Mega-Kosten, aber kein Effekt

Experte rechnet mit nervigen Flaschen-Deckeln ab: Bringen gar nichts!

Seit Anfang Juli gilt eine neue EU-Richtlinie, die Deckel bei PET-Flaschen müssen jetzt fest montiert sein. Doch es gibt Kritik.

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Haben die fest montierten Flaschendeckel wirklich einen Effekt auf die Umwelt? Ein Experte ist sicher: Nein, haben sie nicht.
Haben die fest montierten Flaschendeckel wirklich einen Effekt auf die Umwelt? Ein Experte ist sicher: Nein, haben sie nicht.Imagebroker/imago

Seit einem Monat sind sie Pflicht – und schon viel länger nerven sie viele Menschen: Die fest montierten Flaschendeckel, die an den meisten PET-Getränkeflaschen zu finden sind. Sie müssen laut einer EU-Richtlinie fest an den Flaschen befestigt sein, damit Plastikmüll vermieden wird. Das Problem: Viele hassen die Deckel, weil sie beim Trinken stören – und weil sich der Sinn der „Tethered Caps“ nur wenig erschließt. Nun rechnet auch ein Experte mit den Deckeln ab – und stellt klar: Die Dinger bringen für den Planeten gar nichts!

Bringen die fest montierten Flaschen-Deckel wirklich etwas für die Umwelt?

Schon länger stellten viele Getränkehersteller auf die neuartigen Deckel um, Anfang Juli endete die Übergangsphase für die neue EU-Richtlinie – seitdem müssen die Deckel an den meisten Getränkeflaschen nun fest montiert sein. Und das nervt viele Verbraucher gewaltig: Die Deckel stören beim Trinken, kratzen dem Konsumenten im Gesicht herum. Auch die Logik erschließt sich vielen nicht: Warum sollte man den Deckel einer Flasche separat wegwerfen? Schließlich sind die meisten Flaschen vor allem deshalb praktisch, weil man sie wieder verschließen und problemlos transportieren kann.

Auch der KURIER berichtete mehrfach über die „Tethered Caps“ und die Wut der Verbraucher. Bei einer Online-Umfrage, an der sich rund 5500 Leser beteiligten, stimmten 92 Prozent gegen die „Tethered Caps“ ab – nur fünf Prozent der Nutzer entschieden, dass die Deckel gut für den Umweltschutz seien. Und auch die Reaktionen der Leser fielen recht eindeutig aus. „Nur ein abgerissener Deckel ist ein guter Deckel. Größter Unsinn seit langem“, schrieb etwa ein Leser. „Ich reiße prinzipiell jeden Deckel ab, und zwar komplett. Dadurch entsteht dann erst ein Abfallprodukt, nämlich die abgerissene Lasche.“ Ein anderer kritisiert, dass er dadurch erst zur Umweltbelastung werde. „Ich muss viel mehr T-Shirts, Hemden usw. waschen als vorher! Mir gelingt es immer wieder, die Tropfen aus dem Deckel mit der Kleidung aufzufangen.“

Seit Anfang Juli müssen die Deckel auf den meisten Getränkeflaschen fest montiert sein.
Seit Anfang Juli müssen die Deckel auf den meisten Getränkeflaschen fest montiert sein.Bihlmayerfotografie/imago

Nun kritisiert auch ein Verpackungs-Experte die neuen, fest montierten Deckel. „Bringt das wirklich etwas für den Planeten oder selbst für Europa? Und da ist meine klare Antwort: Nein“, sagte Markus Prem von der Hochschule Kempten in einem Interview. Es handele sich um reinen Aktionismus, um ein schlechtes Gewissen zu beruhigen. Laut Prem sei die Menge der Deckel, die im Meer oder in Flüssen und Seen landen, sehr gering. „Man hat damit der Industrie Milliardeninvestitionen unter anderem in neue Maschinen auferlegt für einen Effekt, der quasi nicht messbar ist.“

Teure EU-Richtlinie: Diese Kosten verursachen die fest montierten Deckel auf PET-Flaschen

Auch aus den Reihen der Getränkehersteller kam bereits Kritik. Die unfassbare Rechnung: Laut Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) betragen die Kosten der Umstellung auf die neuen Deckel pro Abfüllungslinie rund 181.000 Euro. „Hinzu kommt der Mehraufwand für Deckel beziehungsweise Verschlüsse mit rund 0,2 Cent pro Stück“, sagte der stellvertretende BVE-Chef Peter Feller in einem Interview. Zudem  werden die meisten PET-Flaschen in Deutschland aufgrund des Pfandsystems wieder zurückgeführt – das Problem der Vermüllung gebe es hier also nicht.

KURIER-Leser berichteten aber auch aus anderen Ländern – die EU-Richtlinie gilt schließlich nicht nur für Deutschland. Eine Nachricht erreichte die Redaktion von einem Strand in Griechenland. Ein Leser schickte ein Foto eines Abschnitts voller Kieselsteine, zwischen denen immer wieder bunte Flaschendeckel zu sehen waren. In anderen Ländern scheinen die achtlos weggeworfenen Deckel also tatsächlich ein Problem zu sein. Aktuell führt an der EU-Richtlinie sowieso kein Weg vorbei – und Experte Markus Prem glaubt, dass sich die Menschen bald daran gewöhnen, sich nicht mehr darüber aufregen werden. Auch an die Abschaffung von Plastiktüten oder Strohhalmen aus Kunststoff hätten sich die Menschen schließlich im Laufe der Zeit gewöhnt. ■