Opulente Kleider in Regenbogenfarben, aufgetürmte Plastikfrisuren, Männer in Hundekostümen: Berlin zeigte am Samstag, das Demonstrationen auch bunt, laut und schrill sein können. Wie immer auf dem Christopher Street Day (CSD) in Berlin. Aber diesmal noch politischer als sonst. Weltweit gibt es die Bestrebungen, die Rechte und Sichtbarkeit queerer Menschen wieder zurückzudrängen. Nicht nur in den USA, auch in Deutschland. Queerfeindliche Straftaten steigen seit Jahren an, Rechtsextreme machen mobil.
Ein Meer aus Regenbogenfarben füllte die Leipziger Straße. Keine Regenbogenflagge auf dem Bundestag, aber Hunderttausende Menschen auf den Straßen: Mit politischen Forderungen zum besseren Schutz queerer Menschen und Protesten gegen Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) begann der Christopher Street Day (CSD) in Berlin. Schon zu Beginn versammelten sich Zehntausende auf der Leipziger Straße in Berlin-Mitte.
CSD 2025: Laute Musik, schrille Kostüme und Regenbogenflaggen
Auf Schildern der Demonstrierenden und in den Redebeiträgen bei der Eröffnung ging es um die politischen Debatten über das Hissen der Regenbogenfahne auf dem Bundestag. Unter Jubel begrüßte Bundestagsvizepräsident Omid Nouripour die Teilnehmer mit den Worten „Hallo, Zirkus!“ – offenbar in Anspielung auf Merz. Dieser hatte die Entscheidung von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (beide CDU), zum CSD keine Regenbogen-Flagge auf dem Bundestag zu hissen, mit den Worten verteidigt: „Der Bundestag ist ja nun kein Zirkuszelt.“

Die Demonstration hat einen politischen Fokus, mit klaren Forderungen nach Gleichberechtigung und Schutz queerer Menschen. Ausgelassene Partystimmung herrscht trotzdem: Es gibt laute Musik, schrille Kostüme und zahlreiche Regenbogenflaggen. Der CSD-Zug zog mit 80 Wagen und rund hundert Fußgruppen von Mitte über Schöneberg zur Siegessäule.
Am Abend singt die Girlgroup Monrose am Brandenburger Tor
Für den Abend ist am Brandenburger Tor eine große Abschlusskundgebung und Live-Musik bis Mitternacht geplant. Als einer der Hauptacts soll die deutsche Girlgroup Monrose („Hot Summer“) auftreten, die seit mehr als zehn Jahren nicht mehr zusammen auf der Bühne stand.
Anders als in vergangenen Jahren beteiligt sich das queere Regenbogennetzwerk der Bundestagsverwaltung dieses Jahr nicht am CSD. Die Verwaltungsspitze hatte der Gruppe eine Teilnahme untersagt. Aus Protest gegen diese Entscheidung hatten einige Teilnehmer Schilder dabei, auf denen stand: „Wir sind leider nicht dabei – Hier wäre das Regenbogennetzwerk der Bundestagsverwaltung mitgelaufen“. Dafür reihten sich Berlins Regierender Kai Wegner (CDU) und seine Lebensgefährtin, die Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU), sich in den CSD-Zug ein.
Wegner sagte dem Sender Welt TV, „wir wollen, dass Berlin bunt ist. Wir wollen die Regenbogen-queere Community in die Mitte der Gesellschaft rücken.“ Man werde keine Hasskriminalität gegenüber der queeren Gemeinschaft dulden, erklärte der Regierende Bürgermeister.

Thomas Hoffmann, Vorstandsmitglied des Berliner CSD, sagte, die Solidarität von führenden Politikern in Deutschland beginne zu bröckeln. „Wir werden weiterhin auf der Straße bleiben, bis wir Gleichberechtigung erzielt haben.“ Dieses Jahr solle der politische Kern der Demonstration wieder gestärkt werden. Mehrere Demonstranten betonen, ihnen sei es dieses Jahr besonders wichtig auf die Straße zu gehen.
Die Polizei hatte angekündigt, mit rund 1300 Kräften im Einsatz zu sein. Hinzu kommen etwa 1000 private Sicherheitskräfte sowie rund 280 Sanitäterinnen und Sanitäter.
Anstieg von queerfeindlichen Straftaten
Das Motto des diesjährigen CSD in Berlin lautet „Nie wieder still“. Demonstriert wird für die Rechte unter anderem von Schwulen, Lesben, Transsexuellen und Transgender sowie Inter- und Bisexuellen. Die Veranstalter hatten im Vorfeld auf eine ernste und angespannte Lage verwiesen. Nach Angaben der Behörden steigen queerfeindliche Straftaten seit Jahren an.
Laut einem Ende vergangenen Jahres veröffentlichten Lagebericht des Bundeskriminalamts und des Bundesinnenministeriums hat sich die Zahl der Straftaten im Bereich „Sexuelle Orientierung“ und „Geschlechtsbezogene Diversität“ seit 2010 nahezu verzehnfacht. Das liege auch an der zunehmenden Sichtbarkeit und Anzeigebereitschaft – zugleich werde von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen.

Bei einer Gegendemonstration „gegen den CSD-Terror“ versammelten sich am Schöneberger Ufer nach Angaben der Polizei 30 bis 50 Personen. Es gab Banner der Gruppe „Deutsche Jugend Voran“, die der Berliner Verfassungsschutz als rechtsextrem und gewaltorientiert einstuft. Die Polizei sichert die Demonstration mit Einsatzkräften und Absperrgittern ab.
Im Zusammenhang mit dem #CSDBerlin wurde im Vorfeld eine Gegenversammlung angezeigt. Unsere Kräfte überprüften eine Personengruppe in der Messer- und Waffenverbotszone am #Alexanderplatz. Im Rahmen dieser Kontrollen wurden sechs Personen festgenommen.
— Polizei Berlin Einsatz (@PolizeiBerlin_E) July 26, 2025
Darunter die Anmelderin…
Auf dem Weg zu einer rechten Gegendemonstration sind sechs Menschen am Alexanderplatz in Berlin festgenommen worden – darunter die Anmelderin der Demo. Die Beamten hatten die Betroffenen im Rahmen der Messer- und Waffenverbotszone kontrolliert, wie die Polizei auf X mitteilt. „Es wurden Verfahren u. a. wegen Beleidigung, Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz eingeleitet“, heißt es in dem Post (mit dpa).