Flüchtlingshäuser im Innenhof

Hitzetote auf der Straße: Demo gegen Gesobau in Pankow

Traditionell richtet die GESOBAU im Juni das Kunstfest in Pankow aus. Anwohner aus dem Schlosspark-Kiez wollen den Anlass nutzen, um gegen die Bebauung ihrer Höfe demonstrieren.

Author - Stefanie Hildebrandt
Teilen
Zwei Innenhöfe sollen an der Pankower Ossietzkystraße mit großen Wohnhäusern bebaut werden.
Zwei Innenhöfe sollen an der Pankower Ossietzkystraße mit großen Wohnhäusern bebaut werden.Benjamin Pritzkuleit

Ausgerechnet „In der Natur“ lautet das Motto des diesjährigen Kunstfestes im Pankower Schlosspark. Als die Anwohner der Grünen Höfe an der Ossietzkystraße dies gelesen haben, ist ihnen die Hutschnur geplatzt. Sie wollen am Samstag gegen die Zerstörung der Natur in ihren Hinterhöfen protestieren und bringen erneut einen Alternativvorschlag ins Spiel.

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner wird das GESOBAU-Fest in unmittelbarer Nähe zum Konfliktschauplatz am Schlosspark in Pankow am Samstagnachmittag eröffnen. Mit ihm auf der Bühne: GESOBAU-Vorstand Jörg Franzen.

Bei der Anfahrt aber werden beide wütenden Berlinern begegnen. Sie sind ganz und gar nicht einverstanden mit den Plänen der GESOBAU und des Senats, auf ihren Grünflächen mit alten Bäumen und Sträuchern per Sonderbaurecht zwei Unterkünfte für Geflüchtete zu bauen. Für den Samstag rufen sie daher zur großen Demo in Pankow auf. Unter dem Motto  „Gesobau ZERSTÖRT Natur“ kommen verschiedene Initiativen aus Pankow und anderen Bezirken zusammen.

Das GESOBAU-Motto „In der Natur“ halten sie „angesichts des zerstörerischen Vorgehens der GESOBAU in der Stadt für unverfrorenes Greenwashing“ und schreiben in einer Mitteilung weiter: „Wir wollen dies nicht unwidersprochen stehen lassen. Mit Redebeiträgen, Plakaten, aber auch Musik und Kleinkunst machen wir darauf aufmerksam, dass die GESOBAU AG ihren eigenen Nachhaltigkeits-Versprechungen zuwider handelt.“

Flashmob: Hitzetote auf der Straße

Auch ein Flashmob soll stattfinden, bei dem sich die Teilnehmenden auf die Ossietzkystraße legen, um die Hitzetoten und die sterbende Stadtnatur zu symbolisieren. Denn die Wohnungsbaugesellschaft plant mit der Bebauung ein nach gewöhnlichem Baurecht nicht genehmigungsfähiges Nachverdichtungsvorhaben, welches die Natur in den Innenhöfen zerstören würde.

Rund um das Schloss Schönhausen findet am Wochenende das Kunstfest Pankow der GESOBAU statt.
Rund um das Schloss Schönhausen findet am Wochenende das Kunstfest Pankow der GESOBAU statt.Andreas Mellentin /Imago

„Die geplante Fällung des alten Baumbestands würde zum Komplettverlust der ‚natürlichen Klimaanlage‘ des Wohngebiets führen und ist aufgrund der Zerstörung geschützter Lebensräume auch artenschutzrechtlich nicht genehmigungsfähig“, so die Bürgerinitiative.

Deren Sprecherin Britta Krehl sagt: „Wenn die Gesobau als landeseigenes Unternehmen Grünflächen zerstört, Spielplätze überbaut, sich stur und nicht kompromissfähig zeigt, mit Lügen, Diffamierungen und Zahlentricksereien arbeitet, die Mieten erhöht, aber das Wohnumfeld der Menschen zerstört, die Anwohner über Jahre von ihren Wohngrünflächen aussperrt und dafür Gelder in Millionenhöhe verschwendet, kann sie nicht damit rechnen, dass die Leute vor Ort kooperieren. Wer das nicht versteht, sollte einen anderen Job machen.“

Protest gegen Neubaugebiet Elisabeth-Aue

Das Vorhaben an der Pankower Ossietzkystraße ist dabei kein Einzelfall. Unterstützt wird der Aufruf daher von der Bürgerinitiative  „Elisabeth-Aue“. Sie setzt sich seit 2014 dafür ein, dass die Felder der Elisabeth-Aue im Norden Pankows wegen ihrer Bedeutung für den Natur- und Artenschutz, die Grundwasserneubildung, das Stadt-Klima, das Landschaftsbild und die bäuerliche Landwirtschaft im denkmalgeschützten Dorf Blankenfelde erhalten werden und fordert Landschaftsschutz für das Gebiet.

Bedroht sind die Flächen durch ein überdimensioniertes Senatsbauvorhaben. Ein neues, hochverdichtetes Stadtgebiet mit erst 660 und dann 5.000 Wohneinheiten soll entstehen. Die GESOBAU AG ist hier mit 50Prozent an der Entwicklungsgesellschaft Elisabeth-Aue GmbH (EGE) beteiligt.

200 alte Bäume sollen an der Bonhoeffer Nervenklinik fallen

Und auch im Wittenauer Stadtwald möchte die GESOBAU abholzen, damit auf dem Gelände der ehemaligen Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik 600 Wohneinheiten entstehen können. Allein 200 Alt-Bäume sollen allein für die Baukörper ihr Leben lassen. Die GESOBAU beschreibt die Bebauung ihres Teilgrundstücks als „Revitalisierung durch Wohnungsneubau“ - andere Quellen hingegen bezeichnen das gesamte Areal als Biodiversitäts-Hotspot.

Die Bürgerinitiativen sind sich bewusst, dass Berlin Wohnungen bauen muss. Doch sie werben in den verschiedenen Kiezen für eine kompromiss- und vernunftgeleitete Stadtentwicklung für Mensch und Natur. Auch die GESOBAU AG als Landesunternehmen müsse ihre Verantwortung dafür endlich wahrnehmen.