Besoldung zu niedrig

Anwältin schlägt Alarm: Viele Berliner Beamte gehen wohl leer aus

Obwohl das Verfassungsgericht die Besoldung kassiert hat, bleibt offen, wer am Ende wirklich Geld sieht.

Author - Tobias Esters
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Polizisten auf Streife auf einem Weihnachtsmarkt in Berlin Lichtenberg.  Viele Beamte in Berlin haben in den vergangenen Jahren zu wenig Sold bekommen.
Polizisten auf Streife auf einem Weihnachtsmarkt in Berlin Lichtenberg. Viele Beamte in Berlin haben in den vergangenen Jahren zu wenig Sold bekommen.Sabine Gudath/IMAGO

Berliner Beamte wurden jahrelang zu niedrig bezahlt. Das hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vor zwei Wochen entschieden. Zwischen 2008 und 2020 ist die Besoldung so niedrig gewesen, dass sie nach Ansicht des Gerichts klar gegen das Grundgesetz verstoßen hat. Jetzt sorgt eine Berliner Anwältin im Interview mit dem Tagesspiegel für neuen Zündstoff. Sie wirft dem Berliner Senat vor, die eigenen Leute über ein Jahrzehnt finanziell im Stich gelassen zu haben. 

Nachzahlungen für Berliner Beamte sind unsicher

Viele Polizisten, Lehrer, Verwaltungsbeamte haben Monat für Monat Hunderte Euro weniger erhalten, als ihnen eigentlich zugestanden hätte. Die Rechtsanwältin Katharina Sponholz spricht sogar von einem jahrelangen „Finanzminus, das die Betroffenen schlicht hinnehmen mussten, weil die Politik ihren Job nicht gemacht hat“. Berlin habe seine Leute im Staatsdienst „im Regen stehen lassen“, sagt sie. Ein Satz, der den Frust vieler Betroffener ziemlich genau beschreibt.

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat in Karlsruhe entschieden, dass Beamte in Berlin jahrelang zu schlecht bezahlt wurden.
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat in Karlsruhe entschieden, dass Beamte in Berlin jahrelang zu schlecht bezahlt wurden.Bonn.digital /IMAGO

Besonders brisant: Wer damals keinen Widerspruch eingelegt oder geklagt hat, könnte jetzt leer ausgehen. Der Senat plant zwar ein sogenanntes Reparaturgesetz, das in zwei Jahren fertig sein soll. Aber ob wirklich alle Beamten ihr Geld zurückbekommen oder nur die mit laufenden Verfahren, ist aktuell völlig offen.

Laut der Anwältin sollten diejenigen, die bereits Widerspruch eingelegt oder geklagt haben, ihre Verfahren unbedingt weiterlaufen lassen. Nur so seien die Nachzahlungen rechtlich abgesichert. Alle anderen sollten prüfen, ob sie noch Ansprüche anmelden können. Denn solange Berlin nicht erklärt hat, wer überhaupt berücksichtigt wird, könne jeder Schritt entscheidend sein. „Wer gar nichts tut, hat am Ende die schlechtesten Karten“, warnt Sponholz.

Auch die Renten sind in Gefahr

Zusätzlich gibt es noch ein weiteres Problem. Auch die Renten der betroffenen Beamten sollten eigentlich höher ausfallen. Laut der Juristin müsste der Staat streng genommen auch hier nachbessern. Doch Berlin lässt aktuell offen, wie diese Anpassung aussehen soll. Genauso unklar ist, ob die Rückzahlungen inflationsbereinigt sein werden. Die Summen von damals sind heute nämlich erheblich weniger wert.

Während der Senat versucht, die Lage durch neue Gesetze zu retten, wächst bei vielen Beamten der Eindruck, über Jahre hingehalten oder gar abgezockt worden zu sein. Und die Anwältin macht ihnen im Interview wenig Hoffnung auf schnelle Klarheit. Erst muss Berlin entscheiden, wie viel gezahlt wird und dann auch noch wem. Der Vertrauensschaden ist mindestens so groß wie das finanzielle Loch, das der Hauptstadt nun droht.