Im Westen gelandet

Ein DDR-Flieger ist jetzt im Tierpark: Das wurde aus Honeckers Airbus-Flotte

Sie flogen sogar Merkel und Co. Nun schreiben die DDR-Jets weiter Geschichte – im Serengeti-Park, in Frankreich und im Iran.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Erich Honecker mit geballter Faust und die Airbusse mit Interflug-Lackierung: Um die Überlegenheit des Sozialismus zu zeigen, schaffte man sich in der DDR auch Flugzeuge aus dem Westen an.
Erich Honecker mit geballter Faust und die Airbusse mit Interflug-Lackierung: Um die Überlegenheit des Sozialismus zu zeigen, schaffte man sich in der DDR auch Flugzeuge aus dem Westen an.United Archivs/imago, INTERFLUG, Abt. Werbung (Archiv), BK-Montage: M. Deutschmann

Mit ihnen wollte DDR-Regierungschef Erich Honecker (1912-1994) hoch hinaus und vor allem weit weg nach Kuba oder Peking. Mit drei Airbus-Maschinen vom Typ A310, die der klamme SED-Staat vom Westen kaufte und die1989 bei der Interflug zum Einsatz kamen. Der Deal schrieb deutsch-deutsche Geschichte. Was aus Honis Airbus-Flotte wurde? Einer dieser West-Flieger ist gerade als neue Attraktion in dem tierischen Serengeti-Freizeitpark in Hodenhagen (Niedersachsen) gelandet.

Drei Nächte lang wurde sein 47 Meter langer und 79 Tonnen schwerer Rumpf auf einem Schwerlasttransporter vom Flughafen Hannover durch die Heidelandschaft zu dem Tierpark gekarrt. 50 Kilometer lang war die letzte Reise dieses DDR-Jets. Am Donnerstag wurde der Airbus-Rumpf mittels Kränen auf seinen letzten Platz im Serengeti-Park gehievt, wo er nun zu einem Restaurant (200 Plätze) umgebaut werden soll, das im Sommer 2026 eröffnet, wenn alles gut geht. Park-Chef Fabrizio Sepe (55) wird das Ganze am Ende fünf Millionen Euro kosten.

Im Serengeti-Park in Hodenhagen wird der letzte DDR-Airbus mit zwei Kränen aufgestellt. Ein Restaurant soll er werden.
Im Serengeti-Park in Hodenhagen wird der letzte DDR-Airbus mit zwei Kränen aufgestellt. Ein Restaurant soll er werden.Moritz Frankenberg/dpa

Die graue Lackierung stammt noch von den letzten Jahren, als Honis-Airbus für die Luftwaffe unter dem Namen „Kurt Schuhmacher“ im Einsatz war. Im August 2021 wurden mit ihm noch Flüchtlinge aus Afghanistan nach Deutschland geflogen. Dann stellte man die Maschine außer Dienst gestellt, die mehr als drei Jahrzehnte zuvor zu den drei westlichen A310-Stars der Interflug auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld gehörte.

Honeckers Airbus-Flotte: 1989 kamen die West-Flieger in die DDR

Honeckers Staats-Airline sollte mit den Airbus-Maschinen moderner werden. Und sie sollten kräftig im Langstrecken-Geschäft mit Nonstop-Flügen nach Kuba und Asien die westliche Konkurrenz aufmischen. Mit den sowjetischen IL62-Fliegern hätte das nie geklappt. 1988 wurde der A310-Deal eingefädelt. Strippenzieher war Bayerns Ministerpräsident (und Airbus-Aufsichtsratschef) Frank-Josef Strauß (CSU), der der DDR schon den Milliardenkredit ermöglicht hatte. Und so konnten Honis Funktionäre auch problemlos die 420 Millionen Westmark zahlen.

Angela Merkel nutzte als Kanzlerin ebenfalls einen DDR-Airbus als Regierungsflieger. Mit der „Theodor Heuss“ landete sie 2008 in Kasachstan. Heute soll diese Maschine in einem Depot verrotten.
Angela Merkel nutzte als Kanzlerin ebenfalls einen DDR-Airbus als Regierungsflieger. Mit der „Theodor Heuss“ landete sie 2008 in Kasachstan. Heute soll diese Maschine in einem Depot verrotten.Rolf Vennenbernd/dpa

1989 waren dann die Westflieger da. Der letzte Airbus wurde einen Monat vor dem Mauerfall bei der Interflug in den Dienst gestellt. Doch mit dem Aus der DDR und der Interflug war auch das Ende von Honeckers Airbus-Flotte besiegelt. 1991 wurden die Maschinen von der Bundeswehr übernommen.

Zwei von ihnen waren unter den Namen „Konrad Adenauer“ und „Theodor Heuss“ als Regierungsflieger bis 2010 im Einsatz. Die Kanzler Helmut Kohl, Gerhard Schröder und Angela Merkel flogen mit ihnen, auch Bundespräsidenten nutzen die einstigen DDR-Flieger für Dienstreisen.

Der erste Airbus der Interflug (damalige Kennung: „DDR-ABA“) wird von Novespace als Parabelflugzeug für Schwerelosigkeitsversuche eingesetzt und wird auch von der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA genutzt.
Der erste Airbus der Interflug (damalige Kennung: „DDR-ABA“) wird von Novespace als Parabelflugzeug für Schwerelosigkeitsversuche eingesetzt und wird auch von der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA genutzt.Rüdiger Wölk/dpa

Dafür hatte man diese einstigen Stars der Interflug umgebaut. Die zweistrahligen Jets (Reichweite: 11.500 Kilometer) hatten Schlafzimmer (10 Meter groß), Dusche und Arbeitszimmer samt abhörsicherem Satellitentelefon, Fax und Fernschreiber (das gab es damals noch!). An Bord der Regierungsflieger gehörte auch ehemaliges Interflug-Personal.

Insgesamt 23 Interflug-Stewardessen wurden mit den Airbussen übernommen. An Bord dieser Maschinen war auch stets ein Arzt, ein Koch, ein eigener Gepäckmeister, ein sogenannter Hausintendant, ein Butler, Bügelfrau und Friseuse, Referenten, die Sekretärin – und natürlich Bodyguards vom Bundeskriminalamt.

Honeckers Airbus-Flotte: Ein DDR-Flieger verrottet im Depot

2014 war dann Schluss, man wechselte die DDR-Flieger gegen neue Airbus-Maschinen aus. Verschrottet werden sollte Honis Flotte nicht. Es fanden sich Käufer. Der eine A310 (ehemalige Kennung „DDR-ABA“, später „Konrad Adenauer“) wird in Frankreich von der Firma Novespace als Parabelflugzeug für Schwerelosigkeitsversuche eingesetzt.

Der zweite DDR-Airbus („DDR-ABB“, später „Theodor Heuss“) gelangte über abenteuerliche Wege in den Iran. Zunächst wollte ein Geschäftsmann aus Gibraltar das Flugzeug kaufen. Angeblich habe er über drei Millionen Euro für die Maschine gezahlt. Doch in Gibraltar fand der DDR-Airbus keine neue Heimat. 2011 soll er auf dem Flughafen in Kiew gelandet sein. Von dort ging es wohl nach Armenien, wo der A310 auch Regierungsflieger gewesen sein soll. Endstation wurde der Iran. Dort soll der DDR-Airbus ungenutzt in einem Depot stehen.