Er ist derzeit sehr gefragt. Der Osterhase, der als teuer gewordenes Schokotier massenweise in den Regalen der Supermärkte zu finden ist. Als echter Feldhase hat er es dagegen in der freien Wildbahn schwer, steht auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tiere. Auch in Berlin gibt es nicht mehr viele Exemplare. Aber: In Lichtenberg ist der echte Osterhase als Feldhase noch zu Hause!
Dabei ist es überhaupt schon ein Wunder, dass Meister Langohr in einer Großstadt wie Berlin zu finden ist. Denn der Feldhase ist ein furchtsamer Geselle, scheut die Gesellschaft der Menschen. Doch seit über 20 Jahren wird der Osterhase wieder vermehrt in der Hauptstadt gesichtet, berichtet der Naturschutzbund Nabu Berlin.
Und wo der Mümmelmann herum hopst, weiß Berlins Wildtierexperte Derk Ehlert ganz genau. „Die Feldhasen-Hotspots befinden sich unter anderem in Blankenfelde, Gladow, Lübars, Marzahn-Hellersdorf und in Treptow-Köpenick, dort besonders in Johannisthal“, sagt er dem KURIER. „Aber der Großteil lebt mitten in einem Siedlungsgebiet – in Lichtenberg.“

Über 100 Feldhasen haben in Berlin ihr Revier, schätzt Ehlert. „Und über 50 von ihnen sind in den Lichtenberger Wohngebieten unweit des Tierparks zu finden. Dass es dort so viele Feldhasen gibt, hat aber nichts mit dem Tierpark zu tun.“
Denn der Hunger und sein Feinschmeckersinn lässt nun Meister Langohr auf den Grünanlagen zwischen Plattenbauten, Tierpark und Altbauten herumhoppeln. Hier findet er noch die Kräuter und Gräser, die dem wahren Osterhasen so munden. „Der Feldhase ist schon ein ausgesprochener Feinschmecker“, sagt Ehlert.
Vor allem sind die Grünflächen im Großstadthäusermeer noch unbelastet. Sie wurde jahrzehntelang nicht gedüngt, wie die Felder in Brandenburg, wo man den Feldhasen eigentlich vermuten sollte. Doch genau das ist nicht der Fall.
In Brandenburg gibt es bundesweit die wenigsten Feldhasen
In Brandenburg ist die Feldhasen-Dichte im bundesweiten Vergleich besonders niedrig. Etwa 60.000 Langohren lebten laut einer Schätzung dort. Das entspreche sechs Feldhasen pro Quadratkilometer, sagte Grit Greiser, Obfrau für Artenschutz beim Landesjagdverband Brandenburg. Bundesweit wurden vergangenes Frühjahr durchschnittlich 19 Hasen pro Quadratkilometer gezählt.
Die Landwirtschaft macht dem Hasen in Brandenburg zu schaffen. Der Einsatz von Chemie als Pflanzenschutzmittel machen ihm die Kräuter und Gräser kaputt, die er zum Überleben braucht. Und wo er keine Nahrung findet, verschwindet der Hase und zieht in die Großstadt, wo er auf Grünflächen das findet, was ihm schmeckt.

Ein weiterer Aspekt kommt dazu: Hunderte Tiere werden jährlich getötet – und nicht nur, weil der Feldhase in Brandenburg vom 1. Oktober bis 31. Dezember gejagt werden darf. Die Bejagung „erfolgt seit Jahren sehr zurückhaltend und zumeist aus Forstschutzgründen“, heißt auf der Internetseite der Landesregierung. Im Jagdjahr 2019/2020 lag die Jagdstrecke, also die Zahl umgekommener oder getöteter Tiere, bei 2.477 Feldhasen. Davon gingen jedoch 60 Prozent auf das Konto des Straßenverkehrs. Die Streckenzahlen enthalten auch immer das Fall- und Unfallwild, dessen Anteil in der Regel bei etwa zwei Dritteln liegt.
Auch in Berlin findet der Osterhase nicht überall sein Glück
In der Hauptstadt hat da der Feldhase Glück. „Er darf nicht gejagt werden, gilt als ganzjährig geschont“, sagt Wildtierexperte Ehlert. Warum gibt es dann aber nur etwa 100 Exemplare in Berlin, wenn sich der Feldhase bei uns so sicher fühlt?
Allein seine Hotspots zeigen, dass er nicht überall seine pflanzlichen Leckereien bekommt. Immer mehr Naturbrachen an Stadtrand werden in Berlin als Bauland versiegelt, weil die Metropole immer mehr Wohnungen braucht.
20.000 sollen pro Jahr neu entstehen. Da drohen so manche schöne Biotope dem Bauwahnsinn zum Opfer zu fallen. So will der Senat in Berlin-Buch auf dem Moorlinse-Areal, wo viele Tiere zu Hause sind, ab 2026 bis zu 2700 Wohnungen bauen.

Der schlimmste Feind des Osterhasen ist der Mensch. Seine Fressfeinde wie Marder, Füchse oder Waschbären, die es auch in der Hauptstadt immer mehr gibt, lassen den Mümmelmann sowie auch die Wildkaninchen in Ruhe. In den Bio- und Abfalltonnen der Berliner finden diese genug Leckereien.
Oft begeht der Mensch unabsichtlich Fehler und vergrault damit das beliebte Ostertier aus seinem Revier. Darum bittet Wildtierexperte Ehlert die Hundebesitzer, dass sie darauf achten, dass ihre in Hundeauslaufgebieten frei laufenden Lieblinge keine Jagd auf Hasen veranstalten.
Denn das kann für den Hasen unter Umständen tödlich enden. Etwa, wenn ein großer Hund mit seinen Zähnen einen Hasen unabsichtlich reißt. Der Hauptgrund: Die Langohren sind nun einmal ängstlich. Werden Hasen durch Hunde aufgescheucht, verlassen sie ihr vertrautes Revier.
Wann man den Osterhasen etwa beim Osterspaziergang am besten sieht? In den Morgen- und Abendstunden ist er unterwegs. Und gerade jetzt können Berliner mit viel Glück ein Spektakel erleben. Denn die Feldhasen haben Paarungszeit, Weibchen und Männchen vollführen ihren Paarungstanz.
Auch dabei sollte man die Tiere nicht stören. Denn klappt es mit der Hasenliebe, kann Berlin bald mehr Hasen haben. Eine Häsin bekommt bis zu dreimal im Jahr ein bis fünf Junge – meistens sind es zwei bis drei Junghasen pro Wurf. ■