Großes Interview zum 80.

Dieter „Maschine“ Birr: „Mit den Puhdys habe ich abgeschlossen“

Im KURIER-Interview spricht Birr über sein neues Album und seinen Geburtstag am 18. März und er erklärt, weshalb es kein Puhdys-Comeback gibt – und warum er keine Angst vorm Altern und dem Tod hat.  

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Dieter „Maschine“ Birr beim KURIER-Fotoshooting vor einer alten Straßenbahn im Straßenbahn-Depot Schöneiche: 80 Jahre alt wird die Rocklegende am 18. März.
Dieter „Maschine“ Birr beim KURIER-Fotoshooting vor einer alten Straßenbahn im Straßenbahn-Depot Schöneiche: 80 Jahre alt wird die Rocklegende am 18. März.Volkmar Otto

Er ist einer der prominentesten Rocker des Landes. Dieter „Maschine“ Birr, der 47 Jahre Frontmann bei der DDR-Kultband Puhdys war und seitdem als Solist auf den Bühnen unterwegs ist. Am 18. März feiert er seinen 80. Geburtstag. An die viel besungene Rockerrente ist bei ihm nicht zu denken. Im Gegenteil: Maschine rockt weiter, beschenkt sich und seine Fans mit dem Buch „Was bisher geschah“ und mit dem neuen Album „Mein Weg“ (erscheint am 22. März). Im Vorfeld traf sich der KURIER mit der Rocklegende zum großen Geburtstags-Interview.

Berliner KURIER: Maschine, wie und wo wirst du deinen Geburtstag feiern?

Dieter Birr: Ich werde mit meiner Frau Sylvia auf einer Kreuzfahrt nach Südamerika sein. Brasilien, Uruguay, als letzte Station steht wohl Argentinien auf dem Plan. Als Brandenburger Ehrenbierbotschafter hoffe ich, dass es an Bord auch Bier zum Anstoßen gibt (lacht).

Für den KURIER-Fotografen hat sich Dieter „Maschine“ Birr in eine alte Straßenbahn gesetzt. Zu seinem Geburtstag ist er mit einem Schiff auf Kreuzfahrt.
Für den KURIER-Fotografen hat sich Dieter „Maschine“ Birr in eine alte Straßenbahn gesetzt. Zu seinem Geburtstag ist er mit einem Schiff auf Kreuzfahrt.Volkmar Otto

Auch musikalisch begibst du dich auf eine Kreuzfahrt ...

2022 war ich schon auf so eine Art Musikdampfer mit dem Silly-Gitarristen Uwe Hassbecker in Norwegen, wir gaben drei Konzerte. Das wird quasi im Sommer wiederholt. Allerdings muss Uwe Hassbecker dieses Mal doppelt ran: einmal mit mir und einmal mit Silly. Denn seine Band gibt auf dem Schiff ebenfalls ein Konzert, bei dem auch Julia Neigel und Toni Krahl dabei sind. Das wird bestimmt gemütlich.

Nach deinem Geburtstag geht es bei dir gleich mit neuer Platte und neuem Buch mit viel Volldampf voraus …

 … ja, die erste Autogrammstunde ist am 21. März im Kaufpark-Eiche, bin einen Tag später in der MDR-Talkshow Riverboat, dann geht es zur Leipziger Buchmesse. Mit Lesungen und mit „Maschine intim – Lieder für Generationen“ mit Uwe Hassbecker werde ich bis zum Jahresende unterwegs sein.

Volle Fahrt voraus: Dieter „Maschine“ Birr denkt auch mit 80 noch lange nicht an die Rockerrente.  
Volle Fahrt voraus: Dieter „Maschine“ Birr denkt auch mit 80 noch lange nicht an die Rockerrente. Volkmar Otto

Dieter „Maschine“ Birr über ein Puhdys-Comeback: „Vielleicht wären die Fans von dem Auftritt enttäuscht“

Also wird es nichts mit der Rockerrente?

Nee! Vielleicht trete ich irgendwann ja einmal kürzer. Aber ich kann mir das nicht wirklich vorstellen (lacht).

Gibt es denn gar keinen großen Traum außerhalb der Musik, den du dir mit 80 noch erfüllen möchtest?

