreichen. Auch an der Warschauer Straße war der Heli erst im Mai völlig sinnlos im Einsatz: Der angebliche Patient war nach Straßensperrung, und Landung nicht mehr aufzufinden.
Zahlen müssen den Hubschrauber-Einsatz die Krankenkassen, die sich gegen die Einrichtung des neuen Hubschrauber-Platzes am Helios-Klinikum in Buch ausgesprochen hatten, und damit die Bevölkerung. Besonders bitter: Der neue Hubschrauber in Berlin ist mit vier Millionen Euro pro Jahr besonders teuer gewesen. Die Stadt hat ihn mit Seilwinde geordert, wie man sie zur Bergrettung braucht. Neben dem Notarzt, dem Piloten und dem Assistenten muss daher noch ein viertes Besatzungsmitglied bezahlt werden – das ganze Jahr über. Ob der Hubschrauber fliegt oder nicht.
Obwohl laut Statistiken des ADAC die Einsätze von Rettungshubschraubern generell rückläufig sind, rückt der Hubschrauber aus Buch überdurchschnittlich oft aus. Wie viel Rettungskapazität aus der Luft Berlin neben den Lande-Plätzen in Marzahn und Steglitz überhaupt gebraucht wird, weiß aber keiner. „Der Bedarf wurde in einem ‚internen Arbeitsdokument‘ ermittelt“, schreibt die Feuerwehr 2022 der Berliner Zeitung. Eine Statistik darüber, wie oft der Hubschrauber pro Jahr sinnlos im Einsatz ist, gibt es nicht. ■