Kampf gegen den Verfall

Angst um das Theater Ost: Wer rettet das Haus in Adlershof?

Einst wurde hier die „Aktuelle Kamera“ gesendet, heute wird hier Theater gemacht. Doch das Team des Theater Ost muss um das Haus kämpfen.

Author - Berliner KURIER
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Kathrin Schülein, Gründerin und künstlerische Leiterin des Theaters Ost: Ehemals Ballerina mit Weltspitzenausbildung, kämpft um den Erhalt des Kulturstandortes.
Kathrin Schülein, Gründerin und künstlerische Leiterin des Theaters Ost: Ehemals Ballerina mit Weltspitzenausbildung, kämpft um den Erhalt des Kulturstandortes.Markus Wächter/Berliner Kurier

Diese Bühne ist eine Institution im Osten Berlins – und trägt genau das schon im Namen: Im „Theater Ost“ in Adlershof wird seit Jahren Theater gemacht, ein treues Publikum schätzt und liebt das Haus. Doch die Künstler müssen um die Existenz des kleinen Theaters kämpfen. Die Verzweiflung ist groß: Seit dem Einzug im Jahr 2008 kämpfen sie mit dem Verfall des Gebäudes, sagt Kathrin Schülein, die Gründerin und künstlerische Leiterin des Theaters. Das Haus müsste saniert werden, doch es tut sich nichts. Wann rettet Berlin das Theater Ost?

Undichtes Dach, kaputte Heizungen: Theater Ost kämpft gegen den Verfall

In den vergangenen zehn Jahren habe sich das Theater ein treues Publikum erspielt, sagte die künstlerische Leiterin Kathrin Schülein im Interview mit der Berliner Zeitung (erscheint, wie der KURIER, im Berliner Verlag). „Viele Abende sind ausverkauft, und wir merken, dass die Menschen nach wie vor ein großes Bedürfnis nach Theater haben.“ Doch nicht Programm oder Zuschauer, sondern das Haus selbst ist hier das große Problem: Es verfällt immer mehr. „Das Dach ist undicht, die Heizungen kaputt, es zieht durch jede Ritze. Eigentlich müssten wir jeden Tag mit Bauhelmen proben“, sagt sie.

Das Theater Ost in Adlershof: Seit Jahren schon ist das Haus eine beliebte Anlaufstelle für Kultur-Fans.
Das Theater Ost in Adlershof: Seit Jahren schon ist das Haus eine beliebte Anlaufstelle für Kultur-Fans.Markus Wächter/Berliner KURIER

Dabei blickt das Theater auf eine lange Geschichte zurück, atmet sogar TV-Historie der DDR. 1952 wurde es gebaut, damals als Fernsehtheater. Es ist das einzige erhaltene Fernsehtheater seiner Art in Deutschland, war ein zentraler Ort für viele Produktionen, die im Fernsehen der DDR zu sehen waren. Später wurde hier auch die „Aktuelle Kamera“ produziert, die wichtigste Nachrichtensendung der DDR wurde von hier aus bis zur Auflösung des DDR-Fernsehens gesendet. Seit 2021 bespielt nun das Theater Ost die heiligen Hallen. Nur: Wie lange noch?

Großer Saal im Theater Ost soll für Veranstaltungen vermietet werden

Laut Kathrin Schülein liegt die Verantwortung für die Sanierung beim Pächter, einem Architekten aus Köln. „Er hat das Gebäude im Rahmen eines Erbbaurechts 2021 übernommen. Und mit diesem Vertrag gehen Auflagen einher: Wer das Haus besitzt, muss es sanieren, und die Nutzung darf ausschließlich kulturell oder medial sein“, erklärt sie. „Doch bislang ist nichts geschehen.“ Der Pächter selbst wolle das Haus in eine Mehrzweckhalle umwandeln, die dann vermietet wird – ähnlich wie beim Admiralspalast in Mitte. Die Theatermacher macht das wütend. „Ohne uns wäre das Gebäude längst eine Ruine. Und nun sollen wir uns ins kleine Kammertheater zurückziehen, während der große Saal für Fremdveranstaltungen vermietet wird. Das ist absurd“, sagt Kathrin Schülein.

Ein Plakat wirbt für das Theater Ost. Was wird aus dem Haus in Adlershof?
Ein Plakat wirbt für das Theater Ost. Was wird aus dem Haus in Adlershof?Markus Wächter/Berliner KURIER

Nicht nur für das Publikum sei das Theater ein wichtiger Ort – auch für die Menschen, die hier arbeiten. „Wir alle im Ensemble sind in der DDR aufgewachsen. Dieses Theater ist für uns ein Ort, an dem wir unsere Geschichte erzählen können. Und wir sind überzeugt: Eine gesamtdeutsche Erinnerungskultur funktioniert nicht ohne die 40 Jahre DDR.“ Doch auch heute werden viele Einrichtungen aus dem Osten getilgt, verschwinden die Erinnerungen an die DDR nach und nach. Schülein: „Diese Erfahrung sitzt tief, nicht nur bei uns, sondern bei vielen Ostdeutschen. Deshalb sagen wir: Diesmal nicht. Wir lassen uns nicht noch einmal enteignen. Im Gegenteil – wir fordern Wiedergutmachung.“

Heizung im Theatersaal muss für 70.000 Euro in Gang gebracht werden

Sie fordert, dass Bund oder Land einen Teil der Kosten übernehmen, damit auch symbolisch Verantwortung für das Theater Ost tragen. Und auch die Berliner können einen Teil zur Rettung beitragen. Für die Instandhaltung des Hauses seien Spenden nötig – so müsse etwa die Heizung des großen Theatersaales wieder an das Fernwärmenetz angeschlossen werden. 70.000 Euro kostet das. „Proteste, die ein wichtiger Baustein in diesem Prozess wären, müssten sich an den Senat für Stadtentwicklung und Umwelt richten. Das Land Berlin ist nach wie vor Grundstückseigentümer“, sagte Schülein der Berliner Zeitung. Dem Land Berlin sei das Gebäude Anfang der 90er-Jahre zugeschrieben worden. „Aktuell wird von dieser Seite eine Unterschrift für die weiteren Genehmigungen als Veranstaltungsstätte verweigert. Dass man uns rausdrängen will, liegt auf der Hand.“

Doch die Macher wollen kämpfen – und sind fest entschlossen, das Theater zu erhalten, hier auch zukünftig tolle Abende zu veranstalten. Zu den nächsten Highlights gehören eine Veranstaltung mit Günter Polauke, dem früheren Bürgermeister von Treptow-Köpenick. „Er ist die deutsch-deutsche Grenze von 1400 Kilometern als ehemaliger Grenzsoldat abgelaufen. Dabei wurde er für ein Stück des Weges von dem Verleger Holger Friedrich begleitet“, sagt Schülein. „Die beiden sitzen auf unserer Bühne, erzählen über die Begegnungen und ihre Erinnerungen.“ Am 1. November soll es eine Konferenz zur Rettung des Theater Ost geben. Und am 31. Dezember soll der zehnte Geburtstag des Theaters gefeiert werden. Das ganze Programm finden Sie im Netz unter www.theater-ost.de.