Abrechnung nach Abriss

Millionen-Baustelle: Das kostet Berlin die marode Wuhlheide-Brücke

Im Juni wurde die Wuhlheide-Brücke plattgemacht. Der Senat verriet die Kosten für Abriss und Sanierung eines Bauwerkes, das nur 36 Jahre alt wurde.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Anfang Juni wurde die Wuhlheide-Brücke abgerissen. Jetzt gab der Senat die Kosten bekannt.
Anfang Juni wurde die Wuhlheide-Brücke abgerissen. Jetzt gab der Senat die Kosten bekannt.Markus Wächter/Berliner KURIER

Erst kam das Verkehrschaos, dann der Abriss: Die marode Wuhlheide-Brücke ließ im Mai den Verkehr in Berlin-Köpenick kollabieren.  Nach dem Abriss rollt der Verkehr wieder in Oberschöneweide. Doch das marode Bauwerk, von dem nur die Auffahrtrampen übrig geblieben sind, ist noch nicht ganz Geschichte. Denn jetzt wird abgerechnet. Schließlich will man schon wissen, was uns Berlinern diese kaputte Brücke seit Jahren gekostet hat – vor allem die Reparaturarbeiten, die offenbar nichts nutzen.

Über 1100 Brücken hat Berlin offiziell. Über 70 davon sind seit Jahren baufällig, über 60 davon sind so marode, dass dringend etwas gemacht werden muss. Sonst müssen Überführungen abgerissen werden, wie schon in diesem Jahr im Falle der bröckelnden Westend-, Ringbahn- und Wuhlheide-Brücken.

Das Beseitigen – es kostet Geld. Die Abrissarbeiten verschlingen Millionen. Und das ist dann umso ärgerlicher, wenn man zuvor Geld für die Instandhaltung der Bauwerke ausgegeben hat. Dabei muss man sich auch die Frage stellen, ob man für sichtlich marode Brücken nicht sogar schon eher mehr Geld in die Hand hätte nehmen müssen, um einen Millionen-Abriss zu verhindern.

Der Verkehr ollt wieder an der Kreuzung, von der Wuhlheide-Brücke sind nur die Auffahrtrampen (Hintergrund) da.
Der Verkehr ollt wieder an der Kreuzung, von der Wuhlheide-Brücke sind nur die Auffahrtrampen (Hintergrund) da.Markus Wächter/Berliner KURIER

Eine Frage, die sich auch der fraktionslose Abgeordnete Alexander King (BSW) stellte, daher den Senat im Fall Wuhlheide-Brücke um eine Kostenabrechnung bat. „Dass man das Bauwerk jetzt wegen seines schlechten Zustandes abreißen musste, ist schon erstaunlich“, sagte King dem KURIER. „Denn so alt ist ja die Brücke gar nicht gewesen.“

In der Tat: Die 243 Meter lange und fast zehn Meter breite Brücke, die in Oberschöneweide den Verkehr zwischen Treskowallee/Edisonstraße und Rummelsburger Straße/An der Wuhlheide erleichtern sollte, wurde erst im Dezember 1989 eröffnet.

Der Berliner Abgeordnete Alexander King (BSW, fraktionslos)
Der Berliner Abgeordnete Alexander King (BSW, fraktionslos)Jörg Carstensen/dpa

Über 17.000 Fahrzeuge sollen täglich darüber gefahren sein. Nach fast 36 Jahren war sie dann so fertig, dass das letzte Brückenbauwerk der einstigen DDR-Hauptstadt Berlin wegen Einsturzgefahr im Juni abgerissen werden musste. Zum Vergleich: Die im April abgerissene marode Westendbrücke hatte schon 62 Jahre hinter sich. Auf ihr fuhren täglich 90.000 Fahrzeuge.

Nun zur Abrechnung: Auf die Anfrage des Abgeordneten King listete nun die Senatsverkehrsverwaltung die Kosten für die Wuhlheide-Brücke auf. „Bei dem mit dem Rückbau der Brücke beauftragten Unternehmen werden Gesamtkosten in Höhe von 1,5 Mio. Euro erwartet.“ Bisher flossen seitens des Senates genau 1.088.411,22 Euro an die Abrissfirma.

Wuhlheide-Brücke: Gleich zwei Jahre nach Eröfnung wurde sie saniert

Erstaunlich  ist die Summe, die das Land Berlin für Instandsetzungsarbeiten für die Wuhlheide-Brücke seit ihrem Bestehen ausgab. Es sind insgesamt 537.647 Euro, dreimal mehr soll am Ende ihr Abriss kosten.

Laut Verkehrsverwaltung wurde an dem Bauwerk zwischen 1991 und 2022 genau 33 Mal gearbeitet. Die größten und teuersten Sanierungen fanden schon 1991 statt. Die Wuhlheide-Brücke war kaum zwei Jahre alt, da gab es bereits die ersten Betoninstandsetzungs- und Oberflächenschutzarbeiten. Über 401.000 D-Mark (umgerechnet 205.000 Euro) teuer – der höchste Kostenpunkt in der Liste.

1994 gab es die nächsten Instandsetzungsarbeiten – 152.000 Euro teuer. Danach wurden nur kleinere Arbeiten durchgeführt, die nur einige Hunderte oder Tausende Euro kosteten. Kleinkram wie Schönheitsreparaturen fielen darunter.

Die letzte große Sanierung an der Wuhlheide-Brücke fand zwischen Dezember 2019 und Juni 2020 statt. Kosten 142.000 Euro. Genutzt hat das offenbar nichts.

Risse im Stahlbeton an Pfeilern, an Über- und Unterbauten, Betonabplatzungen, Schäden an Lagern und an Abdichtungen wurden immer wieder in den Bauwerksprüfberichten dokumentiert. Dazu Korrosionsschäden an den Schutzeinrichtungen der Brücke – am Ende wurde sie für den Millionen-Abriss freigegeben.