Für mich soll alles so bleiben, wie es ist. Weiter Musik machen, natürlich erfolgreich, solange es geht. Und weiter mit den wichtigsten Menschen in meinem Leben zusammen sein: mit meiner Frau, meinen Kindern und Enkeln – und natürlich mit Freunden wie Uwe Hassbecker und meinem Co-Produzenten Lukas Schaaf.

Als dein einstiger Puhdys-Kollege Peter Meyer vor vier Jahren 80 wurde, sagte er mir, dass er sich trotz des Band-Konfliktes wünscht, noch einmal mit den Puhdys spielen zu wollen. Wie sieht es bei dir aus?

Ich habe für mich abgeschlossen. Wenn Schluss ist, ist Schluss. Der Abschiedsschmerz ist vorbei. Unser Manager Rolf Henning schlug nach dem Band-Ende vor, dass wir zum 50. Puhdys-Jubiläum (2019) noch einmal zusammenkommen und eine Tour machen. Ich war dagegen. Es ist schön, wenn die Menschen sich ein Comeback wünschen. Das hört sich auch sehr verlockend an.

Aber man wird unglaubwürdig, wenn man nach dem offiziellen Abschied dann nach drei Jahren noch einmal auf der Bühne steht. Vielleicht wären die Fans von dem Auftritt sogar enttäuscht. So sehe ich das immer noch. Wären wir friedlich auseinandergegangen, hätte man sicher mehr über ein Comeback nachgedacht, um den Fans eine Freude zu machen. Aber die Leute haben ja mitbekommen, dass am Ende nicht alles so gut war.

Nach dem Geburtstag kniet sich Dieter Birr wieder in die Arbeit, ist unter anderem mit dem Silly-Musiker Uwe Hassbecker auf Tour.
Nach dem Geburtstag kniet sich Dieter Birr wieder in die Arbeit, ist unter anderem mit dem Silly-Musiker Uwe Hassbecker auf Tour.Dana Barthel

Dieter „Maschine“ Birr: Dass ein neuer Song wie Rammstein klingt, ist kein Zufall

Zum Album: Du hast darauf alte Puhdys- und Solo-Klassiker von dir aufgenommen. Aber es gibt auch fünf neue Songs wie „Hunderttausend Laienrichter“, das sehr an Rammstein erinnert. 

In dem Lied geht es um öffentliche Vorverurteilungen von Menschen in den heutigen Medien – nur aufgrund eines Verdachtes. Das hat mich an den Fall des Rammstein-Sängers Till Lindemann im vergangenen Jahr erinnert. Am Ende stellte die Staatsanwaltschaft in Berlin die Ermittlungen gegen ihn ein.

Dieter „Maschine“ Birr schaut stets optimistisch nach vorn: Sein größter Wunsch ist es, weiter erfolgreich Musik zu machen.
Dieter „Maschine“ Birr schaut stets optimistisch nach vorn: Sein größter Wunsch ist es, weiter erfolgreich Musik zu machen.Volkmar Otto

Vorverurteilungen gab es ja auch bei dir, als die Puhdys im Streit vor Gericht gingen …

Ich habe es auch erlebt. Eine Zeitung nannte mich damals Dieter Gier, obwohl das nicht den Tatsachen entsprach. Das hat mich sehr verletzt. Ich habe zu dem Fall in der Vergangenheit schon genug gesagt. Für mich ist das Thema gegessen.

Auf der Platte machst du jemanden im Lied „Sonnenseite“ Mut, der nun nicht mehr auf der Sonnenseite des Lebens steht. Wen meinst du damit?

Der Song ist eigentlich aus meiner Fantasie heraus entstanden. Aber beim Schreiben habe ich an meinen alten Kumpel Christian Liebig (schied Anfang 2023 bei Karat aus, d. A.) gedacht, wie schwer es für ihn war, die Band zu verlassen. Und das tat mir als Freund weh.

Haben sich schon oft zum Interview getroffen: Dieter „Maschine“ Birr und KURIER-Reporter Norbert Koch-Klaucke 
Haben sich schon oft zum Interview getroffen: Dieter „Maschine“ Birr und KURIER-Reporter Norbert Koch-Klaucke Gerd Engelsmann

Dirk Michaelis und die junge Sängerin Nessi sind auf deinem Album dabei. Wie kam es dazu?

