Die Landespolitik dreht an der Überwachungsschraube: Kurz vor der Sommerpause will das Abgeordnetenhaus in Berlin ein neues Polizeigesetz auf den Weg bringen. Die Polizei soll künftig WhatsApp-Nachrichten mitlesen dürfen, Kameras im Görlitzer Park aufstellen und BVG-Videos länger speichern. Datenschützer schlagen Alarm – doch der Senat will mehr Sicherheit.
Berlin dreht womöglich bald an der Überwachungsschraube. Der Görlitzer Park in Kreuzberg, seit Jahren Brennpunkt für Drogenhandel und Gewalt, könnte künftig unter Dauerbeobachtung stehen. Das neue Polizeigesetz sieht Videoüberwachung an Orten mit besonders hoher Kriminalität vor – und der Görli steht ganz oben auf dieser Liste.
Berliner Polizei will bei Whatsapp und Signal mitlesen
Doch das wäre erst der Anfang. Die geplante Novelle des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG) sieht vor, dass die Polizei auch verschlüsselte Kommunikation auf Plattformen wie WhatsApp und Signal überwachen darf – mit richterlicher Anordnung. Wer ins Visier der Ermittler gerät, könnte dann auch digital durchleuchtet werden.
Auch bei der BVG soll der Zugriff ausgeweitet werden. Aufnahmen aus U-Bahnhöfen, Bussen und Straßenbahnen könnten statt nach 48 erst nach 72 Stunden gelöscht werden. Das könne laut CDU und SPD Ermittlungen erleichtern. Datenschützer warnen hingegen vor einem schleichenden Ausbau der Totalüberwachung im öffentlichen Raum.
Polizei will in Berlin „finalen Rettungsschuss“
Besonders heikel: Die Einführung des sogenannten „finalen Rettungsschusses“. Die Polizei soll im Ernstfall tödliche Gewalt anwenden dürfen, um das Leben Unschuldiger zu schützen. Was bislang rechtlich nicht eindeutig geregelt war, soll mit der Gesetzesänderung ausdrücklich erlaubt werden – ein Vorstoß, der bereits jetzt für hitzige Debatten sorgt.

Das Paket enthält außerdem Änderungen am Neutralitätsgesetz. Lehrerinnen sollen künftig in Berliner Schulen Kopftuch tragen dürfen. Das bisherige Verbot wird voraussichtlich aufgehoben, nachdem mehrere Gerichte das alte Gesetz beanstandet hatten.
Neues Polizeigesetz: Ist die Freiheit in Berlin in Gefahr?
Die Opposition warnt: Mit den geplanten Änderungen an ASOG und Neutralitätsgesetz droht Berlin einen gefährlichen Kurs einzuschlagen. Bürgerrechtler sprechen von einem Überwachungsstaat durch die Hintertür. Besonders sozial schwache Bezirke könnten durch die neuen Regelungen stärker ins Visier geraten.
Fakt ist: Mit der ASOG-Novelle bereitet Berlin den Weg für eine neue Sicherheitsarchitektur. Noch ist nichts beschlossen – aber der Senat zeigt deutlich, wohin die Reise gehen soll: mehr Kontrolle, mehr Eingriffsrechte, weniger Vertrauen. Was das für die Freiheit der Berlinerinnen und Berliner bedeutet, wird die Debatte in den kommenden Wochen zeigen. Sicher ist nur: Der Sommer in der Hauptstadt hat gerade erst begonnen – und er wird politisch heißer als je zuvor.