Manchmal sind es die kleinen Dinge, die einen ganz großen Sturm der Entrüstung verursachen können. Das beste Beispiel sind wohl die sogenannten „Tethered Caps“, die vor ziemlich genau einem Jahr Europa zum Diskutieren brachten. Es handelt sich dabei an die Deckel von Plastikflaschen, die zum Zwecke der Müllvermeidung nun fest montiert sind – so sollen Flasche und Deckel künftig gemeinsam entsorgt werden. Schon zum Start der neuen Regelung der EU war der Aufschrei groß. Aber: Wie fällt die Bilanz nach einem Jahr aus? Meine verrate ich Ihnen gern: Ich werde mich an diesen Mist einfach NIEMALS gewöhnen!
Nervige Deckel an der Plastikflasche: 81 Prozent hassen die Dinger noch immer
Eine neue Umfrage, über die auch der KURIER berichtete, ergab erst vor Tagen, dass noch immer 63 Prozent der Bevölkerung genervt von den neuen Flaschen-Deckeln sind. Bei einer Umfrage, die wir unter KURIER-Lesern auf Instagram starteten, ist das Ergebnis sogar noch krasser: 81 Prozent antworteten auf die Frage, wie sie die festen Deckel finden, mit „die nerven mich total“. Nur neun Prozent fühlen sich von den Deckeln nicht gestört, den andere sind die „Tethered Caps“ egal.
Mir sind sie alles andere als egal. Mir gehen sie gewaltig auf den Senkel! Schon vor einem Jahr habe ich mich darüber aufgeregt. Ich habe gar nichts gegen Umweltschutz. Müll ist ein riesiges Problem, für das unbedingt Lösungen gefunden werden müssen. Aber: Warum sind wir Menschen eigentlich in der Lage, Krebs zu heilen – doch wir schaffen es nicht, eine Lösung für die Deckel-Problematik zu entwickeln, die uns nicht wie die letzten Idioten aussehen lässt? Mehr als einmal hatte ich schon Deckel auf der Nase, im Auge und an der Wange. Unterschiedliche Flaschen sind dabei auch unterschiedlich störrisch.

Mein Erzfeind sind inzwischen Eistee-Pullen, weil die einen größeren Durchlauf haben – und damit auch einen größeren Deckel, der sich noch schwerer händeln lässt. Bei vielen Flaschen funktioniert es zumindest, den Deckel so weit wie möglich nach hinten zu biegen und ihn beim Trinken seitlich an der Nase zu positionieren. Aber auch das klappt nicht immer – und manchmal bekommt man mit einem leisen „klack“ von der eigenen Colaflasche eine Schelle verpasst. Das Plastik schlägt zurück!
Überflutung durch Flasche: Dank Nerv-Deckel schlägt das Plastik jetzt zurück!
Ein Kollege berichtete in einer Konferenz in unserer Redaktion davon, dass er beim Ausgießen von Wasser aus einer dünnwandigen Billig-Flasche sogar mal eine kleine Überschwemmung verursachte. Der Grund: Weil die Flasche beim Ausgießen etwas abknickte, bewegte sich auch der Deckel aus seiner Parkposition und schnalzte ins laufende Wasser, das sich daraufhin überall verteilte. „Und das nur, weil ich ein Glas Wasser wollte“, sagt er. Selbst die einfachsten Dinge können dank EU-Verordnung also zum Spektakel werden. Irre ist es übrigens auch bei manchen Milchbehältern: Die Deckel sind so idiotisch befestigt, dass man am besten schon vor dem ersten Kaffee hellwach sein sollte, wenn man nicht eine Klecker-Panne erleben will.

Mehr als einmal habe ich Lifehacks ausprobiert. Angeblich kann man die Deckel der Flaschen in Positionen bringen, die verhindern, dass sie beim Trinken oder Ausgießen im Weg sind. Alles Blödsinn! Die einzige Lösung für den Umgang mit den Teilen ist und bleibt die rohe Gewalt. Oder die gute, alte Schere. Genauso handhaben es nämlich die meisten KURIER-Leser, die das Thema auf unserer Facebook-Seite diskutieren: Sie schnippeln sich die nervige EU-Verordnung einfach schön. „Wird sofort abgeschnitten – oder mit Feuerzeug gelöst“, schreibt einer. Eine Frau kommentiert: „Schnipp schnapp und ab das Ding. Beknackte Erfindung.“
Nervige Flaschendeckel: Die meisten Leute schneiden oder reißen die Deckel einfach ab
Auch ich stoße, wenn das Thema bei Familienfeiern, Treffen mit Freunden oder Partys auf den Tisch kommt, immer wieder auf dieses Vorgehen: Der Deckel wird schlicht und einfach abgerissen. Und was haben die Macher der Richtlinie damit gekonnt? Das frage ich mich wirklich. Denn eigentlich ist das Ziel ja ein Gutes: Es soll Müll vermieden werden, die Deckel sollen nicht mehr getrennt von der Flasche im Müll landen. Und erst recht nicht in der freien Natur.
Das ist natürlich nachvollziehbar. Vielleicht kommt die Richtlinie bei uns aber so schlecht an, weil Deutschland – im Gegensatz zu vielen anderen Ländern – ein funktionierendes Pfandsystem hat. In dem zumindest mir völlig unklar ist, warum man leere Flaschen getrennt vom Deckel aufbewahren sollte. Warum also müssen alle unter dem Unsinn der Tethered Caps leiden? Warum wird nicht einfach anderswo ein Pfandsystem eingeführt? Und warum wird Flaschenpfand nicht erst dann bezahlt, wenn auch der Deckel an der Flasche hängt? Das wäre eine Variante, die Müll wirklich vermeiden könnte. Und das ganz ohne Deckel-Terror.




