Lange glaubten Experten, man hätte sie „besiegt“: Die Maul- und Klauenseuche, die jetzt wieder am Berliner Stadtrand ausgebrochen ist. Jetzt folgen in der Hauptstadt und Brandenburg drastische Maßnahmen, die über die Schließung von Tierpark und Zoo hinausgehen. Weitere Einrichtungen machen dicht, Tiertransporte sind derzeit verboten. Das kann auch Auswirkungen auf den Handel haben. Werden nun Fleisch und Wurst teurer? Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen zur Maul- und Klauenseuche.
Tiertransporte gestoppt: Werden Fleisch und Wurst teurer?
Um eine Ausbreitung der Maul- und Klauenseuche zu verhindern, hat das Brandenburger Agrarministerium ein Verbot von Tiertransporte mit Rindern, Schweinen, Schafen oder verboten. Die Maßnahme ist bereits seit Sonnabend in Kraft, gilt zunächst für 72 Stunden (also bis einschließlich 16. Januar).
Seit Sonntag gilt das Tiertransportverbot auch für Berlin. Alle Bezirke haben es erlassen. Auch hier ist der Transport von Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen – aber auch von deren Körpern oder Körperteilen verboten. Das könnte bedeuten: Laster mit geschlachteten Tieren dürfen nicht mehr auf die Straße. Die mögliche Folge: Fleischbetriebe bekommen keine zu verarbeitende Ware, die als Steaks, Schnitzel oder Wurstprodukte in den Handel kommen könnten.
Supermärkte müssten also verpackte Produkte aus anderen Regionen besorgen. Das könnte zu Preissteigerungen führen, sollte die Maul- und Klauenseuche nicht eingedämmt werden. Laut Bundeslandwirtschaftsministerium liegen in Deutschland derzeit die Schlachtpreise bei Rindern (Jungbullen) bei 5,80 Euro pro Kilogramm (ein Euro teurer als vor einem Jahr) und bei Schweinen bei knapp 2,08 Euro pro Kilo (zehn Cent billiger als vor einem Jahr).
Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbandes Berlin-Brandenburg, sieht die Situation derzeit noch gelassen. Die Auswirkungen des Ausbruches der Maul- und Klauenseuche seien in der Branche bisher noch kein Thema, sagt er am Sonntag dem KURIER.
Export-Schock: Bleiben die Bauern auf ihrem Fleisch sitzen?
Das Ausland zeigt sich besorgt. Als erster Staat reagiert Südkorea. Das Land hat sämtliche Schweinefleischimporte aus Deutschland verboten. Derzeit werden Virustests an sämtlichen deutschen Schweinefleischprodukten durchgeführt, die seit dem 27. Dezember nach Südkorea geliefert wurden. Etwa 360 Tonnen deutsches Schweinefleisch sind betroffen.
Südkorea gilt als wesentlicher Absatzmarkt für deutsches Schweinefleisch in Asien. Noch 2019 führte das Land rund 106.000 Tonnen ein, ehe die Importe im folgenden Jahr wegen eines Ausbruchs der Afrikanischen Schweinepest bis Frühjahr 2023 gestoppt wurden. Seither haben sich die Schweinefleischverkäufe nach Südkorea erst langsam wieder erholt.
Deutschland verkaufte nach Angaben der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung im vergangenen Jahr insgesamt rund 2,3 Millionen Tonnen Schweinefleisch ins Ausland. Der Großteil der Fleischexporte geht in europäische Länder. Beim Schweinefleisch ist Italien der größte Abnehmer vor Polen und den Niederlanden.
In den Niederlanden wurde am Sonntag ein landesweites Transportverbot für Kälber verhängt. Für die Ställe gelte ein Besuchsverbot. Grund: Seit dem 1. Dezember 2024 sind 3.600 Kälber aus Brandenburg über Sammelstellen in Deutschland in die Niederlande gelangt, die sich nun in 125 über die Niederlande verteilten Mastbetrieben befänden. Man wolle auf Nummer sicher gehen, hieß es. Das Transportverbot solle das Risiko einer Ausbreitung der Seuche minimieren. Transporte zur Schlachtung seien erlaubt.
Was ist die Maul- und Klauenseuche?
Die Maul- und Klauenseuche (MKS) ist eine hochansteckende, meldepflichtige Viruserkrankung bei Klauentieren wie Rindern, Schafen, Ziegen und Schweinen. Auch viele Zoo- und Wildtiere können erkranken. Nach dem Ausbruch der Seuche sind Jäger aufgefordert, bei Wildtieren auf typische Anzeichen für die Erkrankung zu achten. Derzeit finden Jagden in den Waldgebieten statt.
Neben hohem Fieber, Appetitlosigkeit und Apathie entwickeln sich bei der MKS typische Blasen am Maul und auf der Zunge sowie an den Klauen und den Zitzen. Viele Tiere zeigen Lahmheitserscheinungen oder können vor Schmerzen gar nicht mehr gehen, wie das Friedrich-Loeffler-Institut, das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, erläutert. Bei Schafen und Ziegen verläuft die Infektion hingegen meist unauffällig.
Wo ist die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen?
Betroffen war eine Wasserbüffel-Herde in Hönow. In der Herde erkrankten offenbar alle 14 Tiere an der Maul- und Klauenseuche. Drei Wasserbüffel waren auf der Weide verendet. Weitere elf wurden getötet. Bei ihnen waren ebenfalls typische Symptome sichtbar.„Um den betroffenen Betrieb wurde eine Sperrzone mit einem Radius von 3 km und ein Überwachungsbereich im Umkreis von 10 km errichtet, um eine Ausbreitung der Infektion zu verhindern“, teilt die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz mit. Es wurde ein Krisenstab Tierseuchen eingerichtet. Brandenburg hat das Landeskrisenzentrum Tierseuchen aktiviert.

