Union-Kolumne

Christians letzter Streich beim 1. FC Union – nur Urs Fischer fehlt!

Für Nostalgie ist noch nicht der richtige Zeitpunkt. Ginge es nach einem Drehbuch für Hollywood, sollte eine Person beim Adieu des Freiburg-Trainers aber unter keinen Umständen fehlen.

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Zwei Legenden: Freiburg-Trainer Christian Streich (58)  und Ex-Union-Coach Urs Fischer (58).
Zwei Legenden: Freiburg-Trainer Christian Streich (58) und Ex-Union-Coach Urs Fischer (58).Bernd König/imago

Otto Rehhagel blieb das Vergnügen versagt, als Trainer eines Bundesligateams beruflich zu einem Pflichtspiel nach Köpenick zu kommen. Thomas Schaaf hatte es, auch wenn es am 2. August 2009 nicht um Punkte ging, sondern um den Einzug in die 2. Runde des DFB-Pokals, der Werder Bremen gegen die damals von Uwe Neuhaus betreuten Eisernen mit 5:0 gelang. Das ist insofern interessant, weil Rehhagel und Schaaf diejenigen Trainer sind, die es am Stück am längsten bei einem deutschen Erstligisten im Amt gehalten hat.

Sie, die dieses Kunststück jeweils bei Werder, dem Gegner des 1. FC Union vom vergangenen Sonnabend, geschafft haben, bleiben mindestens ein weiteres Jahrzehnt die Nummern 1 und 2 der Dauerbrenner. Denn derjenige, der sie hätte vom Thron stürzen können, hat Montag seinen Abschied zum Saisonende und damit seinen Verzicht auf die mögliche Wachablösung erklärt: Christian Streich.

Freiburgs Christian Streich feiert Abschied beim 1. FC Union

Viele hätten ihm weitere Jahre zugetraut und auch gegönnt. Dafür hätte der Coach des SC Freiburg, seit Anfang Januar 2012 im Amt, noch drei Spielzeiten machen müssen. Das wollte sich der 58-Jährige dann doch nicht mehr ans Revers heften. Auch wird er die 400-Spiele-Marke knapp nicht knacken. Da in dieser Saison noch acht Partien ausstehen, wird Streich bei 387 Erstligaeinsätzen an der Seitenlinie aufhören. Genug ist schließlich genug.

Alles, was ab Ostern kommt, ist somit die Abschiedstournee des derzeit kultigsten Trainers in der Fußball-Bundesliga. Wann sie endet, steht damit fest: am 18. Mai zwischen 17.20 Uhr und 17.30 Uhr. Wo sie endet, auch: im Stadion An der Alten Försterei.

Christian Streich macht Schluss: Alte Försterei erlebt das Ende eines Dinos

Nach einem Abschied in heimischer Umgebung ist das für Streich die wahrscheinlich zweitbeste Wahl. Ob der Ort für seine Entscheidung eine Rolle gespielt hat … Als Freak des 1. FC Union darf man sich das zumindest einbilden. Schließlich gelten Eisern-Anhänger wie die der Breisgau-Brasilianer inmitten immer stärker werdender Kommerzialisierung als Romantiker ihres Sports. Das passt. Auf jeden Fall erlebt die Alte Försterei das Ende eines Dinos.

Prägten beim 1. FC Union und SC Freiburg eine Ära und verstanden sich prächtig: Urs Fischer und Christian Streich (r.).
Prägten beim 1. FC Union und SC Freiburg eine Ära und verstanden sich prächtig: Urs Fischer und Christian Streich (r.).Sportfoto Rudel/imago

Diese Konstellation, der SC Freiburg mit Trainer Christian Streich zum letzten Saisonspiel an der Wuhle, gab es schon einmal. Acht Jahre liegt sie zurück und spielte am 15. Mai 2016 in der 2. Bundesliga.

Die Freiburger kamen als Aufsteiger in den Berliner Südosten. Zweitliga-Erster waren sie geworden, mit einer Niederlage aber wollten sie sich nicht verabschieden. Es passierte aber doch. Wohl auch weil Streich angesichts des längst sicheren Aufstiegs auf Alexander Schwolow als seine Nummer 1 im Tor verzichtete, stand am Ende ein 2:1 für die Eisernen von Trainer André Hofschneider. Adrian Nikci nach Vorbereitung von Felix Kroos und Christopher Quiring nach Vorarbeit von Steven Skrzybski hatten für die Union-Tore gesorgt.

Streich Abschied beim 1. FC Union: Nur Urs Fischer fehlt

Für Nostalgie ist noch nicht der richtige Zeitpunkt. Ginge es allerdings nach einem Drehbuch für Hollywood, sollte eine Person bei Streichs Adieu von der Bundesliga unter keinen Umständen fehlen: Urs Fischer.

Vom Typ her ähnlich, auch wenn Unions Ex-Trainer längst nicht derart lospoltern konnte wie sein einstiger Kollege, sind die Gemeinsamkeiten nahezu augenscheinlich. Beide sind Menschenfänger, aber solche vom alten Schlag. Beide predigen neben sportlichen vor allem auch menschliche Werte. Beide fordern nicht nur Respekt, sie leben ihn auch vor. Beide wollen den Triumph für das eigene Team, überqueren dabei aber nie die Grenzen des Fairplay.

Urs Fischer und Christian Streich prägen 1. FC Union und Freiburg

Der größte Unterschied vielleicht: Das Schwyzerdütsch von Fischer ist für norddeutsche Ohren flüssiger zu verstehen als das Alemannische, um ganz genau zu sein Oberrheinalemannische, das Streich zu Popularität verholfen hat.

Als Fischer in Köpenick noch im Amt war, war die Partie zwischen dem 1. FC Union und dem SC Freiburg jene mit den dienstältesten Trainern. Was nach diesen Haudegen und besonders nach Streich folgt, braucht noch lange, um in eine ähnliche Dimension vorzudringen. Frank Schmidt, im 17. Jahr Coach des 1. FC Heidenheim und damit länger als die Rekordhalter in der Bundesliga, käme dafür in Frage. Nur ist er im Oberhaus gerade erst angekommen. An seiner Geschichte sollte man trotzdem dranbleiben.