Geht es um Erfahrung, dann ist der 1. FC Union in der Bundesliga stets vorn dabei. Manchmal sogar ganz vorn. Unter Urs Fischer stellten die Eisernen am 15. Januar 2022 sogar die älteste Startelf jener Saison. 30,1 Jahre betrug sie im Schnitt bei einem 2:1 gegen Hoffenheim. Timo Baumgartl und Levin Öztunali waren mit jeweils 25 Jahren die, wenn man das Wort in diesem Alter noch verwenden mag, Nesthäkchen.
1. FC Union wird unter Svensson immer jünger
Noch älter war jene Elf, die der Schweizer in der vorigen Saison beim 0:2 in Bremen auf den Platz laufen ließ: 30,4 Jahre. Kein Wunder bei den Haudegen Christopher Trimmel und Leonardo Bonucci (damals 36), Kevin Behrens (32), Frederik Rönnow und Robin Knoche, die 31 waren. Der Jüngste seinerzeit war Brenden Aaronson mit 23. Da ist es fast logisch, dass der jüngste Torschütze der Eisernen nach fünf Spielzeiten in der Bundesliga mit Nico Schlotterbeck einer war, der, als er einst bei einem 1:1 in Mönchengladbach traf, es nur noch zwei Monate bis zu seinem 21. Geburtstag hatte. Zum Vergleich: Der damalige Dortmunder Youssoufa Moukouko war gerade 16 Jahre und 28 Tage, als er erstmals traf.
Bo Svensson fing ähnlich an wie Fischer. Mit einem Durchschnittsalter von 29,4 Jahren lief der 1. FC Union zu Saisonbeginn beim 1:1 in Mainz auf. Vom 37-jährigen Christopher Trimmel bis zum 23-jährigen Benedict Hollerbach reichte die Altersskala. Damit ist der Kapitän nach dem Bochumer Anthony Losilla der zweitälteste in dieser Saison eingesetzte Feldspieler.
Ü30: 1. FC Union setzt weiter auch auf Routine
Auf Routine können und möchten die Eisernen nicht verzichten. Sollen sie auch nicht, zumal es im rot-weißen Aufgebot mit Kevin Vogt (33), Frederik Rönnow (32), Kevin Volland, Alexander Schwolow (beide 32), Jerome Roussillon (31), Rani Khedira und Janik Haberer (beide 30) gleich sieben weitere Spieler gibt, die ihr drittes Lebensjahrzehnt vollendet haben.

Dennoch ist einiges anders als in den Vorjahren. Nun können die Köpenicker auch jung. Beim 2:1 gegen Hoffenheim schon hat Tom Rothe mit seinem Treffer das Alter für den jüngsten eisernen Torschützen um elf Monate (19 Jahre, 338 Tage) gesenkt. Wäre ihm das nicht vor vier Wochen gelungen, hätte es beim 2:0 am Sonntag bei den Störchen mit Aljoscha Kemlein (auch er ist mit seinem Bundesliga-Premierentor unter Nico Schlotterbeck geblieben) die Einmaligkeit von gleich zwei jüngsten Torschützen gegeben. Kemlein, der es bei dieser Kuriosität nur 71 Spielminuten geblieben wäre, besitzt seit Beginn der vorigen Saison zumindest das Attribut des jüngsten eisernen Bundesliga-Debütanten.
Pelé und Mbappé: Klasse zeigt sich früh
Alles also bestens mit der eisernen Altersstruktur? Wissen kann man das nie so genau. Natürlich ist der Weg richtig. Die Erfahrung nämlich zeigt, dass sich Klasse zumeist ganz früh durchsetzt. Der große Pelé war 17, als er 1958 erstmals Weltmeister wurde. Diego Maradona wäre ihm gefolgt, hätte Cesar Luis Menotti bei der Heim-WM 1978 in Argentinien auf das damals gleichfalls 17-jährige Riesentalent nicht im letzten Moment verzichtet. Kylian Mbappé schließlich war bei Frankreichs WM-Triumph 2018 auch erst 19.
Im Fußball der DDR war es eine Notwendigkeit, auf den eigenen Nachwuchs zu setzen. Selbst im Nationalteam debütierte eine Vielzahl an 19-Jährigen. Peter Ducke und Matthias Sammer waren darunter, Andreas Thom und Ulf Kirsten, Thomas Doll und Rainer Ernst, Rüdiger Schnuphase und Jürgen Pommerenke, Dariusz Wosz und Gerd Weber, Eberhard Vogel und Henning Frenzel, Jürgen Nöldner und Rainer Nachtigall, Gerd Kische und Lothar Kurbjuweit. Es gab sogar noch Jüngere: Joachim Streich und Hans-Jürgen Dörner, Konrad Weise und Rico Steinmann, Martin Hoffmann, Olaf Marschall und als Jüngsten Hans Speth, der es, vor allem wegen eines heftigen Funktionärskrachs in den frühen 1950er-Jahren, aber nur auf zwei Einsätze brachte.
Detlef Helms bleibt beim 1. FC Union der Jüngste
Alles ist möglich. Allerdings gibt es gerade in Köpenick ein Beispiel, dass es nicht nur Talentes bedarf, um dauerhaft oben zu bleiben, sondern zugleich einer riesigen Portion Glück. Der jüngste Spieler überhaupt, der jemals für die Eisernen in der obersten Spielklasse auflief, war am 26. Februar 1977 Detlef Helms. Als der Angreifer beim 0:2 in Karl-Marx-Stadt von Heinz Werner eingesetzt wurde, zählte er 16 Jahre und 139 Tage. Es folgte Unvorhersehbares: zwei weitere Erstligaspiele für den 1. FC Union und nach dem Wechsel nach Hohenschönhausen nur 20 für die dortigen Weinroten.