Der Landkreis Märkisch-Oderland hat einen einen Kilometer langen Bauzaun um die betroffene Weide in Hönow aufgestellt. Es soll verhindert werden, dass Wildtiere auf die Fläche kommen und das Virus möglicherweise weiter verbreiten.
Wie haben sich die Tiere angesteckt?
Das ist noch unklar. Der Amtstierarzt von Märkisch-Oderland erklärt, dass der Landwirt keine Futtermittel von außerhalb dazugekauft habe, sondern selbst Heu geerntet hätte. Eine Einschleppung des MKS-Virus sei aber auch über Urlauber und mitgebrachte Nahrungsmittel möglich, wenn Lebensmittelreste einfach in den Wald oder auf Wiesen geworfen würden, schreibt der Tagesspiegel. Es könnte aber auch sein, dass Wildtiere wie Wildschweine das Virus zu den Weidetieren brachten.
Gibt es schon Fälle direkt in Berlin?
Nein. Ein verendetes Schaf, das am Freitag auf einer Weide in Marzahn-Hellersdorf gefunden worden war, ist laut Senat nicht infiziert. Die Untersuchung habe keinen Hinweis auf die Maul- und Klauenseuche bei dem Tier ergeben.
Tierbestände in ganz Berlin vorsorglich werden auf die Krankheit getestet, wie eine Sprecherin der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz sagt. „Bisher gibt es keinen Hinweis auf erkrankte Tiere.“ Bislang seien auch keine Tiere getötet worden. Wie viele Tiere genau getestet würden, könne sie nicht sagen. Der Aufwand sei in jedem Fall groß.
In Berlin ist nur ein Betrieb von der eingerichteten Schutzzone betroffen. Er befinde sich in Marzahn-Hellersdorf, heißt es. Um den Betrieb wurden eine Schutz- und eine umfassendere Überwachungszone eingerichtet.
Gibt es weitere Fälle in Brandenburg?
Bislang gibt keine Hinweise auf eine Ausbreitung in weiteren Tierbeständen. Nach Angaben der Behörden laufen derzeit umfangreiche Probennahmen und -analysen. Noch ist völlig unklar, auf welchem Weg das für Klauentiere wie Rinder und Schweine hochansteckende Virus in den kleinen Bestand in Hönow eingeschleppt wurde.

Zum Schutz vor einer möglichen Ausbreitung der Maul- und Klauenseuche im brandenburgischen Landkreis Barnim vorsorglich 200 Schweine getötet.
Wie können Tiere in Berlin und Brandenburg geschützt werden?
Forscher konnten schnell den spezifischen Virustyp bestimmen. Ein passender Impfstoff könne innerhalb weniger Tage hergestellt werden, teilt das Friedrich-Loeffler-Institut mit. Bei einem infizierten Wasserbüffel stellten die Experten den MKS-Virus vom Serotyp O fest. Nah verwandte Viren kommen im Nahen Osten und in Asien vor, wie das Forschungsinstitut in Greifswald erläutert.
„Für diese Viren geeignete Impfstoffe sind in der MKS-Antigenbank Deutschland vorhanden“, heißt es. Sie sei eigens für Fälle wie den aktuellen Ausbruch eingerichtet. Die Antigenbank können benötigte Impfstoffe innerhalb weniger Tage herstellen.
Experten des des Instituts gehen aufgrund von Wundmerkmalen der Tiere davon aus, dass die Infektion und damit die Einschleppung in den Bestand schon länger zurückliegt, wie eine Sprecherin des Landkreises Märkisch-Oderland sagt.
Warum wurden Tierpark und Zoo geschlossen?
Beide Einrichtungen sind seit Freitag für den Besucherverkehr geschlossen. Der Tierpark (er liegt in der Überwachungszone) bleibt bis auf Weiteres geschlossen. Der Zoo ist zunächst bis einschließlich Montag zu. Es wird nun geprüft, welche Mitarbeiter aus dem von der Seuche betroffenen Gebiet kommen. „Diese wurden gebeten, zunächst nicht in den Zoo oder Tierpark zu kommen. Außerdem wurden sämtliche Lieferungen aus diesem Gebiet abbestellt“, heißt es.

Zu den gefährdeten Tieren gehörten neben Rindern, Schafen und Schweinen auch Giraffen, Kamele und Elefanten. „Am Wochenende wurden und werden unter amtlicher Aufsicht stichprobenartig empfängliche Arten im Tierpark beprobt.“ Bisher gab es hier keine Hinweise auf die Maul- und Klauenseuche bei einem Tier. Da der Zoo nicht in der Überwachungszone liege, wurde dort bislang nicht getestet.
Welche Auswirkung hat die Seuche für die Grüne Woche?
Die Messe in Berlin muss umplanen. „In Abstimmung mit dem Veterinäramt werden wir keine Paarhufer vor Ort haben“, erklärt Lars Jaeger, Direktor der Grünen Woche. „Es gibt also nicht wie geplant Rinder, Schafe, Ziegen und Alpakas zu sehen, dafür aber viele andere Nutz- und Heimtiere.“ Die Grüne Woche findet vom 17. bis 26. Januar auf dem Berliner Messegelände statt.
