
Die Umbenennung der Mohrenstraße ist seit Wochen vollzogen – nachdem sie über Jahre die Gemüter erhitzte. Inzwischen sind die neuen Straßenschilder befestigt, Anwohner mussten sich durch die Bürokratie kämpfen. Doch nun wirft ein Bericht Zweifel daran auf, dass sich Berlin mit der Umbenennung in Anton-Wilhelm-Amo-Straße wirklich einen Gefallen getan hat. In der Berliner Zeitung (erscheint, wie der KURIER, im Berliner Verlag) enthüllt ein Historiker Dokumente, die den neuen Namen der Straße in Frage stellen.
Historiker: Anton Wilhelm Amo gehörte zu politischer Gemeinschaft, die Sklaven hielt
Der Historiker und Sklavereiforscher Michael Zeuske schreibt in einem Artikel in der Berliner Zeitung vom Samstag über zwei Dokumente aus dem Bestand der „Zweiten Westindischen Compagnie (WIC)“ der Niederlande, die sich heute im Nationaal Archief in Den Haag befinden. Aus ihnen geht hervor, dass Anton Wilhelm Amo, nach dem die Mohrenstraße nun benannt wurde, gar kein Sklave war. Stattdessen gehörte er „zur Elite einer politischen Gemeinschaft, die Sklaven hielt und Kriegsgefangene sowie Sklaven an die verbündeten Niederländer lieferte und verkaufte“, schreibt Zeuske. Die Würdigung Amos als erster schwarzer Philosoph bleibt davon unberührt.
Amo sei nicht selbst Sklavenhalter, Sklavenjäger oder Sklavenverkäufer gewesen. Im Interview mit der Berliner Zeitung berichtete Zeuske auch, dass Anton Wilhelm Amo im Jahr 1706 von seiner Familie nach Europa geschickt wurde. Er wurde damals von Christian Bodell, einem Sergeanten der holländischen Westindischen Kompanie aus Sachsen, begleitet. Das belegt ein Vertrag. Ein weiteres Dokument zeigt, dass er nach seinem Aufenthalt in Europa auf eigenen Wunsch und ohne Kosten zurück in seine afrikanische Heimat gebracht wurde.

Historiker ist sicher: Anton Wilhelm Amo war gar kein Sklave
Bisher wird behauptet, Anton Wilhelm Amo sei als Junge versklavt worden und als „menschliches Geschenk“ an den Hof des Herzogs von Braunschweig-Wolfenbüttel gekommen. „Die Analyse beider Dokumente erlaubt es uns festzuhalten, dass weder der junge Amo noch der Amo am Hof in Wolfenbüttel jemals Sklave gewesen ist. Der Vertrag von 1706 erlaubt es im Gegenteil, von Amo als Mitglied einer indigenen Sklavenjäger- und Sklavenhalter-Gemeinschaft zu sprechen“, schreibt Zeuske in seiner Analyse.