Briefe vom Finanzamt haben vielen Berlinern die Vorweihnachtszeit verhagelt. Briefe, in denen die neuen Grundsteuerabschläge, die ab Februar 2025 gezahlt werden müssen, mitgeteilt werden. Besitzer von Wochenendgrundstücken, Eigenheimen oder Eigentumswohnungen müssen auf einmal das Doppelte, Dreifache, manchmal sogar das 10- oder 20-Fache wie bisher zahlen. Und das entgegen der Ankündigungen des Berliner CDU-Finanzsenators, dass sich nicht viel ändern wird. Schon mehrmals hat der Berliner KURIER über die Ungerechtigkeiten der neuen Grundsteuer berichtet. Heute kommen wieder unsere Leser zu Wort, denn immer noch erreichen uns viele Briefe. Nicht nur von Berlinern.
„Auch ich habe den neuen Grundsteuerbescheid erhalten“, schreibt uns der Berliner Rentner Uwe F. „Bisher musste ich jährlich rund 200 Euro bezahlen, nach der neuen Berechnung sind es rund 800 – eine Steigerung von mehr als 300 Prozent.“ Er weiß nicht, wie er das Geld aufbringen soll. „Mit einer jährlichen Zahlung von 400 Euro könnte ich als Rentner noch leben, aber jetzt!?“ Uwe F. hat beim Finanzamt Einspruch eingelegt, doch der wurde abgewiesen. Mit dem lapidaren Verweis darauf, dass im Westteil der Stadt bisher die Berechnung von 1964 und im Ostteil der Stadt die Berechnung von 1935 galt.
Grundsteuer-Erhöhung: „Heimliche Enteignung der fleißigen Bürger“
Auch Familie B. (zwei Kinder) aus Berlin-Mahlsdorf hat sich bei uns gemeldet. „Leider hat sich unser Wert auch verdreifacht, was völlig unrealistisch ist“, heißt es in der E-Mail an uns. Nur weil der Senat mehr Geld brauche, gehe es immer mehr in Richtung Arm und Reich. „Wir zählen nicht zu reich“, schreiben sie. „Man kann das schon fast nicht mehr stemmen mit zwei Kindern, wenn alles so teuer wird.“
Ähnlich geht es Astrid S. aus Marzahn. Sie wohnt alleine, ist Alleinverdiener und hat sich im vergangenen Jahr eine kleine Eigentumswohnung gekauft – 58 Quadratmeter groß. „Die Grundsteuer betrug bisher 48,43 Euro im Quartal, ab 2025 sind es nun 82,46 Euro.“ Sie sagt:„ Ich finde, das ist Wucher.“
Andreas R. aus Berlin-Köpenick ist ebenfalls sauer. „Die im KURIER geschilderten Erhöhungen der Grundsteuer treffen auch leider für mich zu“, schreibt er uns. „Ich habe mehrere Objekte in Köpenick. Bei allen Objekten zahle ich jetzt fast das Drei- bis Vierfache.“ Für Andreas R. ist klar: „Da steckt System hinter. Der Staat wusste genau, dass im Zuge der Bewertung der Liegenschaften höhere Grundsteuern rauskommen.“ Er erklärt, dass er das Ganze als heimliche Enteignung der fleißigen Bürger sehe. „Über Jahrzehnte hart geschuftet und den Kredit abgezahlt und nun das. Die Bürger sollten hier wirklich auf die Barrikaden gehen.“
Und für viele Berliner könnte das dicke Ende noch kommen, vermutet Claudia G. Bisher werde meist über die Auswirkungen der neuen Grundsteuer auf die Eigentümer berichtet. Doch: Alle Berliner sind betroffen. Denn die Eigentümer von Miethäusern und vermieteten Wohnungen können (und werden es müssen) die gestiegenen Grundsteuern auf die Nebenkosten der Mieter umlegen. „Ich fürchte, in Innenstadtlagen könnten die Auswirkungen extremer sein“, schreibt Claudia G.
Aber es gibt auch Eigentümer, die weniger als vorher zahlen müssen – vor allem im Westteil Berlins. Wie bei Michael H.: „Ich verstehe die ganze Aufregung nicht, für mich hat sich die Grundsteuer halbiert.“ Er lebe im Westteil der Stadt und hätte bisher schon eine hohe Grundsteuer zu zahlen gehabt. „Nunmehr nach der Angleichung, haben die Menschen im Ostteil der Stadt mehr zu zahlen“, schreibt er uns. „Aber ist das ungerecht? Ich denke nicht. Für alle Berliner gilt jetzt die gleiche Bemessungsgrundlage und das ist gut so.“
Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz
Aber das Problem mit den für viele explodierenden Grundsteuern betrifft nicht aber nur den Osten, nicht nur Berlin. Rainer U. schreibt uns aus einem eingemeindeten Dorf in NRW. Er berichtet von Gärten ohne Zufahrt, die plötzlich als Bauland eingestuft werden, von Hausbesitzern, die hier Miteigentümer der vorbeiführenden Stichstraße sind – die plötzlich auch als Bauland klassifiziert wird.
„Die Stadt besteuert den Weg wie ein Baugrundstück, und nicht, wie bei öffentlichen Straßen und Wegen, mit 0,00 Euro pro Quadratmeter“, erklärt Rainer U. fassungslos. „Wir machen eine Rückfrage beim Gutachterausschuss, ob das so richtig sei. Antwort: NEIN, wir als Gutachter legen nur den Wert von Baugrundstücken fest, nicht aber von Wegen und Straßen innerhalb der von uns markierten Zone. Anträge an das Finanzamt und die Stadt blieben bisher erfolglos. Ohne Jurastudium, nur mit gesundem Menschenverstand, ordne ich das als Betrug ein.“

Aus Mainz in Rheinland-Pfalz erreicht uns eine E-Mail von Johann B. „In meinem Fall erhöht sich die Grundsteuer allein aufgrund des vom Finanzamt beschiedenen Grundsteuermessbetrags um das 2,4-Fache bei gleichbleibendem Hebesatz“, schreibt er uns. Nun wolle die Stadt Mainz sogar noch den Hebesatz von 480 auf 600 erhöhen. „Dann zahle ich fast das 3-Fache an Grundsteuer. Bisher habe ich 415 Euro gezahlt. Zukünftig werden es 1238 Euro sein. Von der versprochenen Aufkommensneutralität der Politik ist nichts mehr zu finden.“