Der Tierpark Berlin – sein Direktor Andreas Knieriem (59) ist in Feierlaune. 70 Jahre wird im Sommer der größte Landschaftszoo Europa, der in Berlin-Friedrichsfelde zu Hause ist, alt. Um die Besucher auf die Feierlichkeiten einzustimmen, holt Knieriem jetzt eine Legende zurück, die die Geschichte des Tierparks auf eine ganz besondere Art prägte.
Als am 2. Juli 1955 Prof. Dr. Dr. Heinrich Dathe den Tierpark im Osten Berlins eröffnete, da konnte er gerade einmal 400 Tiere (heute sind es über 8400 Tiere) vorweisen. Zu der ersten tierischen Attraktion gehörte ein Kamel. Zu den schönsten Traditionen, die der Gründungsdirektor Dathe einführte, gehörten die Tierpark-Plakate, die überall in der DDR-Hauptstadt hingen und die Menschen zum Besuch in das Tierparadies animierten.
Mit Plakaten: Eine Reise in die Tierpark-Geschichte
So manche Motive sind bei den Berlinern und Tierpark-Fans bis heute unvergessen. Etwa die Moschusochsen von 1964 oder der Sumatra-Tiger, der 1966 für das noch neue Alfred-Brehm-Haus warb. Das Nashorn von 1969, die Schneeziege (1984) oder die Elefanten von 1986 zählen ebenso dazu.

Alle diese Plakate, die es von 1955 bis 2013 gab: Sie sind jetzt auf der Bühne vor dem Tierpark-Restaurant Kakadu in der Ausstellung „70 Jahre Plakatkunst“ zu sehen. „Mit der Ausstellung der beliebten Plakate möchten wir die Geschichte des Tierparks aus einer anderen, künstlerischen Perspektive beleuchten und sichtbar machen“, sagt Direktor Knieriem.
Die erwähnten legendären Plakat-Motive gehören natürlich auch zu der Schau. Sie stammen alle von Reiner Zieger (85). Der Mann ist als Tierpark-Zeichner selber eine Legende. Insgesamt 17 Plakate schuf er für die Anlage in Friedrichsfelde. Seine Tierbilder waren dort und auch im Berliner Zoo auf den Informationstafeln zu sehen.

16 Jahre war Zieger alt, lebte in Wurzen (Sachsen), als der Tierpark in Berlin eröffnete. Damals zeichnete er schon. „Ich besuchte Tierschauen im Zirkus, war im Leipziger Zoo und zeichnete die Tiere“, sagt Zieger dem KURIER, der heute in Brandenburg lebt. Meistens waren es Elefanten, die Lieblinge des Zeichners.
Aus der Leidenschaft wurde dann ein Beruf. 1957 kam Zieger nach Berlin, studierte wissenschaftliche Grafik an der Fachschule für Werbung und Gestaltung in Oberschöneweide. Das Praktikum absolvierte er im Tierpark.

„Dort traf ich auf Dathe“, sagt Zieger. „Ihm gefielen meine Arbeiten und stellte mich als akademischer Zeichner ein. Dathe erfand quasi eine Stelle für mich, die für den Tierpark eigentlich nicht vorgesehen war.“ Zieger fing 1961 in der zoologischen Forschungsstelle an, dem heutigen Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung.
Reiner Zieger: Er wurde als Tierzeichner vom Tierpark zur Legende
Bis 1970 zeichnete Zieger als festangestellter „Tierparkmaler“ Löwen, Nashörner oder Affen für Broschüren, Schautafeln und den Plakaten. „Dathe durfte diese sogar kostenlos aufhängen“, sagt der Zeichner.
Nach der Festanstellung macht Zieger als Freiberufler weiter. Seine Arbeiten waren nicht nur im Tierpark Berlin gefragt. In Ost und West wollte man Ziegers einzigartige Kunst des Tierzeichnens. Und so durfte er vor dem Mauerfall für den Zoo im Westen Berlins arbeiten.

Zieger illustrierte Kinder- und zahlreiche Angelbücher. Allein für die Jugendbuchreihe „Was ist was“ des Nürnberger Tessloff-Verlages schuf er über 20 Bücher. „Ich glaube, es gibt kein Tier, das ich nicht gezeichnet habe“, sagt Zieger.
1981 erfüllte sich sein größter Traum: Er durfte nach Afrika reisen, ging dort mit Block und Bleistift bewaffnet auf Safari, um seine geliebten Elefanten in der freien Wildbahn zu zeichnen. Der Zoologe Bernhard Grzimek machte die Reise möglich. „Und Tierpark-Direktor Dathe bürgte für mich, dass ich von dieser Reise auch wiederkomme“, sagt Zieger.

Mehrere Afrika-Reisen folgten. Daraus entstand gerade Ziegers jüngster Bildband „Endlos ziehende Herden“ (erschienen im Verlag Natur + Text).
Reiner Zieger gehört als Tierzeichner als einer der letzten seiner Zunft. Stift und Pinsel hat er aber noch nicht aus der Hand gelegt. „Wenn ich im Tierpark bin, mache ich Ab und Zu Skizzen, eigentlich nur so für mich“, sagt Zieger. Aber für den Tierpark Berlin hat er noch einmal ein Plakat gemacht.
Darauf ist ein …: Pssst – nix wird verraten! Das Plakat soll eine Überraschung zum 70. Tierpark-Geburtstag und am 2. Juli feierlich überreicht werden.
Liebe Leser, welche Erinnerungen oder Erlebnisse haben Sie an den Berliner Tierpark? Welche Geschichten haben Sie erlebt oder waren sogar beim Aufbau dabei? Schreiben Sie uns an leser-bk@berlinerverlag.com ! ■