Abriss des Jahnstadions

Jahnstadion: Kann sich Berlin den Inklusionssportpark überhaupt noch leisten?

Bürgerinitiative kritisiert Realitätsferne auf Demo: Die Finanzierung des Sportparks für Schulen, Kiez und Vereine ist noch gar nicht gesichert.

Author - Stefanie Hildebrandt
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Der Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark in Berlin. Das DDR-Jahnstadion soll abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. 
Der Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark in Berlin. Das DDR-Jahnstadion soll abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Kay Nietfeld/dpa/Archivbild

Während an der Tribüne des Jahnstadions bereits die Bagger nagen, und die Sitze verscherbelt werden, wird auf eine Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts gewartet. Die Naturfreunde Berlin hatten am Dienstag einen Eilantrag auf Baustopp gestellt, der Artenschutz sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Am Donnerstagabend wies das Gericht den Antrag der Naturfreunde auf Erlass einer sogenannten „Zwischenverfügung“ ab. Die Bauarbeiten, der Abriss an der Tribüne, darf also bis zu einer gerichtlichen Entscheidung über den Eilantrag weiter gehen. 

Derweil hat der Landessportverein Berlin für diesen Freitag zu einer Demo aufgerufen. Ziel: den geplanten und umstrittenen Neubau des Jahn-Stadions in Berlin Prenzlauer Berg und den Umbau des Sportparks zu unterstützen. „Ein Sportpark für die Anwohnenden, für Kinder und Schulen aus dem Kiez, für Vereinssport, für Leistungssport – und für noch mehr Inklusion“, fordert der Landessportbund auf der eigenen Website.

Doch dass mit dem teuren Abriss und dem Neubau des Stadions im Jahnsportpark die Pläne am Bedarf vor Ort vorbeigehen und der ersehnte inklusive Sportpark bisher gar nicht finanziert ist, wollen die Sportfunktionäre nicht sehen, so die Kritik der Bürgerinitiative, die sich für den Erhalt und Ertüchtigung des traditionellen Stadions einsetzt.

Jahnstadion: Abriss, Neubau und dann Schluss?

Erst Abriss, dann Neubau des Stadions und dann Schluss? Das wäre der Worst Case. Doch dass nach dem teuren Abriss und Neubau des Stadions ein Sportpark auf dem Gelände des Jahnstadion entsteht, der dem Breiten- und Behindertensport zur Verfügung stünde, ist mehr als fraglich.

„Der Aufruf der Sportverbände ist emotional nachvollziehbar, enthält aber eine Reihe an Fehlannahmen, die einen sachlichen Ansatz vermissen lassen“, heißt es in einer Mitteilung der Bürgerinitiative.

In der aktuellen Haushaltslage sei die Umsetzung von Bauabschnitt 3 nicht realistisch, erst recht nicht, wenn vorher das bestehende Stadion abgerissen werden und ein Neubau umgesetzt werden soll. „Die Kosten für Abriss (1. Bauabschnitt 20 Mio.) und Neubau (2. Bauabschnitt 175 Mio.) des Stadions sind so gestiegen, dass die finanziellen Mittel für die Neugestaltung des Sportparks (3. Bauabschnitt  119 Mio.) nicht mehr zur Verfügung stehen werden“, wendet die Bürgerinitiative ein.

Inklusions-Sportpark im Jahnstadion darf nicht hinten runterfallen

Dass aber gerade der Sportpark das wichtigste Element für die meisten Nutzer wäre, betonen auch die Grünen im Bezirk: „Es muss sichergestellt werden, dass die dafür nötigen Mittel bereitgestellt werden“, forderten sie in einem Antrag im Abgeordnetenhaus für ein Abriss-Moratorium. Gerade der Sportpark sei für die Bevölkerung von größter Bedeutung. Die Umsetzung dürfe daher nicht entfallen.

„Die Sportanlagen, die bei der Neugestaltung des Sportparks errichtet werden sollen, wären für die Sportvereine nutzbar, die sich schon heute für Inklusion und Breitensport einsetzen. Der teure Stadion-Neubau selbst bringt keine Verbesserung für die Vereine vor Ort, er schlägt nur ein so tiefes Loch in die Landeskasse, dass ein Inklusions-Sportpark in noch weitere Ferne rückt“, so die Einwände der BI.

Ein Bagger hat mit dem Abriss des Stadions am Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark begonnen.
Ein Bagger hat mit dem Abriss des Stadions am Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark begonnen.Jens Kalaene/dpa

In der prekären Haushaltslage Berlins sei die Gestaltung des Parks falsch ausgerichtet. „Die Sportverbände mobilisieren ihre Mitglieder, um für ein völlig überdimensioniertes Fußballstadion auf die Straße zu gehen. Kinder, Jugendliche und Menschen mit Inklusionsbedarf werden auf die Straße gebeten, um ein ca. 200 Mio. teures Fußballstadion zu fordern – in Zeiten, in denen in Jugendeinrichtungen und Schulen gespart wird, bis es kracht.“

Am kommenden Donnerstag gehen beispielsweise in Pankow am Anger und Rathaus wieder die offenen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe auf die Straße, um gegen existenzbedrohende Kürzungen zu protestieren.

„Keiner der auf dem Gelände ansässigen Vereine braucht ein Stadion. Warum wird so großspurig am eigentlichen Bedarf vorbei gebaut? Bundesjugendspiele vor 20.000 leeren Plätzen? Im Ernst?“, fragt Architekt Philipp Dittrich, der sich in der Bürgerinitiative Jahnsportpark engagiert.   ■