Krasses Versagen

Also doch: Behörden ignorieren alle Hilfe-Rufe des gemobbten Lehrers!

Ein Pädagoge wird an der Carl-Bolle-Grundschule in Moabit monatelang gemobbt – seine Bitte um Hilfe geht durch zig Ämter, doch keiner greift ein.

Author - Berliner KURIER
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Der an einer Berliner Schule gemobbte Lehrer Oziel Inacio-Stech klagt über mangelnde Unterstützung. Jetzt kommt ans Licht, wer alles seine Hilfe-Rufe ignorierte.
Der an einer Berliner Schule gemobbte Lehrer Oziel Inacio-Stech klagt über mangelnde Unterstützung. Jetzt kommt ans Licht, wer alles seine Hilfe-Rufe ignorierte.Hannes P Albert/dpa

Ein Lehrer wird von Schülern beschimpft, von Kollegen ausgegrenzt, von der Verwaltung ignoriert. Was wie ein trauriger Einzelfall klingt, ist in Wahrheit ein erschreckendes Lehrstück über Ignoranz, Tatenlosigkeit und Behördenversagen in Berlin. Ein Anwaltsschreiben geht durch sämtliche Etagen – aber am Ende passiert: nichts.

Es ist ein Fall, der sprachlos macht. Und einer, der aufzeigt, wie Berlin mit jenen umgeht, die in den Schulen dieser Stadt täglich den Laden am Laufen halten. Im Mittelpunkt: Oziel Inácio-Stech, Lehrer, homosexuell, engagiert – und monatelang Ziel von Mobbing und Hetze. Erst von Schülern, dann von Kolleginnen. Am Ende stand er allein da – auch weil die Verwaltung wegsah.

Mehrere Behörden wussten von Mobbing-Vorwürfen

Was jetzt ans Licht kommt, ist kaum zu fassen: Der Lehrer wandte sich an einen Anwalt, der ein umfangreiches Schreiben an die Bildungsverwaltung schickte – per Einschreiben und per Mail, am 4. Dezember 2024. Doch obwohl das Dokument mehrere Etagen durchlief, blieb der große Knall aus. Statt Unterstützung bekam der Lehrer: Funkstille.

Die Mail landete im Funktionspostfach des Senatorinnen-Büros, das Einschreiben wurde in der Poststelle nicht einmal erfasst. Spätestens zwischen dem 9. und 11. Dezember lag das Schreiben Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) vor. Und dann? Weiterleitung an die Staatssekretärin. Von dort zur Abteilungsleitung. Dann zur Schulaufsicht. Alle lasen mit. Doch niemand griff ein.

Lehrer fühlt sich in Berlin von Behörden verraten

Der Grünen-Abgeordnete Louis Krüger bringt es auf den Punkt: „Alle Ebenen der Verwaltung waren informiert – und alle entschieden sich, nichts zu tun.“ Krüger, schulpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, spricht von einem „erschütternden Verwaltungsversagen“ und wirft der Senatorin mangelnde Transparenz vor. „Sie hält ihr Versprechen nicht, diesen Fall vollständig aufzuklären.“

Tatort Carl-Bolle-Grundschule in Moabit. Hier soll es in Berlin zu Mobbing, Verleumdung und Schwulenfeindlichkeit gegen einen Lehrer gekommen sein.
Tatort Carl-Bolle-Grundschule in Moabit. Hier soll es in Berlin zu Mobbing, Verleumdung und Schwulenfeindlichkeit gegen einen Lehrer gekommen sein.Middle East Images/imago

Dabei sind die Vorwürfe schwer: Schüler sollen den Lehrer wegen seiner sexuellen Orientierung beleidigt haben, Kollegen hetzten, die Schulleitung schwieg – und die Bildungsverwaltung schaute zu. Der Lehrer fühlt sich im Stich gelassen, öffentlich beschämt – und nun auch noch von den Behörden verraten.

Berliner Systemversagen im Fall Oziel Inácio-Stech

Die Senatorin hatte im Parlament zunächst falsche Angaben gemacht, wann sie das Schreiben erhalten habe – und sich später mit „falscher Erinnerung“ entschuldigt. Doch es geht längst um mehr als eine Erinnerungslücke: Es geht um Verantwortung, um Haltung – und um die Frage, ob ein Lehrer in Berlin allein gelassen werden darf, wenn er um Hilfe bittet.

Fakt ist: Das Schreiben wurde gelesen. Mehrfach. Auf mehreren Ebenen. Und am Ende verschwand es in der Verwaltung, wie so viele andere Probleme dieser Stadt. Was bleibt, ist ein Mann, der sich wehren wollte – und ein System, das versagte.