Union-Kolumne

DFB-Urteil gegen 1. FC Union: Gab es früher weniger Weicheier?

Noch ist unklar, wie das Spiel gegen den VfL Bochum gewertet wird. In Sachen Bestrafung gab es sogar in der DDR Lösungen, ohne am Ergebnis zu rütteln.

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Bochums Torhüter Patrick Drewes war nach Aussage des Vereinsarztes nach dem Feuerzeug-Wurf eines Fans des 1. FC Union nicht mehr in der Lage, weiterzuspielen.
Bochums Torhüter Patrick Drewes war nach Aussage des Vereinsarztes nach dem Feuerzeug-Wurf eines Fans des 1. FC Union nicht mehr in der Lage, weiterzuspielen.Matthias Koch/imago

Der Aufschrei hat es in sich. Er impliziert so etwas wie Solidarität mit einem anderen Verein. Das passiert so gut wie nie im Universum Fußball-Bundesliga, wo man sich eher wie im goldenen Käfig fühlt und jeder erst einmal mit sich und seinem Fortkommen beschäftigt ist. Es kommt sogar ein vages Gefühl dafür auf, dass Grundfesten wackeln könnten. Vor allem aber dafür, dass es in diesem konkreten Fall ungerecht zugeht.

Noch immer geht es um das Urteil des DFB-Sportgerichts, das in der vorigen Woche in erster Instanz das 1:1 des 1. FC Union gegen den VfL Bochum in ein 0:2 umgewandelt, besser: gepresst und mit Bundesliga-Wiederbeginn extrem an Schärfe zugelegt hat. Hinter dem Urteil, so die Meinung nicht nur in Köpenick, steckt ein hohes Maß an Weltfremdheit. Fehlendes Verständnis und mangelnde Liebe für den Sport erst recht. Von gesundem Menschenverstand ganz abgesehen. Wie sonst hätten sich ehemalige Nationalspieler wie Oliver Kahn und Mario Basler derart weit aus dem Fenster gelehnt? Warum sollten sich Personen aus den Vorständen des 1. FC Heidenheim, des FC St. Pauli und auch des FC Augsburg, des heutigen Gegners der Eisernen im Stadion An der Alten Försterei, auf die Seite der Köpenicker schlagen? Mögen es die aus Bochum anders werten. Nur stehen sie mehr und mehr allein da.

1. FC Union: Feuerzeug-Wurf nicht tolerabel

Niemand zweifelt daran, dass der Wurf eines Feuerzeugs null Komma null tolerabel ist. Es geht vielmehr darum, was man daraus macht. Allein die Deutlichkeit der Worte lässt den Schluss zu: Da ist was faul im Staate Dänemark. Und zwar gewaltig. Da entscheiden Apparatschiks über ein Spiel, das erstens nicht (!) abgebrochen wurde, das zweitens wegen des Nicht-Angriffspakts eher den Fairplay-Gedanken nährt und das drittens den Schiedsrichter, der von Knut Kircher, dem Schiri-Obmann, dickstes Lob („Aus unserer Sicht hat er alles richtig gemacht“) erhält, als Marionette dastehen lässt.

Bochums Torhüter Patrick Drewes konnte nicht weiterspielen, nachdem er von einem Fan des 1. FC Union mit einem Feuerzeug am Kopf getroffen wurde.
Bochums Torhüter Patrick Drewes konnte nicht weiterspielen, nachdem er von einem Fan des 1. FC Union mit einem Feuerzeug am Kopf getroffen wurde.Contrast/imago

Dabei lautet die Forderung: Alle Macht den Schiedsrichtern. Zwar wird daran seit Einführung des Videoassistenten immer wieder gerüttelt, im Prinzip aber sollte die Hoheit beim Unparteiischen bleiben. Unbedingt. Selbst bei dem einen oder anderen Phantomtor, so bei Stefan Kießlings Kopfballtreffer einst für Leverkusen bei der TSG Hoffenheim, als die Kugel durch das Außennetz in den Kasten flog, ist man bei diesem Grundsatz geblieben. So wird es zur Farce, das mag verstehen, wer will.

Keine Verletzung bei Bochums Drewes nachweisbar

Neben den weltfremden DFB-Entscheidern gerät immer mehr Bochums Keeper Patrick Drewes in den Fokus. Mögen die VfL-Granden, natürlich durch die blau-weiße VfL-Brille, ihn auch verteidigen. Von Objektivität kann dabei jedoch keine Spur sein. Warum haben die Ärzte im Unfallkrankenhaus in Marzahn partout keine Verletzung diagnostizieren können? Wahrscheinlich, so die Vermutung, weil selbst mit medizinischem High-Tech-Gerät keine nachweisbar war.

Um nicht falsch verstanden zu werden: Bei Verletzungen am Kopf ist höchste Sensibilität gefragt. Wie aber wird andererseits Spielern gehuldigt, die bei einem Luftduell mit den Köpfen ungebremst zusammenrauschen, mit einem (früher sogar blutdurchtränkten) Turban weiterhin alles geben und einst wie Dieter Hoeneß sogar ein entscheidendes Tor erzielen. Da passt einiges nicht zusammen. Oder gab es damals weniger Weicheier?

Vorbild DDR: Was sich der DFB von früher abschauen könnte

Auch wehren sie sich beim VfL damit, es gäbe eine Täter-Opfer-Umkehr. Selbst sie sollten wissen, dass der Täter noch am Spieltag identifiziert und mit mehrjährigem Stadionverbot sanktioniert wurde. Daran also gibt es keinen Zweifel. Die Sache ist vielmehr die: Wie geht man mit dem Thema um? Gießt man noch mehr Öl ins Feuer?

In ein ähnliches Dilemma ist der 1. FC Union bereits einmal geschlittert. Am 25. September 1982 passierte im Oberliga-Punktspiel gegen Vorwärts Frankfurt (Oder) sogar Schlimmeres. Schon in der Anfangsphase wurde FCV-Torhüter Eckhardt Kreutzer am Kopf getroffen. Von einem Stein – Platzwunde! Trotzdem spielte er weiter, ließ sich erst kurz vor der Pause auswechseln. Am Spielstand, wie jetzt ein 1:1, wurde nicht gerüttelt. Alleinige Konsequenz: Platzsperre. Gegen Zwickau wurde in Cottbus gespielt, gegen Lok Leipzig in Dessau.

Ist es zu viel verlangt, dass der Deutsche Fußball-Bund sich vom Fußball-Verband der DDR etwas abschauen könnte? Selbst wenn es nur das eine Mal ist. ■