Das Wetter fühlt sich zur Zeit nicht so richtig nach Sommer an. Bis auf die paar Hitzetage Anfang Juli. Seitdem dominieren Wolken und noch mehr Regen. Doch in einem Teil Berlins ist es zur Zeit deutlich zu warm. Im Grundwasser unter der Innenstadt. In der Trinkwasserschicht unter der Fischerinsel wurden gerade 16 statt normalen 8 Grad gemessen. Die Werte sind alarmierend.
Die Berliner Zeitung war dabei, als auf der Fischerinsel in Berlin-Mitte Proben entnommen wurden. An einer der alten dunkelgrünen Handschwengelpumpen. Die Rohre reichen bis in 25 Meter Tiefe. 75 Liter stehende Wassersäule aus dem Rohr müssen abgepumpt werden, bis frisches Nass aus der Trinkwasserschicht nach oben gelangt, erklärt BUND-Wasserexperte Christian Schweer.
Grundwasser auf der Fischerinsel: Das Display zeigt 16,2 Grad an
Der Mitarbeiter des Bundes für Umwelt und Naturschutz misst nach – und das Display zeigt 16,2 Grad an. Das Doppelte des Normalen! Und noch einmal 0,5 Grad mehr, als Ende Juni an der nächstgelegenen Pumpe auf der Fischerinsel gemessen wurden, berichtet die Berliner Zeitung. Durch die kurze, aber extreme Hitzewelle von vor ein paar Wochen ist das nicht zu erklären.
Vor allem in der Innenstadt sind in den letzten Jahren die Temperaturen des Grundwassers stark angestiegen. Sie liegen zum Teil um mehr als vier Grad über den unter unbebautem Freiland gemessenen Werten. Auf der Seite der Senatsverwaltung liest man: „Wenn es wärmer wird, können sich beispielsweise Bakterien leichter vermehren. Darunter kann die Wasserqualität leiden.“
Dass sie leidet, sieht man bei der nächsten Untersuchung. 300 Liter Wasser lassen die Experten durch feinmaschige Filter laufen – auf der Suche nach Kleinstlebewesen. Nach Hüpferlingen, Kleinstkrebsen. Wo die leben, ist die Wasserqualität gut. In einem Spülsieb sind winzige schwebende Fäden und milchige Teilchen sind erkennbar. Doch die Laborergebnisse vom nächsten Tag sind ernüchternd.
„Leblos“, berichtet Christian Schweer in der Berliner Zeitung – kein Krebschen, „auch Spuren anderer Tiergruppen fehlten“. Gefunden werden lediglich ein Pilz, Rußpartikel, Abrieb von der Kolbendichtung des Straßenbrunnens und „allerhand durchsichtige und bunte Kunststofffäden“. Mikroplastik.

Ein abschließendes Urteil ist aus der Probe nicht abzuleiten, sagt Schweer, generell könne man sich erst nach 10 bis 15 Untersuchungen zu unterschiedlichen Jahreszeiten sicher sein, ob das Grundwasser an einem Ort bewohnt ist oder nicht.
Gründe für die Erwärmung der sensiblen Grundwasserschicht gibt es viele: etwa die Extremerhitzung versiegelter, mit Asphalt, Beton oder Stein bedeckter Böden. Die beeinflussen aber vor allem die oberen 20 Meter. Doch in der Tiefe spielen auch Fernwärmerohre, Tiefgaragen, U-Bahn-Anlagen, Kanalisation und Unterkellerungen eine Rolle.
Der BUND sagt: Berlin braucht mehr entsiegelte Flächen, mehr Grün
Christian Schweer freut sich über die vom Humboldt-Forum angekündigte Entsiegelung der benachbarten heißen Schlossplatz-Steinwüste, berichtet die Berliner Zeitung. Dort sollen drei große Bauminseln, so eine Art Stadtwäldchen, gepflanzt werden.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sagt allerdings: „Bauliche Maßnahmen mit kontinuierlichem Temperatureintrag (beispielsweise Untergrundbahnen, Gebäude) kann man nicht rückgängig machen.“ Allerdings könne man grundsätzlich bei zukünftigen Planungen die Nutzung des Untergrundes berücksichtigen. Im Auftrag der Verwaltung werden gerade die Auswirkungen thermischer Veränderungen auf das Grundwasser untersucht, Ergebnisse sind im nächsten Jahr zu erwarten.