Es kribbelt wieder in Köpenick. Die Vorfreude auf die siebte Bundesliga-Saison in Folge steigt beim 1. FC Union mit jedem Tag. Die Hoffnung: Nach zwei Jahren im Abstiegskampf sollen die Eisernen endlich wieder sorgenfrei durch die Spielzeit kommen. Doch über allem steht die große Frage: Urs Fischer oder Steffen Baumgart – wer gewinnt bei Union die Macht über den Fußballstil?
Es geht wieder los – und das wird sich auch Steffen Baumgart (53) denken. Denn mit dem Trainingsauftakt und dem ersten öffentlichen Üben im Stadion An der Alten Försterei, kam auch prompt eine ganz besondere Frage wieder auf den Tisch, die Baumgart in den vergangenen Monaten mächtig auf die Palme brachte.
Steffen Baumgart gehen beim 1. FC Union Taktikfragen „auf den Sack“
Immer wieder zeigte sich der ehemalige Stürmer in der vergangenen Rückrunde genervt von Fragen zur Formation. Vor allem die System-Debatte, ob der 1. FC Union besser mit Dreier- oder Viererkette spielt, schmeckte Baumgart gar nicht – so sehr, dass der Chefcoach das Thema kurzerhand auf den „eisernen Index“ setzte und jede Nachfrage dazu versuchte, im Keim zu ersticken.
Das gilt auch offenbar in der neuen Saison. Nach der ersten lockeren Trainingseinheit zeigte sich Baumgart dünnhäutig: „Dieses Philosophie-Gequatsche geht mir sowieso ein bisschen auf den Sack. Wir gucken mal, wie wir den Ball nach vorne bringen. Meine Spielphilosophie ist: Spiele gewinnen.“
In der Not kehrte Baumgart beim 1. FC Union zum Fischer-System zurück
Fakt ist: Baumgart wollte direkt nach seinem Amtsantritt weg von der Dreierkette – weg vom Defensiv-System, das Urs Fischer (59), mit dem Baumgart ein freundschaftliches Verhältnis pflegt, in Köpenick salonfähig gemacht hatte und das auch von Baumgarts Vorgänger Bo Svensson (45) genutzt wurde. Baumgart wollte dagegen mit einer Viererkette mutiger, offensiver und moderner Fußball spielen lassen. Doch weil die Ergebnisse ausblieben und Union immer tiefer in den Tabellenkeller rutschte, gab Baumgart nach. Er kehrte zurück zur bewährten Fischer-Ordnung – und bewies Größe, indem er im Abstiegskampf sein eigenes Konzept hintanstellte.

Union blieb also auch unter Baumgart Union: kompakt, kämpferisch, defensiv diszipliniert. Mit hoher Laufbereitschaft und eisernen Tugenden wurde der Klassenerhalt am Ende souverän eingetütet.
1. FC Union kauft auf dem Transfermarkt offensiv ein
Doch zur neuen Saison soll sich das ändern. Manager Horst Heldt (55) hat bislang vor allem die Offensive verstärkt – Baumgart will höher stehen, früher pressen, schneller umschalten. Seine Idee: Den Gegner schon in dessen Hälfte zu Fehlern zwingen – und dann eiskalt zuschlagen. So soll die drittschlechteste Offensive der vergangenen Saison endlich mehr Gefahr erzeugen.