Bei der Berliner S-Bahn dauert alles ein wenig länger. Probleme bereitet nicht nur die Bestellung von neuen Zügen, auch Bauarbeiten ziehen sich wie Kaugummi in die Länge. Rekordverdächtig: Vor 27 Jahren wurde für den S-Bahnhof Alt-Reinickendorf ein dringend benötigter zweiter Ausgang bestellt – im nächsten Jahr soll er endlich fertig sein. Das geht aus der Senatsantwort auf eine kleine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Oda Hassepaß hervor. Bei den anderen Bahnhöfen sieht es mit den geplanten neuen Zugängen aber nicht viel besser aus, wie die Berliner Zeitung berichtet.
Die Zahlen sind eigentlich überschaubar. DB InfraGo, das Infrastrukturunternehmen der Deutschen Bahn, bearbeitet in Abstimmung mit dem Senat 14 Projekte in 13 S-Bahnhöfen. Doch nur für drei Bahnhöfe gibt es überhaupt Termine für die Fertigstellung. Das sind neben Alt-Reinickendorf neue Zugänge für die S-Bahnhöfe Köpenick (fertig bis 2027) und Wollankstraße (Fertigstellung bis 2028).
S-Bahnhof Prenzlauer Allee: Anwohner müssen Umwege laufen
Ein Sorgenkind ist der S-Bahnhof Prenzlauer Allee. Anwohner kennen das Dilemma: Bisher gibt es für den viel genutzten Ringbahnhof nur einen Ausgang zur Prenzlauer Allee. S-Bahnnutzer aus dem Helmholtz- und Wichert-Kiez müssen lange Umwege zum Bahnhof einplanen oder laufen gleich zum nächsten S-Bahnhof Schönhauser Allee. Schon seit 1997 gibt es Pläne, eine Brücke über die Gleise zur Ahlbecker und zur Kanzowstraße zu bauen, 2013 begann das Planfeststellungsverfahren. Aber erst jetzt, im November, finden Gespräche zwischen Senat und Deutscher Bahn statt, um mögliche Varianten abzustimmen.
Die Entwurfsplanung soll bis zum dritten Quartal 2025 abgeschlossen sein, berichtet die Berliner Zeitung. Dann kommt noch die Genehmigungsplanung und der Antrag auf Planrecht. Läuft alles glatt, könnten die Bauarbeiten für den zweiten Zugang am Bahnhof Prenzlauer Allee Ende 2030 beginnen. Bauzeit: nochmal zwei Jahre.
Hindernisse für den Baubeginn gibt es viele: Etwa langwierige Planungen, bei der viele Behörden mitzusprechen haben. Oder der Denkmalschutz. Oder Anwohner, die Einsprüche gegen den zu erwarteten Fußgänger-Verkehr haben und die Planungen blockieren. Richtig kompliziert wird es, wenn für den Bau auch noch Privatgrundstücke benötigt werden.
Folge der Verzögerungen: „Den Fahrgästen wird eine bessere Erreichbarkeit der S-Bahn vorenthalten. Zudem sind die Kosten inzwischen sehr stark gestiegen, wodurch unnötig viele Steuergelder verbraucht werden“, erklärt Oda Hassepaß in der Berliner Zeitung. Für die Bahnhöfe Westend (Streit über Wegerecht, Denkmalschutz) und Zehlendorf (Probleme mit dem Mobilitätsgesetz, Denkmalschutz) kam es gar zum kompletten Planungsstopp – ein Neustart nach vielen Jahren Vorlauf ist hier erforderlich.
Bei sieben weiteren S-Bahnhöfen läuft die Planung, ein Baubeginn ist aber noch nicht in Sicht. „Die extremen Verzögerungen beim Bau zusätzlicher S-Bahnhofszugänge sind enttäuschend“, sagte die Grünen-Abgeordnete Oda Hassepaß.
Sieben Bahnhöfe, siebenmal Verzögerung
Blankenburg: Geplant ist ein weiterer Zugang an der Ostseite. Eine Bestellung für den Zugang läuft seit 2021. Die Bauarbeiten werden kompliziert, da ein Durchstich unter der viel befahrenen Trasse (S-Bahn, Fern-, Regio und Güterzüge) für den Zugang nötig ist. Es gibt noch keine Bautermine, die Bahn ist noch in der Planungsphase.
Kaulsdorf: Soll einen Südostzugang bekommen. Die Senatsverkehrsverwaltung hat den schon 2018 bestellt – bisher aber noch keine Finanzierung zugesichert. Der Projektauftrag wird derzeit erstellt. „Die DB geht derzeit davon aus, dass der Bau des Südzugangs am S-Bahnhof Kaulsdorf Anfang der 2030er-Jahre beginnen kann“, heißt es.
Eichborndamm: Zusätzlicher Zugang auf der Ostseite. Wie beim S-Bahnhof Reinickendorf wurde der Zugang auch schon vor 27 Jahren vom Senat bestellt. Bisher befinde sich das Vorhaben aber immer noch in der „Leistungsphase 1-4“ – also bei Grundlagenermittlung, Vor-, Entwurfs- und Genehmigungsplanung. Es gibt noch keine Termine.

Lichterfelde Süd: Bestellung läuft seit 2016. Viel ist noch nicht passiert, man sei in Leistungsphase 1-2, also noch in der Vorplanung.
Marienfelde: Der Bahnhof soll einen Nordzugang bekommen. Die Bestellung stammt schon aus dem Jahre 2000 und wurde 2023 aktualisiert, wie es in der Senatsantwort heißt. Derzeit wird der Projektauftrag fortgeschrieben, heißt es wolkig. Abhängig seien die Arbeiten von der geplanten Modernisierung des Bahnhof und der Fertigstellung der Dresdener Bahn (2025). Mögliche Termine: Fehlanzeige.
Tempelhof: Der Ringbahnhof soll nach dem Umbau auch von der Ostseite des Tempelhofer Damm erreichbar sein, wie die Berliner Zeitung schreibt. Die Senatsbestellung von 2012 wurde 2016 aktualisiert. Was aber nicht Beschleunigung heißt: Die Planung ist immer noch ganz am Anfang, in den Leistungsphasen 1-2.
Westkreuz: Vor 20 Jahren wurde ein zusätzlicher Zugang am Ostende der Bahnsteige bestellt. Eine Brücke muss gebaut werden, 2017 wurden auch Aufzüge geordert, 2022 wurde die Genehmigungsplanung eingereicht. Inzwischen hat sich aber herausgestellt, dass die südliche Zuwegung „aufgrund strittiger Eigentumsverhältnisse und eines laufenden Gerichtsverfahrens“ nicht weiter geplant werden kann, heißt es in der Anwort auf die Anfrage. ■