Sam Riley hat zur 75. Berlinale ein großes Thema gewälzt. Nicht auf den ersten Blick. Er spielt den verkümmerten Profi-Tennisspieler Tom. In einer Ferienanlage auf den Kanaren zeigt Tom Touristen, wie man richtig mit dem Schläger hantiert. Toms Tragik liegt darin, dass er sein Potenzial nicht ausgeschöpft hat. Er hat wahrscheinlich einmal gegen Rafael Nadal gespielt, diesen großen Superstar des Tennissports – wir wissen es nicht genau, aber er sagt es.
Tom hatte also auf jeden Fall das Zeug zu etwas ganz Großem – und er hat es trotzdem nicht geschafft, dieses Große zu packen. Darunter leidet er wie ein Hund. Bis ihn die Ankunft einer geheimnisvollen Familie aus seinem Alltagstrott aus Tennisstunden, Suff und One-Night-Stands reißt. Es beginnt ein echter Krimi. Und viele werden sich an die Bücher von Patricia Highsmith erinnert fühlen, etwa an „Der talentierte Mr. Ripley“.
„Islands“ (Berlinale Special Gala) von Regisseur und Drehbuchautor Jan-Ole Gerster erzählt die Geschichte des gescheiterten Tennisprofis Tom als Film Noir ohne städtischen Hintergrund. Schon die Eingangsmusik erinnert an das berühmte „Chinatown“-Thema von Jerry Goldsmith.
„Ich habe das Drehbuch in einem Atemzug durchgelesen, und das ist wirklich selten“, sagte Sam Riley bei der Premiere des Films bei den diesjährigen Internationalen Filmfestspielen. Der Berliner KURIER sprach mit dem 45-Jährigen Briten und Wahl-Berliner, der mit Alexandra Maria Lara (46), der Präsidentin der Deutschen Filmakademie, verheiratet ist. Das Paar hat einen gemeinsamen Sohn (11).

Mr. Riley, fast jeder kennt die Hölle, die Tom durchlebt. Welche verpassten Chancen gab es in Ihrem Leben?
Dass ich meine Musikerkarriere aufgegeben habe. Aber nach so einem Film wie „Control“ (Film über den Joy Division-Sänger Ian Curtis von 2007, d. Red.) ist es eben ganz schwer, so was ernsthaft weiterzuverfolgen.
Haben Sie das bereut, die Musik an den Nagel gehängt zu haben?
Nein, eigentlich nicht. Denn am Ende hatte ich das Glück, einen echten großen Musiker zu spielen. Einen, der ein Genie war.
In „Islands“ merkt man stark: Sie holen da was aus sich raus, was Sie so schon selbst erlebt haben. Sind Sie bei der Schauspielerei, ähnlich wie bei der Musik, mal an Ihre Grenzen gestoßen?
Klar, als Schauspieler wartet man immer auf seine Chance. Und manchmal ist es auch eine zweite Chance. Es ist ja nicht so, dass man morgens aufsteht und denkt, heute liefere ich ein Meisterwerk ab, das wird die beste Rolle meines Lebens. Man wartet auf diesen Moment, immer. Und es kommt so viel zusammen, als Schauspieler eine Chance wie diese hier zu bekommen oder im letzten Jahr als ich den Tänzer und Choreographen John Cranko spielte. Ich hatte seit „Control“ keine solche Chance mehr bekommen. Und das ist jetzt über 17 Jahre her.
Berlinale-Star Sam Riley las das Drehbuch in einem Zug durch
Was haben Sie aus diesen letzten Hauptrollen für sich selbst mitgenommen?
Was ich absolut gelernt und noch mal gespürt habe, war, wie verdammt gerne ich doch Hauptrollen spiele.
Sie wünschen sich wieder mehr Hauptrollen?
Auf jeden Fall.
Was wünschen Sie sich für den Thriller „Islands“ bei der Berlinale? Er läuft außer Konkurrenz.
Nun, das Publikum wird es auf jeden Fall genießen, jetzt im Winter visuell ein warmes Klima vorgesetzt zu bekommen. Unabhängig davon ist der Film wirklich bezaubernd und Jan-Ole Gerster ein wirklich großes Talent. Ich wünsche mir, dass viele das Werk sehen und, ja, dass es ein Wahnsinnserfolg wird.

Was hat Ihre Frau Alexandra Maria Lara gesagt?
Sie liebt den Film!
Berät sie Sie bei der Rollenauswahl?
Das nicht, aber sie konnte an meinem Gesicht sehen, wie glücklich ich war, als ich das Drehbuch gelesen habe. Ich habe es genossen und geschmunzelt und es in einem Zug durchgearbeitet. Da wusste sie, dass ich diese Rolle unbedingt haben wollte.
So kommen Sie an Berlinale-Tickets:
Der Verkauf der Berlinale-Tickets startete online. Die Karten sind immer drei Tage im Voraus, jeweils ab 10 Uhr, verfügbar. Pro Person und Vorstellung können maximal zwei gekauft werden – für 15 oder 20 Euro das Stück. ■