Die Hauptstadt-Region hat die Maul- und Klauenseuche (MKS) offenbar in Griff. Ein jüngster Verdachtsfall erwies sich zum Glück als Fehlalarm. Wie man derzeit über Lockerungen der strengen Regelungen in der Region nachdenkt, sieht man aktuell an den Hauptstadtzoos. Der Tierpark in Friedrichsfelde bleibt weiter zu. Im Zoo in Charlottenburg denkt man schon über eine Öffnung nach. Warum macht man solche Unterschiede, zumal die Schließung wegen der Seuche den beiden Einrichtungen über eine halbe Million Euro an Verlustren einbrachte?
Vor über einer Woche brach nach vier Jahrzehnten erstmals in Deutschland wieder die Maul- und Klauenseuche aus. Ausgerechnet am Berliner Stadtrand, wo Tiere einer Wasserbüffelherde an dem gefährlichen Virus verendeten. Zahlreiche Tiere mussten aufgrund von Schutzmaßnahmen getötet werden. Tiertransporte wurden verboten.
Und Einrichtungen wie der Tierpark und Zoo schlossen für Besucher auf unbestimmte Zeit. Noch gut in Erinnerung waren die mahnenden Worte, mit denen der Direktor Andreas Knieriem die Schließung der Einrichtung begründete – inklusive Spendenappell.
„Als erfahrender Veterinärmediziner bin ich mir der immensen Brisanz der Lage bewusst. Ein Ausbruch der MKS in unseren Einrichtungen hätte katastrophale Konsequenzen für unsere Tiere“, sagte Knieriem vor einer Woche. Denn die Maul- und Klauenseuche ist eine Viruserkrankung, die nicht nur Schweine oder Kühe bekommen können – auch Zoo- und Tierparktiere wie Rehe, Giraffen, Kamele und Elefanten.
„Denn falls ein Tier erkrankt, würden dramatische Folgen eintreten. Deswegen sind Zoo und Tierpark derzeit noch geschlossen, was gleichbedeutend ist mit keinerlei Einnahmen. Deshalb ist jede Spende für uns wertvoll“, sagte Knieriem vor einer Woche dem KURIER. „Hoffen wir nun gemeinsam, dass dieser Kelch der Maul- und Klauenseuche bald an uns vorbeigeht.“
Tierpark Berlin: DARUM bleibt er noch immer zu
Nun scheint der Kelch an Zoo und Tierpark vorbeizugehen. Vor allem eine Nachricht sorgt für jetzt Hoffnung: Die insgesamt 55 Tests, die im Tierpark vor einer Woche an seuchenanfälligen Tieren wie Wisente oder Giraffen vorgenommen wurden, sind alle negativ.
„Die Nachricht, dass alle Tierpark-Proben negativ waren, sorgte bei mir zunächst erst einmal für große Erleichterung. Dennoch verfolgen wir weiterhin gebannt alle aktuellen Entwicklungen und stehen in engem Austausch mit den zuständigen Behörden“, sagt Zoo- und Tierparkdirektor Andreas Knieriem. Mit anderen Worten: Zoo und Tierpark bleiben bis auf weiteres zu. Es gelten weiterhin strikte Hygienemaßnahmen und umfangreiche Einschränkungen für externe Zugänge.

„Trotz Umsatzeinbußen von rund einer halben Million Euro seit der Schließung, steht der Schutz der Tiere für uns weiterhin an erster Stelle“, sagt Knieriem. „Mein Team und ich haben in den letzten Tagen umfangreiche Vorsichtsmaßnahmen ausgearbeitet und Szenarien entwickelt, unter denen wir bald wieder Gäste bei uns begrüßen könnten, ohne Kompromisse bei der Sicherheit einzugehen.“
Allerdings ist man beim Zoo Berlin schneller bereit, diesen eher als den Tierpark zu öffnen. In einer Mitteilung der Hauptstadtzoos heißt es: Da seit einer Woche kein weiterer MKS-Fall in Berlin und Brandenburg aufgetreten ist, „bereitet der Zoo Berlin, der außerhalb der Überwachungszone liegt, mögliche Öffnungsszenarien vor“. Der Zeitpunkt für die Wiedereröffnung steht aktuell noch nicht fest.

Beim Tierpark Berlin ist Chef Knieriem wesentlich vorsichtiger, obwohl gerade dieser die Eintrittsgelder der Besucher dringend benötigt. Doch Knieriem will nicht übereilt den größten Landschaftstiergarten Europas öffnen. Denn dieser liegt innerhalb der Überwachungszone von 10 Kilometern um das MKS-Ausbruchsgebiet in Hönow.
Knieriem bekommt von den Chefs anderer Tiergärten Zuspruch für seine Entscheidung. „Natürlich sind alle in Sorge“, sagt Jens Kämmerling, Leiter des Cottbuser Tierparks und Vorsitzender des Landeszooverbands Brandenburg, der Deutschen Presse-Agentur. Je näher eine Einrichtung am Ausbruchsherd sei, desto größer die Besorgnis. „Wir hier in Südbrandenburg sind in einer scharfen Beobachtungsposition“, sagte Kämmerling.
Maul- und Klauenseuche: So gehen andere Zoos mit dem gefährlichen Virus um
„Für solche robusten Viren sind Entfernungen, wie es sie in Brandenburg gibt, keine wirklichen Entfernungen“, sagt der Tierarzt mit Blick auf die Erreger der Maul- und Klauenseuche. Der nicht weit von Hönow entfernte Wildpark Schorfheide im Barnim wurde, wie der Tierpark, ebenfalls vorsorglich ganz geschlossen. Auch das Wildgehege Glauer Tal (Teltow-Fläming) steht Besuchern vorerst nicht offen – bis zum 24. Januar.
Andere Einrichtungen haben einzelne Bereiche gesperrt. Im Zoo Eberswalde (Barnim) sind das begehbare Damwild- sowie das Streicheltiergehege geschlossen. Auch im Tierpark Angermünde sind Bereiche betroffen, die Besucher normalerweise betreten dürfen. „Das Füttern ist bei uns im gesamten Tierpark verboten“, ergänzte Tierparkleiter Dennis Sonnenberg.
Ein MKS-Ausbruch hätte für den Angermünder Tierpark drastische Folgen: „Bei uns wäre der halbe Tierbestand betroffen. Wir haben Schafe, eine der letzten Haltungen der Indischen Langohrziegen, Wildtiere, Kamele, Lamas, Alpakas“, so Sonnenberg.
Auch in Cottbus sei das Streichelgehege geschlossen worden, sagte Kämmerling. Der Zooverband kümmere sich momentan verstärkt um Informationen für seine Mitglieder. „Wir schauen, dass jeder die Kontakte der Veterinärbehörden hat, wesentliche Entscheidungen werden ja zunächst vor Ort getroffen“, so Kämmerling. ■