Äpfel, Beeren und Birnen am Wegesrand pflücken – was soll daran Schlimmes sein? Viele tun es, und kaum jemand macht sich Gedanken, ob das tatsächlich legal ist, die reifen Früchte überhängender Bäume zu stibitzen. Volkstümlich spricht man von Mundraub, Juristen erfanden vor Jahrzehnten den Begriff „Verbrauchsmittelentwendung“, eine Straftat, die sich nicht nur auf das Pflücken beschränkt, sondern beispielsweise auch das Probieren von Lebensmitteln im Supermarkt einschloss, in Einzelfällen sogar das Entwenden von Zigaretten oder Viehfutter. Bis in die 60er, in Westdeutschland sogar bis in die 70er Jahre konnte mit Geld- oder sogar Haftstrafen belegt werden, wer dabei auf frischer Tat ertappt wurde.
Schlechte Apfelernte - aber Obstbäume am Wegesrand locken. Darf man zugreifen?
Aber wie steht es heute um den Mundraub, ist das Stibitzen für den kleinen Hunger inzwischen generell geduldet – oder drohen weiterhin Strafen? Die Frage gewinnt in diesem Jahr besondere Brisanz, denn Äpfel werden in diesem Herbst Mangelware sein. Spätfrost in Thüringen und Sachsen, Hagelschlag und heftige Niederschläge auch in Brandenburg und weiteren Regionen: Apfelbauern erwarten die schlechteste Apfelernte seit sieben Jahren! Die Preise in den Supermärkten könnten deshalb massiv anziehen, weil auch aus anderen Ländern schlechte Apfelernten gemeldet werden.

Trotzdem säumen Apfelbäume voller Früchte gerade viele Landstraßen in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern: Die Äpfel fallen von überhängenden Bäumen schon mal auf den Seitenstreifen. Warum sollte man da nicht zugreifen? Tatsächlich stehen Obstbäume sogar auf öffentlichen Flächen, die tatsächlich zum legalen Mundraub einladen. Auf der Seite mundraub.org werden solche Bäume sogar in Berlins Innenstadt aufgeführt – selbst in der Nähe des Berliner Alexanderplatzes werden Apfel- und Kirschbäume, Esskastanien und essbare Kräuter aufgeführt, die, – so suggeriert die Website – man offenbar zum Eigenbedarf pflücken kann.
Mundraub legal? Darauf sollten Sie achten, um drastische Strafen zu vermeiden
Verlassen sollte man sich aber nicht darauf, ob ein scheinbar öffentliches Areal doch privat ist: Das gilt beispielsweise für Nutzwälder oder verpachtete Grundstücke. Nicht immer sind diese mit einem Zaun abgetrennt. Wer diese betritt, um sich an einem dort stehenden Obstbaum zu bedienen, kommt gleich doppelt mit dem Gesetz in Konflikt: Sie oder er begeht Hausfriedensbruch nach § 123 StGB, der mit Geld- oder sogar Haftstrafen geahndet werden könnte. Dazu kommt dann Diebstahl nach § 242 StGB, der im Extremfall mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden könnte.
Tatsächlich würde ein Mundraub allerdings als Entwendung geringerwertiger Dinge nach § 248a StGB gewertet und nur auf Antrag verfolgt, ordnen Fachleute die Rechtslage ein. Geringerwertige Güter sind solche bis zu einem Wert von 50 Euro – nichtsdestotrotz sollte man sich nicht darauf verlassen, dass man immer straffrei davonkommt: Auch wenn es selten vorkommt, könnte eine Anzeige eines wütenden Apfelbauern zumindest eine Geldstrafe nach sich ziehen.
Davon sollte sich aber niemand verunsichern lassen: Mit dem Deutschlandticket oder dem Fahrrad nach Brandenburg über entlegene Feldwege fahren, Brombeeren von wilden Sträuchern pflücken oder Fallobst von der Wiese einsammeln, wird niemanden in den Knast bringen. ■