Die Angst geht um in Gusow-Platkow (Märkisch-Oderland). Die Angst vor dem Wolf. Seitdem sich in der Nähe einer Siedlung des Gusower Bahnhofs ein Wolfsrudel niedergelassen hat und nahe am Ort ein Reh gerissen wurde. „Achtung, Wolfsgebiet“: Mit Warnschildern will das Amt Seelow-Land jetzt auf mögliche Begegnungen mit dem Wolf hinweisen. Das gab es noch nie in Brandenburg.
Anlass für die Hinweistafeln im Amt Seelow-Land ist der Riss eines Rehs im Dorf Gusow vor etwa einem Monat, sagt Robert Schulz, der Wolfsbeauftragte des Amts Seelow-Land. „Das ist bemerkenswert, dass so ein scheues Tier die Nähe zu menschlichen Siedlungen sucht.“ Das Amt müsste mögliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausmerzen, wenn ein Wolf Kontakt zum Siedlungsgebiet sucht, um sich eventuelle Nahrungsquellen zu erschließen oder einfach nur auszukundschaften.
Der Naturschutzbund (Nabu) hält das Aufstellen von Wolfshinweisschildern auf dem Gebiet des Amtes Seelow-Land für überzogen. „Man schürt damit eher die Angst“, sagte Christiane Schröder, Landesgeschäftsführerin des Nabu in Brandenburg. Man könne dem Wolf jederzeit in Brandenburg begegnen, da er dort flächendeckend vorkomme. „Dafür braucht es keine extra Schilder.“
Freigänger-Katzen haben erhöhtes Risiko
Laut Schulz wurden gerade acht Tafeln an Hauptwegen rund um ein Waldgebiet zwischen Gusow-Platkow und Neuhardenberg angebracht, die vor zufälligen Begegnungen mit den Raubtieren warnen. Ihm sei bislang sonst kein Ort bekannt, der von Amts wegen solche Schilder aufgestellt habe. Brandenburg gilt als Wolfsland Nr. 1 in Deutschland.
Der Wolfsbeauftragte Schulz sagt, er wolle mit den Schildern keine Panik machen, aber die Verwaltung sehe sich in der Pflicht, mögliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einzudämmen. Die Bevölkerung solle sensibilisiert werden. Anwohner und Spaziergänger dürften aber weiterhin die Wälder betreten.
Robert Schulz sagt, die Resonanz auf die Warnschilder-Initiative sei bislang überwiegend positiv. „Der eine oder andere traut sich vielleicht nicht mehr in den Wald.“ Der Wolfsbeauftragte rät allerdings, Kinder im Wald nicht unbeobachtet zu lassen. Auch auf die Leinenpflicht für Hunde sei zu achten, wie er rbb224 sagte. Zudem hätten Freigänger-Katzen ein erhöhtes Risiko, von Wölfen erlegt zu werden.
Erst in der vergangenen Woche hat das Landesamt für Umwelt bestätigt, dass in Döbern (Spree-Neiße-Kreis) eine Katze von Wölfen gerissen wurde. Der Landesjagdverband in Michendorf teilte mit: „Freigänger-Katzen leben zunehmend gefährlich.“ Beobachtungen und genetische Untersuchungen belegten, dass Wölfe auch Katzen töteten und dazu auch in Ortslagen vordrängen. Der Jagdverband rät, Katzen besser zu Hause zu halten.

„Übergriffe auf Nicht-Nutztiere sind sehr selten“, sagte aber ein Sprecher des Landesumweltamtes. Laut Statistik der Behörde gab es 1281 gerissene Schafe und Ziegen in 2023. In der Kategorie „Sonstige“ – darunter können etwa Hühner oder Katzen fallen – sind neun gerissene Tiere verzeichnet.
Der Landesjagdverband warnte dagegen, auch gewöhnliche Haustiere wie Hund und Katze würden stärker in den Fokus der Wölfe rücken. Denn Wildbestände gingen zurück und damit auch das Nahrungsangebot für Wölfe, sagte Verbands-Geschäftsführer Kai Hamann. Die Lausitzer Rundschau hatte vor Tagen etwa berichtet, wie der betroffene Katzenhalter aus Döbern vor seinem Grundstück einen Wolf sah – mit dem Hauskater im Maul. Die Sorge in der Nachbarschaft sei groß.
Bisher darf der Wolf nicht gejagt werden
Die Frage, ob Wölfe die Scheu vor Menschen verlieren und eine Gefahr darstellen, führt immer wieder zu Diskussionen und auch Unsicherheiten in der Bevölkerung. Ein direktes Zusammentreffen von Wolf und Mensch sei auch in Gebieten, die von Wölfen besiedelt seien, selten, heißt es auf der Internetseite des Bundesumweltministeriums. Es bleibe aber nicht aus, dass die Tiere an Siedlungen vorbei- oder gelegentlich auch durchliefen.
Wölfe sind bislang streng geschützt und dürfen nicht gejagt werden. Derzeit ist in der politischen Diskussion, den Schutzstatus zu lockern. Zudem wollten die Umweltminister von Bund und Ländern bei problematischen Wölfen, die Schutzzäune überwunden und Nutztiere gerissen haben, Schnellabschüsse ermöglichen. Seit langem tobt in Deutschland ein Streit im Umgang mit dem Wolf etwa zwischen Jägern und Tierschützern. ■