Ein Anschlag auf eine Synagoge mitten in Berlin. Zwei Täter, Vermummte, Brandsätze. Die Überwachungskameras liefen, die Polizei sicherte DNA-Spuren und Funkzellendaten. Doch fast ein Jahr später lautet die Bilanz: nichts. Keine Festnahme, kein Verfahren, keine Gerechtigkeit. Ein erschütternder Fall, der zeigt, wie hilflos Justiz und Polizei beim Schutz jüdischen Lebens oft agieren.
Es war die Nacht zum 18. Oktober 2023, als zwei Vermummte zwei Brandsätze auf die Synagoge Kahal Adass Jisroel in Berlin-Mitte warfen. Einer ging nieder, konnte von Wachleuten gelöscht werden. Der zweite blieb wirkungslos. Es hätte schlimm enden können – doch Berlin hatte Glück.
Was danach kam, ist ein Lehrbuchbeispiel dafür, wie der Staat im entscheidenden Moment versagt: Die Staatsanwaltschaft wertete Überwachungsvideos aus, sicherte DNA-Spuren, analysierte Handydaten aus der Umgebung. Doch die Täter blieben unbekannt – und das Verfahren wurde im November 2024 sang- und klanglos eingestellt.
Jüdinnen und Juden in Berlin immer mehr in Gefahr
Der Antisemitismusbeauftragte der Generalstaatsanwaltschaft, Florian Hengst, nennt den Anstieg antisemitischer Straftaten seit dem Hamas-Terror vom 7. Oktober „erschreckend“. Und dennoch: Wenn es ernst wird, wenn Jüdinnen und Juden in Berlin zum Ziel werden, endet die Strafverfolgung häufig im Nirgendwo.

Allein im vergangenen Jahr registrierte die Berliner Staatsanwaltschaft 756 Verfahren mit eindeutig antisemitischem Hintergrund – und mehr als 4000 weitere im Kontext des Nahostkonflikts, bei denen ein solcher Verdacht zumindest bestand. In rund 2400 Fällen wurden die Ermittlungen eingestellt. Der häufigste Grund: keine Täter.
Zahl antisemitischer Übergriffe in Berlin explodiert
Auch im Fall der Synagoge sei „alles versucht worden“, sagt Hengst. Doch was bleibt, ist eine bedrückende Erkenntnis: Nicht einmal ein dokumentierter Anschlag auf ein jüdisches Gotteshaus reicht aus, um Täter vor Gericht zu bringen.

Die Zahl antisemitischer Übergriffe in Berlin explodiert, Jüdinnen und Juden berichten von Anfeindungen im Alltag, im Netz, auf der Straße. Die Justiz gibt sich entschlossen – aber am Ende bleiben zu oft ein Aktenvermerk und ein Schreiben an die Betroffenen: „Verfahren eingestellt.“
Polizei findet Täter oft nicht und stellt Verfahren ein
Der Rabbiner der Gemeinde bekam den Bescheid persönlich überreicht. Was er wohl gedacht haben mag, als er schwarz auf weiß las, dass die Täter davonkommen? Dass Berlin sie nicht finden konnte – oder nicht genug getan hat?