Duelle zwischen dem VfB Stuttgart und dem 1. FC Union haben es traditionell in sich. Allen voran wegen des dramatischen Relegationsrückspiels 2019, mit dem die Eisernen den Sprung in die Bundesliga schafften. Beim Wiedersehen am Ostersonnabend (18.30 Uhr, Sky) stehen nun zwei Rückkehrer im Fokus: Jamie Leweling (24) und Maximilian Mittelstädt (28). Beide erleben beim VfB Stuttgart einen steilen Aufstieg – und symbolisieren das, was Union und Hertha BSC womöglich verpasst haben.
Es tut weh. Nicht wütend-weh, sondern leise. So ein Ziehen im Bauch, das sich einstellt, wenn man ehemalige Spieler sieht, wie sie woanders aufblühen – und man sich fragt, warum das ausgerechnet bei uns nicht geklappt hat. Als Fan wünscht man sich doch nichts mehr, als dass die Eigenen durchstarten. Dass ein Mittelstädt bei Hertha BSC zum Anführer wird. Dass ein Leweling beim 1. FC Union regelmäßig die Alte Försterei zum Kochen bringt.
Wenn sie dann Jahre später als Vize-Meister, Nationalspieler und Pokalfinalisten zurückkommen – im Trikot eines anderen Klubs –, bleibt neben aller sportlichen Anerkennung vor allem eins: ein bisschen Trauer. Nicht nur, weil man sie hat ziehen lassen. Sondern weil man spürt, dass es hier hätte passieren können. Vielleicht sogar sollen.
Jamie Leweling: Erst Union-Reservist, dann 20-Millionen-Euro-Mann
Jamie Leweling, 2022 für vier Millionen Euro von Greuther Fürth verpflichtet, brachte unter Trainer Urs Fischer all das mit, was bei Union eigentlich zählt: Tempo, Tiefgang, Gier. Doch er bekam kaum Vertrauen, war oft nur Joker. Die Folge: Leihe zum VfB Stuttgart, mit Kaufoption – ein Deal über sechs Millionen Euro, der heute wie ein Schnäppchen wirkt. Marktwert aktuell: 20 Millionen Euro.

Der Grund: Leweling spielt in Stuttgart befreit, mutig, fokussiert. Weil Trainer Sebastian Hoeneß ihm Vertrauen gibt – und weil Leweling es zurückzahlt. Mit Wucht, mit Wirkung. Und mit der Art von Fußball, die man bei Union eigentlich gesucht hat.
Maximilian Mittelstädt: Hertha ließ ihn gehen – Stuttgart macht ihn groß
Noch bemerkenswerter ist das Mittelstädt-Märchen: ein Berliner Junge. Elf Jahre bei Hertha BSC. Einer, der blieb, als andere gingen. Und dann doch wechselte – für eine halbe Million Euro, nach dem Abstieg, fast durch die Hintertür. „Ich musste viel Kritik einstecken“, erklärt er rückblickend über die wilden Jahre nach dem Einstieg von Skandal-Investor Lars Windhorst. „Die Spieler aus der eigenen Jugend wurden ein bisschen vernachlässigt. Es tut weh, gerade bei dem Verein, wo du groß geworden bist.“

Bei Hertha waren viele Fans sauer, beschimpften Mittelstädt, der sich durch und durch als Herthaner fühlt, als Verräter. Sportlich wird der Abgang dagegen als nicht dramatisch eingestuft. Der blau-weiße Tenor: Mittelstädt war ja nicht mal Stammspieler in der Abstiegssaison.
Leweling und Mittelstädt: Zwei 20-Millionen-Fehler
Was dann passierte, klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Stammspieler beim VfB und Vize-Meister im ersten Jahr. Aufstieg zum Nationalspieler, Teilnahme an der Heim-EM. Jetzt der Einzug mit dem VfB ins Pokalfinale am 24. Mai. Keine Frage: Mittelstädt erlebt in Stuttgart, wovon alle Herthaner seit jeher träumen. Aber war das wirklich alles so absehbar?
Natürlich nicht. Der Fußball ist voller Geschichten, die sich nicht planen lassen. Voller Brüche, Zufälle, Richtungswechsel. Manchmal entscheidet ein Trainer, manchmal eine Systemfrage – oder einfach nur das richtige Timing. Und doch wirkt das VfB-Duo für den 1. FC Union und Hertha BSC wie zwei 20-Millionen-Euro-Fehler.





