Eisernes Risiko

Abwehr-Alarm beim 1. FC Union: Steffen Baumgart spielt mit dem Feuer!

Der Nachfolger von Bo Svensson ändert das System und rüttelt an der Hierarchie, obwohl kaum Zeit bleibt, um Neues einzustudieren.

Author - Sebastian Schmitt
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Steffen Baumgart (53), Cheftrainer des 1. FC Union, coachte seine Mannschaft in Heidenheim wie immer mit vollem Einsatz.
Steffen Baumgart (53), Cheftrainer des 1. FC Union, coachte seine Mannschaft in Heidenheim wie immer mit vollem Einsatz.Matthias Koch/imago

Seine Premiere hatte er sich ganz anders vorgestellt. Ex-Stürmer Steffen Baumgart (53) erlebt 20,5 Jahre nach seinem Abschied vom 1. FC Union bei seinem ersten Spiel als Cheftrainer der Eisernen ein Debüt zum Vergessen: Beim 0:2 (0:1) in Heidenheim mischen sich Pech, Abstimmungsprobleme und die Konsequenzen eines mutigen Plans – einer Wette, die verdammt riskant sein könnte.

Für Baumgart, den ewigen Optimisten, ist das Glas meistens halb voll. Und tatsächlich: In der Anfangsphase deutete sich ein frischer Wind an. Union wirkte wacher, strukturierter und gerade offensiv zeigten die Eisernen mehr Tempo und Zielstrebigkeit als in den 15 Spielen zuvor. Doch dann schlug die andere Seite von Baumgarts neuem Ansatz zu – schmerzlich und unübersehbar.

„Das kann bei einer neuen Abwehrkette passieren“, kommentierte Union-Manager Horst Heldt (55) nach dem Spiel die defensive Instabilität, die sich schon beim frühen 0:1 offenbarte. Die Viererkette, die Baumgart nur eine Woche im Training einstudieren konnte, zeigte Abstimmungsprobleme und ließ oft zu viel Raum zwischen den Spielern.

Kaum Zeit: Steffen Baumgart geht beim 1. FC Union ins Risiko

Bittere Konsequenz: Der Platzverweis gegen Tom Rothe (20) in der 37. Minute. Der junge Linksverteidiger musste Heidenheims Stürmer Conteh mit einer Notbremse stoppen, weil die Abwehr wieder einmal nicht sortiert genug stand.

Augen zu und Rot: Tom Rothe kann Heidenheim-Stürmer Conteh nur mit einer Notbremse stoppen, weil der 1. FC Union in der Abwehr nicht sortiert genug steht.
Augen zu und Rot: Tom Rothe kann Heidenheim-Stürmer Conteh nur mit einer Notbremse stoppen, weil der 1. FC Union in der Abwehr nicht sortiert genug steht.Matthias Koch/imago

Zwar zeigte sich bereits unter Baumgarts Vorgänger Bo Svensson (45), dass die Defensive – im Dreierverbund lange Zeit eine der besten der Liga – immer anfälliger wurde. Baumgarts Systemwechsel mag nötig sein, um der so harmlosen Offensive mehr Schwung zu verleihen. Gleichzeitig geht er damit viel Risiko – vor allem, wenn man wichtige Duelle gegen direkte Kellerkonkurrenten vor der Brust hat.

1. FC Union: Baumgart rüttelt an der Hierarchie

Dazu kommt: Mit Baumgarts Umstellung landete der bisherige Abwehrchef Kevin Vogt (33) auf der Bank. Eine für die Hierarchie in der Mannschaft knifflige Entscheidung. Der im Januar aus Hoffenheim nach Köpenick gewechselte Verteidiger galt als zentraler Anker in der Defensive und war für den 1. FC Union bisher ein absoluter Führungsspieler. Vogt hat das perfekte Stellungsspiel und das nötige Auge sowie Timing für eine Dreierkette. Geschwindigkeit, die in der Viererkette noch wichtiger ist, fehlt ihm dagegen.

Klar ist: Ein richtiges Urteil über Baumgarts neue Handschrift lässt sich wegen des frühen Platzverweises und nach so kurzer Zeit noch nicht ziehen.

1. FC Union braucht gegen Augsburg nicht nur Mut …

Trotz allem gab es für Union in Heidenheim auch positive Ansätze. Selbst in Unterzahl war zu erkennen, dass Baumgarts offensive Philosophie erste Früchte trägt. Im Spiel nach vorne ging es zügiger und klarer zu als in den Wochen zuvor. Auch Kapitän Christopher Trimmel (37) sieht Fortschritte: „Ich fahre nicht mit einem ganz schlechten Gefühl nach Hause. Das Schöne an einer englischen Woche ist, dass wir schon am Mittwoch wichtige Punkte holen können.“

Dann gastiert der FC Augsburg im Stadion An der Alten Försterei (20.30 Uhr). Das Spiel wird zeigen, ob Baumgarts mutiger Plan fruchtet – oder ob der Neuanfang in Köpenick doch eher einer Zerreißprobe gleicht. Sicher ist derzeit nur: Es ist ein Spiel mit dem Feuer. Und gegen Augsburg braucht Union nicht nur Mut, sondern vor allem dringend einen Sieg. ■