Anwohnerversammlung gefordert

Feuerwehr, Flüchtlingsasyl: Was wird aus Köpenicker DDR-Grenztruppen-Kaserne?

Seit 2000 verfallen die Gebäude. Nun soll endlich das fünf Hektar große Areal bebaut werden. Es gibt schon Pläne, die allerdings für heftige Diskussionen bei Anwohnern sorgen werden.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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In diesen Plattenbauten des einstigen DDR-Grenztruppen-Ausbildungsregimentes „Ho Chi Minh“ waren Soldaten untergebracht. Seit Jahren verfallen die Gebäude an der Fürstenwalder Allee in Berlin-Köpenick.
In diesen Plattenbauten des einstigen DDR-Grenztruppen-Ausbildungsregimentes „Ho Chi Minh“ waren Soldaten untergebracht. Seit Jahren verfallen die Gebäude an der Fürstenwalder Allee in Berlin-Köpenick.Stefan Henseke

Es ist schon selten, dass derzeit Parteien unterschiedlicher Couleur an einem Strang ziehen. Im Südosten Berlins passiert dies aber gerade. Linke, Grüne, SPD und die FDP fordern das Bezirksamt Treptow-Köpenick dringend auf, im Ortsteil Rahnsdorf eine Einwohnerversammlung durchzuführen. Der Grund ist eine ehemalige Kaserne der DDR-Grenztruppen, dessen Areal neu bebaut werden soll. Von Feuerwehrwache bis Flüchtlingsasyl ist alles möglich – und das könnte für heftige Diskussionen sorgen.

Die Villenkolonien Hessenwinkel und Wilhelmshagen – schön am Wasser gelegen, gehören sie  zu Rahnsdorf, zählen zu den schönsten Gegenden im Osten Berlins. So manche DDR-Prominenz konnte und kann man hier treffen.

Aber auch eine Brache, die an Fürstenwalder Allee im Wald liegt: Das ehemalige Ausbildungsregiment 39 der DDR-Grenztruppen, das einst den Namen des vietnamesischen Revolutionärs Ho Chi Minh trug. Knapp fünf Hektar ist das Kasernen-Gelände groß, das seit den 70er Jahren existiert. Hier wurden Soldaten für den Wachdienst an der Berliner Mauer ausgebildet, sollten unter anderem Fluchtversuche von DDR-Bürgern verhindern.

Zwischen 1961 und 1989 wurden an der Mauer mindestens 140 Menschen getötet oder kamen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem DDR-Grenzregime in Berlin ums Leben. Darunter waren nicht nur DDR-Flüchtlinge. Auch acht Grenzsoldaten wurden getötet.

Mit Mauerfall und dem Ende der DDR wurde auch die DDR-Grenztruppen-Kaserne aufgelöst. Danach waren dort kurzeitig Asylbewerber und Russlanddeutsche untergebracht. Seit dem Jahr 2000 stehen die insgesamt neun Gebäude (davon sechs Plattenbauten, die als Soldatenunterkünfte dienten) leer und verfallen.

DDR-Grenztruppen-Kaserne in Berlin-Köpenick: Mehr Abenteuertouristen als Investoren

Die nun zum Schandfleck gewordene DDR-Kaserne im Südosten der Stadt: Das Land Berlin und der Bezirk hätten ihn gerne beseitigt. Doch für die Brache interessieren sich mehr Abenteuertouristen als Investoren, die dort neue Wohnungen bauen wollen. 2014 scheiterte der Versuch, das Objekt auf einer Immobilienmesse loszuwerden.

Vier Soldaten der Grenztruppen der DDR stehen während ihres Ausganges Bier trinkend an einem Kiosk in Berlin-Rahnsdorf (1987). In dem Ort befand sich auch ihre Kaserne.
Vier Soldaten der Grenztruppen der DDR stehen während ihres Ausganges Bier trinkend an einem Kiosk in Berlin-Rahnsdorf (1987). In dem Ort befand sich auch ihre Kaserne.C3 Pictures/imago

Denn die DDR-Kaserne für eine Wohnsiedlung auf Vordermann zu bringen, ist recht kostenintensiv. Teile des Grundstückes stehen im Berliner Bodenbelastungskataster, sind also altlastenverdächtige Flächen. Diese Böden zu reinigen geht ins Geld . Außerdem wäre der Abriss der ehemaligen Kaserne ebenfalls mit hohen Kosten verbunden.

Zudem liegt das Gebiet im Wasserschutzgebiet. Strenge Umweltauflagen gelten. Der Artenschutz spielt ebenfalls eine Rolle, da sich aufgrund des langen Leerstands und der umliegenden Waldflächen schützenswerte Biotope entwickelt haben könnten.

Doch nun wird mächtig auf die Tube gedrückt, dass auf der Brache endlich etwas passiert. Inzwischen heißt die Liegenschaft „Kaserne Hessenwinkel“, gehört zu Teilen dem Land Berlin (BIM) und der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land. Derzeit wird im Bezirksamt an der Erstellung eines Bebauungsplanes gearbeitet. Ein städtebauliches Konzept wurde mit der Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land abgestimmt.

Blick in einem Waschraum der DDR-Grenztruppen-Kaserne.
Blick in einem Waschraum der DDR-Grenztruppen-Kaserne.Stefan Henseke

Das Verfahren ist offenbar so umfangreich, dass die Grünen, Linke, SPD und FDP unbedingt eine Einwohnerversammlung fordern. Denn es gibt schon jetzt bei den Anwohnern Bedenken, wenn es um die Zukunft der Brache geht.

DDR-Kaserne in Köpenick: Flüchtlingsunterkunft als Zwischenlösung?

Laut den Grünen würden Anwohner eine „Überbauung“ des Kiezes befürchten, wenn die einstige DDR-Kaserne ein Wohngebiet wird. Und die Sorgen nehme man ernst. Insgesamt 450 Wohnungen könnten entstehen – verteilt auf Gebäuden mit sechs bis acht Geschossen. Dazu soll noch eine Kita für 60 Kinder entstehen.

Allerdings dürfte das die geringste Sorge der Anwohner sein. Und es dürfte auch keine Probleme geben, dass auf der DDR-Grenztruppenkaserne eine neue Wache für die Freiwillige Feuerwehr Wilhelmshagen entsteht. Die Sorgen der Anwohner befürchtet die Politik eher in einer ganz anderen Richtung. Schon aus diesem Grund will man offenbar eine Infoversammlung für die Anwohner, „um den Einwohnern die Möglichkeit für Fragen rund um das Bauvorhaben zu geben und den aktuellen Stand vorzustellen“.

Denn bevor es mit dem Wohnungsbau auf der Fläche der einstigen Kaserne losgehen kann, soll das Areal zunächst als „temporäre Unterbringung für bis zu 500 geflüchtete Menschen“ dienen. Dies teilte der Senat unter anderem auf Anfrage der Grünen im vergangenen Jahr mit. Dafür sollen modulare Bauten aufgestellt werden, die dann später als Wohnungen weiter genutzt werden.

Die Anträge der Parteien zur Einwohnerversammlung haben die Parteien eingereicht. Über sie soll auf der Bezirksverordnetenversammlung am 30. Januar entschieden werden. ■

In einer früheren Version des Textes war von einem bestehenden Bebauungsplan die Rede. Es gibt aber für das Vorhaben noch keinen rechtsgültigen Bebauungsplan. Es gibt lediglich dafür einen Aufstellungsbeschluss, teilte das Bezirksamt mit. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.