Union-Kolumne

Stasi-Banner gegen Union-Boss Dirk Zingler: Schande über die Bayern-Bosse!

Als Fans des FC Bayern TSG-Mäzen Dietmar Hopp aufs Korn nahmen, folgte eine Entschuldigungsorgie. Beim Präsidenten des 1. FC Union folgt nix. 

Teilen
Ultras des FC Bayern zeigten beim Spiel dieses Stasi-Banner samt Konterfei von Union-Präsident Dirk Zingler mit Schweinsnase.
Ultras des FC Bayern zeigten beim Spiel dieses Stasi-Banner samt Konterfei von Union-Präsident Dirk Zingler mit Schweinsnase.Matthias Koch/imago

Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe. So heißt es schon seit den alten Römern. In feinstem Latein liest sich das so: Quod licet Jovi non licet bovi. Verständlich für alle: Was Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen, dem Rindvieh, nicht gestattet. Der Gott Jupiter steht für den Kaiser oder eine privilegierte Person, Rindvieh für das gemeine Volk.

Wer ist in diesem Fall Nenad Bjelica? Ist der Trainer des 1. FC Union Jovi, also Jupiter? Oder ist er bovi, der Ochse? Flutscht er durch oder kriegen sie ihn noch mehr am Schlafittchen für das zweimalige Ins-Gesicht-Grapschen vor einer Woche gegen Bayern Münchens Leroy Sané? Seine Sanktion hat er erhalten und von der Sperre ein Drittel abgesessen. Die Kollegen Danijel Jumic und Nino Bule sowie die Kollegin Marie-Louise Eta haben das Team zum Dreier gegen Darmstadt geführt, der Chef aber hat beim 1:0 gelitten wie ein Hund. Ist nicht auch das Strafe genug?

Sané-Stress: Box-Legende Ulli Wegner kann Union-Trainer Bjelica verstehen

Nicht falsch verstehen, bitte. Was Bjelica getan hat, sollte man nicht tun. Und auch nicht schönreden. Vorbildfunktion, Fairplay, Sportlichkeit, das übliche Programm, weiß man alles. Aber lassen wir die Kirche im Dorf, beenden wir den Spießrutenlauf. Mit wem gingen die Gäule denn noch nie durch? Gerade in solchen Situationen?

Ultras des FC Bayern zeigten beim Spiel dieses Stasi-Banner samt Konterfei von Union-Präsident Dirk Zingler mit Schweinsnase.
Ultras des FC Bayern zeigten beim Spiel dieses Stasi-Banner samt Konterfei von Union-Präsident Dirk Zingler mit Schweinsnase.Matthias Koch/imago

Einer, der es nachvollziehen kann, warum der Kessel beim eisernen Coach geplatzt ist, ist Ulli Wegner, Trainerlegende des Boxens. „Jemand, der nie in solch einer Situation war, kann sich nicht annähernd vorstellen, welcher Druck da herrscht“, sagt der 81-jährige Grandseigneur der Faustkämpfer, „man ist mit dem Herzen dabei, mit Emotionen, mit allen Sinnen.“ Wegner, dessen 1B-Leidenschaft gleich nach dem Boxen Fußball ist und der dank seiner Menschenkenntnis nahezu alle Pappenheimer einordnen kann, sagt auch: „Dass der Sané provozieren kann, das weiß ich schon seit dessen Zeit auf Schalke. Ich will mir lieber nicht ausmalen, wie ich mich an des Trainers Stelle verhalten hätte.“

Bayern-Fans mit Stasi-Banner gegen Union-Präsident Zingler

Nur: Auge um Auge zählt nicht. Zahn um Zahn auch nicht. Faust um Faust erst recht nicht. Eines aber sollte im Fall des Union-Coaches doch sein: genug!

Dirk Zingler (59), Präsident des 1. FC Union, war beim Spiel in München gegen den FC Bayern im Stadion, blieb trotz des Stasi-Banners gelassen.
Dirk Zingler (59), Präsident des 1. FC Union, war beim Spiel in München gegen den FC Bayern im Stadion, blieb trotz des Stasi-Banners gelassen.Matthias Koch/imago

Nicht weniger schlimm und auch vorigen Mittwoch in München passiert: das Schandbanner gegen Dirk Zingler. Weil sich der Präsident des 1. FC Union in Sachen DFL-Investor anders positioniert und artikuliert als die dortige Schickeria, wird er locker mal in die Uniform eines DDR-Generals (zum Ende dieses Landes war er 25, höchster Respekt) gesteckt, sein Gesicht mit einem Schweinerüssel versehen und er als Stasi-Schwein betitelt. Passt, wenn es gegen den Osten geht, als Totschlagargument immer und geht in einem von einer Koalition aus CSU und Freien Wählern regierten Bundesland wahrscheinlich als freie Meinungsäußerung durch.

Bayern-Bosse schweigen zu Anti-Zingler-Banner

Auch wenn Zingler darüber erhaben ist, zumindest sagt er das, aber wo bleibt, was die anderen stets und immer vor allem für sich einfordern, Respekt, Fairplay, Sportsgeist?

Im ähnlich gelagerten Fall einst bei Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp, den Bayern-Fans gleichfalls verunglimpft hatten, wurde das Spiel für viele Minuten unterbrochen. Von den Münchner Bossen gab es erst viele Bücklinge, Entschuldigungen und demonstratives Beieinanderstehen, danach liefen sie gegen ihre eigenen Leute Sturm. Zu Recht. Keine vier Jahre später machen sie auf die drei weisen Affen aus den Schriften des Konfuzius: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Dafür fahren sie groß auf, weil einer ihrer Ex-Spieler – ohne ihn mit Namen zu nennen, aber Dietmar Hamann ist es – ihren Trainer Thomas Tuchel vorführt und an dem kaum ein gutes Haar lässt.

Anders als bei Dietmar Hopp: FC Bayern mit Doppelmoral

Ist es zu hoch gegriffen, darin Heuchelei, Scheinheiligkeit, Verlogenheit, Unaufrichtigkeit, Doppelmoral und all die anderen schlimmen Sachen zu entdecken? Oder sollte man lieber bei Theodor Fontane bleiben und dem Vater Briest zustimmen, der in den Diskussionen mit seiner Frau Luise und mit seiner Tochter Effi ein ums andere Mal sagt: „Ach, lassen wir das, es ist ein zu weites Feld. Und dann sind die Menschen auch so verschieden.“

Also, auch wenn es die eine oder andere Diskussion vertragen könnte, lassen wir das. Es ist und bleibt ein (zu) weites Feld und wichtig ist sowieso nur auf dem Platz. Nicht selten sagt man zu dem auch (oder riecht das stark nach Kalauer?) Fußball-Feld …