Karsten Blättermann in seiner Wohnung im ausgedienten Flugzeug-Hangar.
Karsten Blättermann in seiner Wohnung im ausgedienten Flugzeug-Hangar. Patrick Pleul/dpa

Es stand dumm herum, das Dutzend „Garagen“ für DDR-Kampfflugzeuge. Bis Karsten Blättermann (54) eher zufällig auf den Flugplatz Neuhardenberg (Märkisch-Oderland) kam und die sogenannten Shelter sah. „Ich wusste, ich muss die haben“, erinnert sich der Geschäftsmann aus Bernau.

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Halbrund und grün bewachsen, bieten die Flugzeugbunker aus Beton erst einmal viel Platz: 27 Meter lang, 13 breit und knapp 7 Meter hoch. Dazu riesige Rolltore, 26 Tonnen wiegt allein ein Flügel. Karsten Blättermann, der zuvor schon etliche alte Häuser saniert hatte: „Das war alles keine Herausforderung mehr für mich – die Hangars jedoch schon.“

Zwar suchte Blättermann in erster Linie einen originellen Firmensitz für seine Ziegel-Manufaktur „handgeformt“, doch er hatte von Beginn an eine Vision. „Ich wollte das abgeschiedene Gelände im Einklang mit der Natur wiederbeleben, coole Gewerke mit Künstlern und sozial Engagierten zusammenbringen und ein eigenes Dorf entwickeln“.

Das Revier des Kranichs

„Grus grus Revier“ nannte er sein Projekt, Grus grus ist der lateinische Name des Kranichs. „Von denen gibt es hier in dem fast vergessenen Gebiet jede Menge und ich bin inzwischen Fan dieser Vögel.“ Folgerichtig heißen seine Shelter „Fischreiher“, „Elster“ oder auch „Bussard“.

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Matthias Jahncke, Garten- und Landschaftsbauer, steht am Eingang zu einem alten Flugzeughangar auf dem Flugplatz Neuhardenberg. Er träumt von einer Pension, für die er auch seinen Shelter umbauen will. Außerdem soll sein Büro dort rein.
Matthias Jahncke, Garten- und Landschaftsbauer, steht am Eingang zu einem alten Flugzeughangar auf dem Flugplatz Neuhardenberg. Er träumt von einer Pension, für die er auch seinen Shelter umbauen will. Außerdem soll sein Büro dort rein. Patrick Pleul/dpa

Gemeinsam mit einem Investor kaufte er vor sechs Jahren das 40 Hektar große Gelände samt Shelter der Airport Development Neuhardenberg GmbH ab, die den einstigen Flugplatz der DDR-Regierungsfliegerstaffel betreibt. „Wir mussten uns von Teilen des Flugplatzes trennen, die nicht mehr zu unserem Geschäft passten“, erklärt Geschäftsführer Uwe Hädicke.

Bei Blättermann habe er eine „gewisse Dynamik“ verspürt und ihn als verlässlichen Partner kennen gelernt. „Inzwischen ergänzen wir uns wirklich gut. Kunden seiner Manufaktur reisen bei uns per Flugzeug an. Wir engagieren uns sozial: Kinder, die den Flugplatz besichtigen, können anschließend bei Blättermann töpfern“, erzählt er.

Blättermann nutzt zwei Shelter für sich. Einer dient als Materiallager, in den zweiten hat er eine Zwischendecke eingezogen: Im 360 Quadratmeter großen Erdgeschoss hat „handgeformt“ seinen Sitz. Die Lehmziegel lässt Blättermann in Spanien fertigen und über Geschäfte in Berlin und Würzburg (Bayern) vertreiben.

Der Bauherr schwärmt von seiner Wohnung im Shelter

In der oberen Etage hat er sich auf 300 Quadratmetern seine Loft-ähnliche Wohnung unterm Rundbogen eingerichtet. „Klimatechnisch sind diese Betonbauten genial – schön kühl im Sommer, immer frostfrei im Winter, die Luftfeuchtigkeit ausgewogen. Und der Wahnsinn der Welt bleibt draußen“, beschreibt er.

Zwei weitere Hangars lässt er als Fledermausquartiere von Menschen unberührt. Für die anderen Acht hat der Geschäftsmann Mieter oder Käufer gefunden: einen Oldtimerhändler aus Neuenhagen (Märkisch-Oderland), ein Paar aus Ludwigsburg (Baden-Württemberg), das eine Security-Firma und eine Kalligrafie-Werkstatt aufbauen möchte, ein Cateringunternehmen, Anlagen- und Bühnentechniker sowie eine Elektrofirma aus der Region.

Mannschaftsbunker für Pensionsgäste

Garten- und Landschaftsbauer Matthias Jahncke hat neben einem Hangar auch noch drei Bunker gekauft, in der einst die Mannschaft der MiG-21 untergebracht war – auch diese kleineren unterirdischen Bauten sind halbrund, aber fensterlos und mit Feldbetten ausgestattet. „Da möchte so mancher mal drin übernachten“, glaubt Jahncke.

Der Handwerker träumt von einer Pension, für die er auch seinen Shelter umbauen will. Außerdem soll sein Büro dort rein, erzählt der Chef von sieben Mitarbeitern. „Die Lage ist einfach traumhaft – einfach Ruhe und Natur.“

Zwei der MiG-Garagen dienen Fledermäusen als Schlafquartier
Zwei der MiG-Garagen dienen Fledermäusen als Schlafquartier Patrick Pleul/dpa

Stolz ist Blättermann auf eine Klangkünstlerin aus Berlin, die aus ihrem Hangar eine kreative Begegnungsstätte machen will. Sie hat ihm zufolge gute Kontakte zur Musikakademie Berlin, mit der gemeinsam Veranstaltungen geplant seien. Kultur ist dem „Grus grus Revier“-Begründer besonders wichtig.

Fliegerhorst soll zum Kulturort werden

„Wir haben hier viel Platz und könnten eine Alternative zum Schloss Neuhardenberg sein, wo Veranstaltungen ja schnell ausverkauft sind“, meint er. Spätestens in zwei Jahren sollen die Kulturevents auf dem Hangar-Gelände starten.

„Blättermann ist ein kreativer Kopf mit vielen Ideen und er zieht interessante Leute an“, lobt Gernot Schmidt (SPD), Landrat von Märkisch-Oderland. Sein Shelter-Projekt sei „ein kleiner Diamant“, der die Region deutlich aufwerten werde, glaubt er.