Antrag abgelehnt

Kein Herz für Tiere: Senat lässt am Tierheim die Böller krachen

Feuerwerk zu Silvester: Vielen macht die Knallerei zum Jahreswechsel Freude. Andere leiden. Darum bat das Tierheim den Senat, dass es zur Böllerverbotszone wird.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Wenn es zu Silvester draußen knallt, ist das nicht immer ein tierisches Vergnügen für Hunde, Katzen und Co.
Wenn es zu Silvester draußen knallt, ist das nicht immer ein tierisches Vergnügen für Hunde, Katzen und Co.Rene Traut/imago

Es stehen besinnliche Tage bevor, in der sich die Berliner besonders zum Jahreswechsel ein wenig Ruhe wünschen. So auch das Tierheim im Lichtenberger Ortsteil Falkenberg. Es erhoffte sich vom Senat deshalb ein ganz besonderes Weihnachtsgeschenk: Zum ersten Mal sollte das Tierheim zur böllerfreien Zone erklärt werden. Doch der Senat sorgt nun für ordentlich Krach.

Über 1300 Hunde, Katzen, Kaninchen und Vögel sind in Europas größtem Tierheim untergebracht. Und es wäre so schön, wenn diese zum ersten Mal eine ruhige Silvesternacht erleben könnten. „Ganz ohne Raketen und Böller, ganz ohne Angst und Schrecken“, wie die Mitarbeiter vom Tierheim erklären. Und so hat die Einrichtung beim Senat einen Antrag gestellt, dass das Areal rings um das Tierheim zur Böllerverbotszone erklärt wird – so wie es etwa bei Krankenhäusern oder auch Pflegeheim der Fall ist!

Doch aus dem Weihnachtsgeschenk, was man sich in Falkenberg erhoffte, daraus wird nichts!  Der Antrag des Tierschutzvereins für Berlin (TVB) auf eine Böllerverbotszone rund um das Tierheim wurde vom Senat abgelehnt!

So hatte das Tierheim und der Tierschutzverein bei der Behörde von Innensenatorin Iris Spranger (SPD) angefragt. Doch die Verwaltung erklärte sich dafür offenbar nicht für zuständig. Man verwies angeblich darauf, dass dies Bundesangelegenheit sei.

Die Pressestelle der Innenverwaltung erklärte gegenüber dem KURIER, dass dort kein Antrag eingegangen wäre und verwies auf die Polizei, für die die Innenbehörde allerdings auch zuständig ist. Laut eines Verwaltungssprechers soll die Polizei offenbar den Antrag des Tierheims und des Tierschutzvereins nicht genehmigt haben.

Eine Sprecherin des Tierschutzvereins bestätige, dass der Antrag bei der Senatsverwaltung für Inneres und Sport gestellt wurde. Von dort kam am 1. November auch das Schreiben mit der Ablehnung. Kein Wunder, dass ein Sprecher der Berliner Polizei dem KURIER erklärt: „Bei uns ist kein Antrag eingegangen, daher konnten wir darüber auch nicht über eine Böllerverbotszone entscheiden.“

Woanders geht es doch auch: Warum will der Senat keine Böllverbotszone am Tierheim Berlin?

Eine Behörde schiebt das Problem auf die andere. Dabei spricht aber Berlin eigenständig Böllerverbotszonen aus. So wurden unter anderem Schwerpunktkieze in Neukölln, Schöneberg und auch am Alex in diesem Jahr wieder zu Böllerverbotszonen erklärt, ohne dass der Senat sich dafür die Erlaubnis vom Bund einholen musste.

Beim Tierheim aber sieht man offensichtlich keinen Handlungsbedarf. „Wir sind bitter enttäuscht. Leider hat sich wieder einmal gezeigt: Der Senat hat kein Herz für Tiere“, sagt Eva Rönspieß, Vorstandsvorsitzende des TVB. „Jetzt bleibt uns nur noch der Appell an alle Berlinerinnen und Berliner: Bitte verzichten Sie auf das Abbrennen von Feuerwerkskörpern! Den Tieren zuliebe!“

Eva Rönspieß ist die Vorstandsvorsitzende des Tierschutzvereins Berlin
Eva Rönspieß ist die Vorstandsvorsitzende des Tierschutzvereins BerlinGerd Engelsmann

Dass der Verband und das Tierheim um eine Böllerverbotszone bitten, hat einen Grund. „Denn während draußen die Böller knallen und die Raketen zischen, herrscht im Berliner Tierheim jedes Jahr Panik“, heißt es in einer Mitteilung des Tierheimes. „Hunde kauern in der Ecke, Katzen suchen verzweifelt Schutz in ihren Höhlen und Kaninchen verfallen in Angststarre. Silvester ist nicht nur für Berlins Haustiere, sondern auch für die Schützlinge des Tierheims die schlimmste Zeit des Jahres.“

Sicher, man möchte ja niemanden den Spaß zum Jahreswechsel verderben. Aber es gibt tierische Berliner, die die Knallerei nicht so spaßig finden. Sie leiden darunter.

Besonders Tierheimtiere mit traumatischer Vorgeschichte, so der Tierschutzverein: „Die plötzliche Knallerei löst bei ihnen so viel Stress aus, dass es immer wieder zu Verletzungen, Schockzuständen und wochenlanger Angst kommt.“

Aber auch die Wildtiere in den umliegenden Grünflächen geraten in Panik, flüchten orientierungslos und laufen Gefahr, mit Autos zu kollidieren oder sich an Zäunen zu verletzen. Auch sie sollten von der geforderten Schutzzone profitieren, erklärt der Berliner Tierschutzverein.

Daher setzt sich der TVB seit  Jahren für ein berlinweites Böllerverbot ein. Vorsitzende Eva Rönspieß fordert daher: „Es wird Zeit, dass die Berliner Landesregierung das Thema endlich ernst nimmt. Nicht nur zum Schutz der Tiere ist das Verbot mehr als überfällig.“

Böllervebotszone: Linke und CDU unterstützen Tierheim

So sieht es auch die Bundesvorsitzende der Linkspartei, Ines Schwerdtner, die in Lichtenberg für die Bundestagswahl kandidiert. „Ich feiere ja auch gerne Silvester, und ich finde, da gehört Feuerwerk dazu. Aber wer Haustiere hat, weiß ja wie das ist, wenn die sich jedes Mal verschreckt in die hinterste Ecke drücken, und das will ja auch niemand“, sagt sie dem KURIER.

Da müsse man „auch mal Rücksicht nehmen und eben zum Beispiel nicht direkt neben dem Tierheim oder dem Tierpark böllern“, erklärt Schwerdtner. „Was ich richtig gut fände: Professionelles öffentliches Feuerwerk für alle, und dafür weniger, was einem auf den Straßen um die Ohren fliegt. Darum sollte sich der Senat kümmern.“

Der Berliner CDU-Abgeordnete Danny Freymark aus Lichtenberg sieht es ähnlich. „Ich weiß, wie Tiere unter der Silvesterknallerei leiden. Ein Weg wäre, auf die Freiwilligkeit der Anwohner zu setzen, und sie darum zu bitten, nicht in der Nähe des Tierheims ihr Feuerwerk zu zünden“, sagt er dem KURIER. Freymark hält eine Böllerverbotszone nahe dem Tierheim durchaus für möglich: „Ich werde mich dafür einsetzen.“

Liebe Leser, halten sie eine Böllerverbotszone nahe dem Tierheim für richtig? Schreiben Sie uns an wirvonhier@berlinerverlag.com oder kommentieren Sie unseren Beitrag auf Facebook oder bei X. Wir freuen uns auf Ihre Zuschriften!