Dirk ist ja ein Wiederholungstäter, war schon auf meinen anderen Solo-Alben zu Gast. Nun ist er auf der Neuaufnahme der Puhdys-Nummer „Melanie“ zu hören – durch einen Zufall. In dem Studio, in dem wir die Platte aufnahmen, hat Dirk sein Büro. Eines Tages klopfte er bei uns an und ich sagte, dass er gleich für eine Aufnahme bleiben kann. Da er den Song kannte, war das auch kein großes Problem. In zehn Minuten war dann „Melanie“ fertig.

Das Cover zu Maschines neuem Album „Mein Weg“
Das Cover zu Maschines neuem Album „Mein Weg“Premium Records/Chris Gonz

Dieter „Maschine“ Birr: Sein Song über die DDR-Armeezeit wird zum Antikriegslied

Und wie konntest du Nessi für den Puhdys-Song „Das Buch“ gewinnen?

Ein Studio hat sie uns empfohlen. Nessi ist eine junge Künstlerin, die schon mit dem Rapper Kool Savas und mit Scooter zusammengearbeitet hat. Ich finde es toll und ich wollte es auch so, dass mit mir eine Künstlerin aus einer anderen Generation das bereits 40 Jahre alte Lied singt, das entstand, als sie noch gar nicht auf der Welt war. Das Ergebnis kann sich hören lassen.

Sängerin Nessi bei einem Konzert in Berlin. Auf dem Album von Dieter „Maschine“ Birr singt die gebürtige Hamburgerin in der Neuaufnahme des Puhdys-Liedes „Das Buch“ mit.
Sängerin Nessi bei einem Konzert in Berlin. Auf dem Album von Dieter „Maschine“ Birr singt die gebürtige Hamburgerin in der Neuaufnahme des Puhdys-Liedes „Das Buch“ mit.Martin Müller/imago

Mit „Das Buch“ und „Hiroshima“ hast du Antikriegslieder auf der Platte, die leider noch immer  aktuell sind. Auch in einigen neuen Songs geht es um Krieg. In „Lange her“ singst du, „wie scheiße die Armeezeit“ in der DDR war. Warum?

Ich wurde vor der Puhdys-Zeit auch zur Armee eingezogen. Und ich weiß, wie scheiße das für viele junge Männer in der DDR war. Darüber singe ich in „Lange her“, aber auch darüber, dass heute Soldaten in der Ukraine kämpfen müssen und getötet werden. Dagegen war die Armeezeit in der DDR geradezu ein Spaziergang. Die Kämpfe in der Ukraine, bei denen Soldaten und Zivilisten getötet und Städte zerstört werden: Für mich gibt es keinen vernünftigen Grund, Kriege zu führen. So groß kann keine Sache sein, um dafür Menschenleben zu opfern. Ehrlich gesagt habe ich nie daran gedacht, dass es wirklich noch einmal zu einem Krieg in Europa kommt.

Selbst beim KURIER-Fotoshooting im Straßenbahn-Depot trifft Dieter „Maschine“ Birr auf seine Fans, macht hier mit Vermessungsarbeiter Heiko Kleister ein Selfie.
Selbst beim KURIER-Fotoshooting im Straßenbahn-Depot trifft Dieter „Maschine“ Birr auf seine Fans, macht hier mit Vermessungsarbeiter Heiko Kleister ein Selfie.Volkmar Otto

Dieter „Maschine“ Birr: „Ich habe keine Angst vor dem Tod. Aber ich freue mich auch nicht darauf“

Wer dich kennt, weiß, dass du ein Mensch bist, den nichts umhauen kann und der stets optimistisch nach vorne schaut. Dein Song „Auf das Leben“ verstehe ich als Hymne darauf. Hast du dir jemals Gedanken über das Alter und den Tod gemacht? Ein Onkel von dir ist sogar 101 Jahr alt geworden.

Ja, er starb vor einem Jahr und war bis zuletzt fit. Ich sage ja immer, dass man sich bei mir mit dem Geburtsjahr in der Geburtsurkunde geirrt hat. Über das Alter mache ich mir keine Gedanken. Ähnlich ist es mit dem Tod. Als meine Mutter starb, hielt ich die Trauerrede. Darin erinnerte ich, wie ich sie als Kind fragte, wie es ist, wenn man tot ist. Meine Mutter sagte: „Tot sein ist wie Schlafen, nur dass man keine Träume mehr hat.“ Ich habe keine Angst vor dem Tod. Aber ich freue mich auch nicht darauf.

Das Interview führte Norbert Koch-Klaucke.