Der Rollstuhl eines 68-Jährigen wurde von einer abfahrenden U-Bahn erfasst – ein tragischer Moment, der binnen Sekunden den Tod des 68-Jährigen verursachte. Aber wie konnte dieser fürchterliche Unfall nur passieren?
Was für ein grauenhafter Samstagabend an der U5, Station Brandenburger Tor: Der 68-jährige Rollstuhlfahrer verunglückte tödlich, als sein Rollstuhl sich beim Einsteigen verkeilte und er von der anfahrenden Bahn mitgeschleift wurde.
Es war kurz nach acht Uhr und der Mann im Rollstuhl hatte wohl versucht, rückwärts mit seinem Rollstuhl in den Waggon zu fahren, als ein Rad plötzlich in den Spalt zwischen Zug und Bahnsteigkante geriet. Seine ungünstige Lage wurde vom U-Bahn-Fahrer vermutlich übersehen, da die U-Bahn anrollte, und den Mann mehrere Meter zwischen den Waggons mitgeschleift wurde. Dann prallte der 68-Jährige gegen eine Absperrung am Ende des Bahnsteigs und wurde auf die Gleise geschleudert. Er erlag noch am Bahnsteig seinen schlimmen Verletzungen.
Brandenburger Tor: Rollstuhl von U-Bahn mitgerissen, Mann (68) stirbt!
Aber wie konnte es zu diesem Unfall kommen? Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) zeigten sich in der Stellungnahme dem KURIER gegenüber betroffen: „Der tragische Unfall macht uns tief betroffen. Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen und Freunden des Verunglückten“, sagt Stefan Volovinis, BVG-Pressesprecher.
Zur Frage, wie es zu dem Unfall kommen konnte, gibt es noch keine Klarheit. Volovinis: „Diese wird aktuell von den zuständigen Behörden und den Fachleuten der BVG mit Hochdruck sowie der gebotenen Sorgfalt untersucht“

BVG: „Der tragische Unfall macht uns tief betroffen“
Auch unter den KURIER-Lesern herrscht Bestürzung, und die Fragen zum Unfall häufen sich: „Warum hat der Fahrer die offene Tür nicht bemerkt?“, „Warum hat niemand dem Rollstuhlfahrer geholfen?“ Und „Hätten Sicherheitskräfte am Bahnsteig diesen Unfall verhindern können?“ Genau diese Fragen stelle man sich auch bei den Ermittlungsarbeiten: „Im Fokus steht die Frage, wie es trotz der hohen und umfangreichen Sicherheitsaspekte zu diesem tragischen Unfall kommen konnte“, so BVG-Pressesprecher Volovinis.
Berliner Behindertenverband: „Bestürzung“
Es fragt sich auch, ob die standardmäßigen Sicherheitsvorkehrungen denn eingehalten worden sind und wie es technisch dazu kommen konnte, dass ein Rollstuhl von der U-Bahn mitgerissen wurde. Der BVG-Sprecher verweist auf bestehende Sicherheitsmaßnahmen: „Im Bereich der U-Bahn gibt es zahlreiche Noteinrichtungen, die helfen können, Unfälle zu vermeiden. Sie reichen von den Notrufsäulen, bis zu Notsignalschaltern/Notgriffen im Zug und auf dem Bahnsteig. Optische und akustische Warnsignale machen auf sich schließende Türen aufmerksam.“

Die Station Brandenburger Tor wird von der BVG als barrierefrei bezeichnet. Doch wie sicher sind Bahnsteige wirklich für mobilitätseingeschränkte Menschen? Um diese Frage zu klären, hat der KURIER die Meinung von Betroffenen eingeholt. Jan Kajnath, stellvertretender Vorsitzender des Berliner Behindertenverbands, BBV, zeigt sich erschüttert und macht auch auf strukturelle Probleme aufmerksam:
Berliner Behindertenverband (BBV): Wir sind auf die BVG angewiesen
Kajnath, der selbst Rollstuhlfahrer ist, beschreibt die Abhängigkeit von Menschen mit Behinderungen vom öffentlichen Nahverkehr. „Ich würde mir wünschen, dass die Fahrerinnen und Fahrer der BVG Menschen mit Behinderungen gern und sicher fahren, weil sie wissen, dass wir auf sie angewiesen sind“, erklärt er. Er betont jedoch, dass er auch viele positive Erfahrungen mit engagiertem Personal gemacht habe.
Um Unsicherheiten bei der Nutzung von Bus und Bahn zu vermeiden, empfiehlt die BVG Rollstuhlfahrern, an der ersten Tür um Hilfe zu bitten. Doch für Kajnath reicht das nicht: „Es braucht mehr Sensibilität und klare Strukturen, die den sicheren Transport von Menschen garantieren.“
Der BBV sieht in der Berliner U-Bahn noch erheblichen Nachholbedarf bei der Barrierefreiheit. Viele Bahnhöfe liegen in Kurven, wodurch Spalten zwischen Zug und Bahnsteig entstehen. „Das hat technische Gründe, aber es braucht auch technische Lösungen, die ernsthaft angegangen werden müssen“, sagt Kajnath. Auch die Nutzung von Aufzügen stellt ein Problem dar: „Viel zu oft bin ich an Aufzügen stehengelassen worden, weil es für Fußgänger bequem ist, diese zu nutzen. Dann bleibt kein Platz mehr für Rollstuhlfahrer.“ ■