Um an Westgeld zu kommen, tat die DDR fast alles. Möbel, Kittelschürzen, Küchengeräte, Medikamente, Lebensmittel, die im Arbeiter- und Bauernstaat produziert wurden, gingen in die Bundesrepublik und andere westeuropäische Staaten. Mit politischen Gefangen machte man ebenfalls Geld. Und man mag es kaum glauben – sogar Feldhasen wurden an den Westen gegen harte Devisen verscherbelt.
Die Mark der DDR: Mit den wertlosen Alu-Chips aus dem Osten konnte man nun wirklich nicht auf dem Weltmarkt einkaufen. Da waren D-Mark und US-Dollar gefragt. Genau die brauchte die DDR, um etwa an Rohstoffe (wie Kaffee) oder technische Waren zu kommen, die die sozialistischen Bruderländer nicht liefern konnten. Mit fast zehn Milliarden US-Dollar stand die DDR bereits in den 70er-Jahren bei westlichen Banken im Minus, heißt es in einem damaligen Stasi-Bericht.
Und so kam der verschuldeten DDR eine Notlage der Franzosen gelegen. Ein Jäger aus Dresden erinnerte jetzt in einem MDR-Bericht, wie einst im Osten regelrecht Jagd auf Feldhasen gemacht wurde. Allerdings wurden sie lebend gefangen und in Kisten nach Frankreich verfrachtet.
Laut Schätzungen soll die DDR in den 60er- und 70er-Jahren insgesamt bis zu 300.000 Feldhasen geliefert haben. Der Grund: Die Franzosen sind ein jagdfreudiges Volk, hatten in den 60er-Jahren ihre eigenen Hasenbestände arg dezimiert, sagt Friedrich Schneider in dem Bericht, der zu DDR-Zeiten Jagdreferent beim Rat des Bezirkes Dresden war.

Aber die DDR hatte damals noch Feldhasen im Überfluss. Große Bestände kamen vor allem in der Magdeburger Börde, um Leipzig, in Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern vor. Dort tummelten sich die Hasen auf den LPG-Feldern und Wiesen, wo sie da noch reichhaltige Nahrung fanden.
Der Plan der DDR-Wirtschaftslenker: Man fängt überschüssige Feldhasen ein, exportiert sie in den Westen und kassiert im Osten ab. Wie viel Geld der Hasenhandel mit Frankreich einbrachte, ist allerdings nicht bekannt.
So lief in der DDR die Hasenjagd für den Westen ab
Bekannt ist nun aber, mit welchen Eifer die DDR für Frankreich auf Hasenjagd ging. Funktionäre tauchten in den Regionen auf, um vom Jäger bis zum Schüler alles zu rekrutieren, was einen Hasen fangen konnte. Ehrenamtliche Einsätze waren dies, die oft sonntags stattfanden.
Dabei wurden die „Jagdgebiete“ mit Netzen umzäunt, in denen die Hasen getrieben wurden. Aus diesen wurden dann die zappelnden Langohren eingesammelt, in Transportkisten gepackt und mit der Interflug nach Frankreich ausgeflogen. Man musste also im SED-Staat nur einen Hasen sein, um die DDR verlassen zu können.
Doch Mitte der 70er-Jahre wurde das Geschäft mit den Franzosen eingestellt. Plötzlich gab es in der DDR zu wenig Feldhasen. Nicht nur die Jagd für die Franzosen war der Grund.
Die damals beginnende Intensivierung der Landwirtschaft trug dazu bei. Die LPG ließ ihre Felder chemisch düngen, setzte Pflanzenschutzmittel ein. Sie entzogen dem Feldhasen immer mehr die Nahrungsgrundlage.
„Der Feldhase ist schon ein ausgesprochener Feinschmecker“, sagt Berlins Wildtierexperte Derk Ehlert. Die Langohren bevorzugen Kräuter und Gräser, die durch die chemische Keule auf den landwirtschaftlichen Flächen mit vernichtet wurden. Nicht nur in der DDR, auch in der Bundesrepublik.
Heute gehört der Feldhase zu den Arten in Deutschland, die vom Aussterben bedroht sind. So manche Tiere versuchen nun ihr Glück in Großstädten wie Berlin, wo sie neue Reviere erobern. ■